Ministerpräsident Peter Pellegrini trifft
 Bundespräsident Alexander Van der Bellen

 

erstellt am
08. 05. 18
13:00 MEZ

Gleichstellung bei Familienbeihilfe gefordert - Alexander Van der Bellen hatte bereits beim Vorgänger Kiska vor "europarechtlichen Schwierigkeiten" im Zusammenhang mit der Indexierung der Familienbeihilfe gewarnt
Bratislava/Wien (apa/prk) - Der neue slowakische Ministerpräsident Peter Pellegrini hat am 7. Mai einen Antrittsbesuch in Österreich begonnen. Am Vormittag wurde er von Bundespräsident Alexander Van der Bellen empfangen. Themen der Gespräche waren die innenpolitische Situation in der Slowakei, die bilateralen Beziehungen und die am 1. Juli beginnenden Vorsitze Österreichs in der EU sowie der Slowakei in der Visegrad-Gruppe.

Peter Pellegrini sprach dabei auch die kürzlich von der schwarz-blauen Bundesregierung beschlossene Indexierung der Familienbeihilfe an. Er forderte nach Angaben der Präsidentschaftskanzlei eine Gleichstellung mit Österreichern und erklärte, dass die slowakischen Pflegerinnen und Pfleger bei Umsetzung der Maßnahme wieder in die Slowakei zurückkehren könnten. Laut Alexander Van der Bellen arbeiten tausende slowakische Krankenschwestern und Pflegerinnen in Österreich.

Alexander Van der Bellen hatte im Februar beim Besuch slowakischen Amtskollegen Andrej Kiska vor "europarechtlichen Schwierigkeiten" im Zusammenhang mit der Indexierung der Familienbeihilfe gewarnt. Für ihn stünden die "europarechtliche Bedenken außer Frage", sagte der Bundespräsident unter Verweis auf die Urteile des Europäischen Gerichtshofs oder ein entsprechendes Gutachten des Deutschen Bundestags. Die Bundesregierung hält ihr Vorgehen für europarechtskonform und meint, dass die jetzige Regelung eine Schlechterstellung von Kindern in Österreich gegenüber jenen in Ländern mit niedrigerem Preisniveau bedeute.

Unterschiedliche Positionen nehmen Österreich und die Slowakei auch in Bezug auf die Atomkraft ein. Die Slowakei betreibt mit Bohunice und Mochovce zwei Atomkraftwerke, um deren Abschaltung sich Österreich schon seit Jahren erfolglos bemüht.

Bei den Terminen am Montag informierte Peter Pellegrini seinen Gesprächspartner auch über die Prioritäten des slowakischen Visegrad-Vorsitzes ab Juli. Premierminister Pellegrini sagte zu, den Vorsitz proeuropäisch anlegen zu wollen. Der Staatengruppe gehört neben der Slowakei auch Tschechien, Ungarn und Polen an. Die vier Länder eint vor allem die kritische Haltung zur EU-Flüchtlingspolitik und den Verteilungsquoten. Hier haben sich zuletzt die Positionen zwischen Österreich und der Slowakei angenähert.

Die bilateralen Beziehung zwischen den beiden Nachbarländern sind traditionell gut und eng. Aus wirtschaftlicher Sicht gehört Österreich seit langem zu den größten Investoren in dem Euro-Land. Rund 2.000 in der Slowakei angesiedelte österreichische Firmen beschäftigen über 40.000 Menschen. Viele Firmen beklagen jedoch zunehmend einen Fachkräftemangel in der Slowakei.

Innenpolitisch steht der Sozialdemokrat Peter Pellegrini nach eineinhalb Monaten im Amt unter Druck. Ende März wurde seine neue Regierung nach dem Rücktritt des langjährigen Premiers Robert Fico ernannt, um die Situation im Land nach dem Mord am Investigativjournalisten Jan Kuciak und seiner Verlobten zu stabilisieren. Posthum veröffentlichte Enthüllungen des Aufdeckreporters über Verstrickungen Mafia-naher Unternehmer bis in höchste Ebenen des Regierungsamtes hatten die Slowakei in eine tiefe politische Krise gestürzt.

Die Kritik der bürgerlichen Opposition, der Medien und die Protest der Bürger haben aber nach dem Regierungswechsel nicht abgenommen. Oppositionspolitiker weisen auf immer mehr dubiose Geschäfte von Regierungsmitgliedern hin. Nach wenigen Wochen im Amt ist kürzlich der Innenminister in Pellegrinis neuer Regierung, Tomas Drucker, zurückgetreten. Seine Nachfolgerin, Denisa Sakova, langjähriges Parteimitglied der Smer-Sozialdemokratie, geriet wegen unklaren Immobiliengeschäften bereits ebenfalls unter Beschuss.

In der Slowakei stehen weitere Protestveranstaltungen bevor. Bürgerinitiativen sammeln Unterschriften für Neuwahlen. Die Umfragewerte der Smer sind seit dem Ausbruch der Krise um mehr als fünf Prozentpunkte auf derzeit nur noch rund 20 Prozent zurückgegangen.

Der 42-jährige Sozialdemokrat Peter Pellegrini war vor seiner Amtsübernahme Vizepremier in Ficos Regierung. Der studierte Techniker steht für eine junge Politikergeneration. Er gehört zu den populärsten Politikern der Slowakei, bei den Parlamentswahlen 2016 hatte er über 190.000 Vorzugsstimmen bekommen. Kritiker Ficos befürchten, dass Peter Pellegrini nur eine Marionette des Ex-Premiers ist, der weiterhin Smer-Chef ist.

 

 

 

Allgemeine Informationen:
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