Wissenschaftlicher Leiter Christian Rapp auf Vortragsreise im Land der aufgehenden Sonne
Kobe/Tokio/St. Pölten (museumnoe) - Auf Einladung einer Kulturinitiative zur Erinnerung an den Ersten
Weltkrieg und des Kulturforums der österreichischen Botschaft in Tokio referierte Christian Rapp, wissenschaftlicher
Leiter vom Haus der Geschichte im Museum Niederösterreich, in der letzten Woche in Tokio und auf der Universität
von Kobe über den Ersten Weltkrieg sowie die Gedenkjahre 1918, 1938 und 1968. Er stellte dabei das neue Geschichtsmuseum
in St. Pölten vor. Auf dem Programm stand auch ein Treffen mit dem Direktor des Nationalen Museums für
japanische Geschichte Hiroshi Kurushima in Sakura. Ziel des Besuchs waren Gespräche über die Darstellung
von Geschichte in Museen sowie über mögliche Kooperationen für Ausstellungen. Ein Gegenbesuch in
St. Pölten ist für den Herbst dieses Jahres geplant.
"In der kritischen Auseinandersetzung mit den heiklen Themen der jüngeren Geschichte ist Japan gespalten",
erklärt Christian Rapp. "In den Universitäten wird darüber geforscht und publiziert, eine selbstkritische
öffentliche Erinnerungskultur ist dagegen kaum entwickelt. In Museen ist die Darstellung der Zeit der sogenannten
‚japanischen Expansion' zur Zeit des Zweiten Weltkriegs nicht selten politischem Druck ausgesetzt." Das bestätigt
auch die Leiterin der Initiative "Museum über den Ersten Weltkrieg e.V.", die japanische Kulturwissenschaftlerin
Eiko Funada. Ein reales Museum oder eine Ausstellung zu diesem Krieg existiert in Japan nicht. "Der Erste
Weltkrieg ist völlig aus dem kollektiven Gedächtnis in Japan verschwunden. Dabei wäre es so wichtig,
an ihn zu erinnern und vor allem daran, wie er im Jahre 1914 ausgebrochen ist. Denn Politik und Gesellschaft waren
damals auf einen solchen Krieg ausgerichtet. Bis heute wirkt dieser Konflikt nach, wenn man sich etwa die Situation
im Nahen Osten anschaut", so Funada.
Funada war von der Aufarbeitung des Ersten Weltkriegs in der Ausstellung
"Jubel & Elend: Leben mit dem Großen Krieg 1914-1918" auf der Schallaburg im Jahr 2014
so angetan, dass sie am liebsten das Projekt nach Japan übernommen hätte. Weil das zu aufwändig
und wenig nachhaltig gewesen wäre, entschloss sie sich, gemeinsam mit internationalen Spezialistinnen und
Spezialisten eine Initiative zu gründen, um Teile der Ausstellung virtuell zu übernehmen und themenbezogene
Veranstaltungen zu organisieren.
"Unser Ziel bei ,Jubel & Elend' war es, die Menschen von 1914 als unsere Zeitgenossen zu präsentieren.
Das ist offensichtlich aufgegangen", zeigt sich der damalige Kurator der Ausstellung, Christian Rapp, stolz
auf das Ausstellungsprojekt und ergänzt: "Das ist derselbe Ansatz, den wir auch im Haus der Geschichte
im Museum Niederösterreich verfolgen, Geschichte in die Gegenwart zu holen."
Das Haus der Geschichte im Museum Niederösterreich ist mit über 2.000 Objekten auf rund 3.000 Quadratmetern
das erste Haus der Geschichte in Österreich. Die Institution versteht sich mit zahlreichen Veranstaltungen
wie dem Zeitzeugen-Forum "Erzählte Geschichte" als Ort der Begegnung zwischen Wissenschaft und Öffentlichkeit.
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