Kneissl: Scheitern des Iran-Atomabkommens
 in niemandes Interesse

 

erstellt am
11. 05. 18
13:00 MEZ

US-Ausstieg im Zentrum einer Aussprache des Außenpolitischen Ausschusses
Wien (pk) - Außenministerin Karin Kneissl zeigt sich bestürzt über den Ausstieg der USA aus dem Atomabkommen mit dem Iran. In einer Aktuellen Aussprache mit den Abgeordneten des Außenpolitischen Ausschusses warnte sie am 9. Mai, ein Scheitern des Vertrags sei in niemandes Interesse und könnte zu einer neuerlichen Verschärfung der ohnehin schon angespannten Lage im Nahen Osten und auf der arabischen Halbinsel führen. Ausdrücklich unterstützte Kneissl die Ankündigung von EU-Außenbeauftragter Federica Mogherini und der europäischen Unterzeichnerstaaten Frankreich, Deutschland und Großbritannien, an dem Abkommen festzuhalten.

Weitere Themen waren die Schwerpunktsetzungen für den kommenden EU-Vorsitz, wo die Außenministerin einmal mehr für eine Heranführung der Staaten Südosteuropas an die Europäische Union plädierte. Was Russland betrifft, hielt sie fest, die Sanktionen hinderten Österreich nicht, bilaterale Kontakte mit Moskau zu pflegen. Im Zusammenhang mit dem Brexit schließlich will die Bundesregierung, so Kneissl, den rund 25.000 betroffenen ÖsterreicherInnen die Möglichkeit einer Doppelstaatsbürgerschaft anbieten.

Außenministerin befürchtet weitreichende negative Auswirkungen des US-Ausstiegs aus Iran-Abkommen
Die Ankündigung von US-Präsident Trump, aus dem Atomvertrag mit Teheran auszusteigen, sei eine "erschütternde" Nachricht gewesen, stellte Karin Kneissl fest und gab damit auch die unter den Abgeordneten vorherrschende Stimmung wieder. Einer Meinung mit dem außenpolitischen Sprecher der SPÖ, Andreas Schieder, zeigte sie sich in der Einschätzung, dass dadurch im Iran die moderateren Kräfte geschwächt und radikale Strömungen gestärkt würden.

Darüber hinaus bestehe die Gefahr neuer Spannungen im Nahen Osten, vor allem im Verhältnis zwischen dem Iran und Israel, was auch NEOS-Angeordnete Irmgard Griss befürchtete. Insgesamt rechnet Kneissl mit einer verstärkten Unsicherheit auch auf der arabischen Halbinsel, wobei sie auch auf den Konflikt zwischen Schiiten und Sunniten aufmerksam machte. Der Ausstieg aus den Abkommen werde zudem aber auch ganz allgemein das Vertrauen in internationale Abkommen nachhaltig verletzen, was sich wiederum als problematisch im Zusammenhang mit dem geplanten Abrüstungsvertrag zwischen den USA und Nordkorea erweisen könnte, gab Kneissl zu bedenken.

Bezüglich der Auswirkungen auf die Wirtschaft denkt die Außenministerin daran, im Ressort eine Auskunftsstelle für Firmenanfragen einzurichten. Konkrete Ratschläge sollen dabei aber nicht erteilt werden, gehe es doch um autonome unternehmerische Entscheidungen, stellte Kneissl klar.

Heranführung der Länder Südosteuropas an EU im Fokus der österreichischen Ratspräsidentschaft
Was den bevorstehenden EU-Vorsitz Österreichs betrifft, wird die Heranführung der Staaten Südosteuropas an die Union einer der Schwerpunkte Österreichs sein. Kneissl wies in diesem Zusammenhang auf die große Bedeutung dieser Region für Österreich hin und erinnerte vor allem auch an die Präsenz zahlreicher österreichischer Firmen vor Ort. Sie warnte überdies vor dem Entstehen eines politischen Vakuums im Fall des Ausbleibens einer europäischen Perspektive. Im Rahmen der Ratspräsidentschaft will die Ministerin den Fokus zudem auf das Thema Migration legen, wobei es hier auch darum geht, in den Herkunftsstaaten Perspektiven für die Bevölkerung zu schaffen. Priorität soll ferner auch den Beziehungen Europas zu Asien und zum pazifischen Raum zukommen.

Kneissl hebt Chinas Stellung als weltpolitischer Akteur hervor
Als großen Erfolg wertet Kneissl den Staatsbesuch in China, den auch FPÖ-Abgeordneter Roman Haider ansprach. Sie sei beeindruckt gewesen von der Bereitschaft Pekings, die Beziehungen mit einem kleinen Land wie Österreich zu vertiefen. Kneissl sieht China nicht nur als Investor, sondern vor allem auch als weltpolitischen Akteur. Mit Nachdruck betonte sie, dass die österreichische Seite bei den zahlreichen Gesprächen auch klar Stellung für die Bürgerrechte bezogen habe.

Außenministerin will trotz Sanktionen bilaterale Beziehungen mit Russland pflegen
Bezüglich des Verhältnisses zu Russland stellte die Außenministerin klar, dass Österreich durch die Sanktionen nicht gehindert werde, intensive bilaterale Kontakte zu pflegen, wie dies etwa die jüngste Eröffnung eines Österreich-Instituts in Moskau zeige. Den Giftanschlag auf den Agenten Skripal in Salisbury verurteilte sie ausdrücklich und trat für absolute Aufklärung ein. Dass Österreich nicht wie andere Staaten russische Diplomaten ausgewiesen hat, begründete Kneissl mit dem Argument, als Sitz von vier internationalen Organisationen habe man kein Interesse an einer Schließung der diesbezüglichen Dialogkanäle.

Doppelstaatsbürgerschaft für vom Brexit betroffene ÖsterreichreInnen
Beim Brexit, der von ÖVP-Mandatar Martin Engelbert zur Sprache gebracht wurde, hält die Ministerin einen Abschluss bis Mitte Oktober dieses Jahres für möglich. Österreich arbeite jedenfalls an einer zukunftsorientierten Partnerschaft mit Großbritannien auch nach einem Austritt Londons aus der EU, versicherte sie. Für die rund 25.000 vom Brexit betroffenen österreichischen StaatsbürgerInnen ist, so Kneissl, die Möglichkeit einer Doppelstaatsbürgerschaft vorgesehen, um allfällige negative Folgen zu verhindern.

Weitere Themen: Klimavertrag, EZA, Europapolitik
Im weiteren Verlauf der Aussprache mahnte NEOS-Abgeordnete Irmgard Griss mehr europäische Solidarität ein und gab in diesem Zusammenhang zu bedenken, die Bundesregierung vermittle zusehends EU-kritische Stimmung und schwäche damit ihre Position in Brüssel. Martha Bißmann (PILZ) zeigte sich besorgt über den Ausstieg der USA aus dem Pariser Klimavertrag und appellierte an die Regierung, sich wieder geschlossen hinter den Vertrag zu stellen. SPÖ-Abgeordnete Petra Bayr schließlich rief zu einem stärkeren Engagement Österreichs in der Entwicklungszusammenarbeit auf.

 

 

 

Allgemeine Informationen:
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