Optimierte Hörhilfen mit Glasfasertechnik "Made in (Lower) Austria" – Karl Landsteiner
Privatuniversität Krems und Partner kommen der vollständig implantierbaren Hörhilfe immer näher
St. Pölten/Krems (prd) - Eine bahnbrechende Technik zur Übertragung von Schallsignalen wurde nun
erstmals erfolgreich für komplett implantierbare Hörhilfen getestet. Die Technologie basiert auf einer
absolut kontaktlosen Glasfasertechnik, die kleinste Bewegungen der Gehörknöchelchen erfasst und zur Stimulierung
der Hörnerven nutzt. Ein Team aus Österreich und Serbien unter Beteiligung der Karl Landsteiner Privatuniversität
für Gesundheitswissenschaften testete die neue Entwicklung nun erfolgreich. Dabei gewann es wichtige Erkenntnisse
für die zukünftige Anwendung beim Menschen. Veröffentlicht wurden die Ergebnisse im internationalen
Journal "Biosensors and Bioelectronics".
Hörhilfen sollte man hören - und nicht sehen. Voll implantierbare Hörgeräte, die chirurgisch
im Ohr eingesetzt werden, können genau das bieten. Ihre Schwachstelle sind aber die Mikrofone, die den Schall
empfangen und auf komplexe Weise in Impulse für die Hörnerven umwandeln. Sie müssen über lange
Jahre fehlerfrei innerhalb des menschlichen Körpers funktionieren. Beim heutigen Stand der Technik tun sie
das noch nicht in einem zufriedenstellenden Ausmaß und neue Lösungen werden dringend gesucht. Eine Lösung
könnte in der Verwendung einer Glasfasermesstechnik liegen, die Schwingungen der Gehörknöchelchen
erfasst. Ein österreichisches Team unter maßgeblicher Beteiligung der Karl Landsteiner Privatuniversität
Krems (KL Krems) und serbischer Kolleginnen und Kollegen hat diese Technik nun erstmals unter realitätsnahen
Bedingungen getestet.
Hörbarer Fortschritt
Zum Hintergrund der Entwicklung meint Prof. Georg Mathias Sprinzl, Leiter der Klinischen Abteilung für Hals-Nasen-Ohren
am Universitätsklinikum St. Pölten, das zur KL Krems gehört: "Selbst moderne Hörhilfen
kommen oft nicht ohne Teile aus, die außerhalb des Ohres liegen. Damit gehen viele Nachteile für die
Betroffenen einher: Die Sichtbarkeit des Gerätes kann zu einer Stigmatisierung führen, Teile des Ohres
entzünden sich häufig und Verzerrungen der Wiedergabe der eigenen Stimme treten auf. Voll implantierbare
Hörhilfen können diese Nachteile vermeiden - sind aber technisch noch zu optimieren. Genau daran arbeiten
wir."
Einen ganz bedeutenden Fortschritt bietet eine kontaktlose Glasfasermesstechnik zur Erfassung des Schalls, die
es erlauben würde, auch das Mikrofon ins Ohr hinein zu verlegen. Diese Technik basiert auf der so genannten
Nieder-Kohärenz-Interferometrie, einer Methode, die sich überlagernde Schallwellen erfasst. Das Team
nutzte diese Technik nun zur optischen Messung von Bewegungen der Gehörknöchelchen im Nanometerbereich.
Dazu Prof. Sprinzl: "Der Vorteil, den Schall an den Gehörknöchelchen abzutasten ist enorm. Denn
damit bleibt die natürliche Schallverstärkung durch das Außenohr und durch das Trommelfell voll
erhalten. Technisch minimieren sich dazu noch Signalverzerrungen und Rückkopplungsrauschen."
O(h)rdentlichere Vorbereitung
Doch vor dem Einsatz des Systems im menschlichen Ohr arbeiteten Prof. Sprinzl und seine Kolleginnen und Kollegen
nun erstmal an der Optimierung ganz grundsätzlicher Anforderungen. So musste z. B. die eigentliche Operationstechnik
- also die Implantation - erarbeitet und auch die "Zielausrichtung" des zum Abtasten dienenden Lasers
entwickelt werden. Prof. Sprinzl, der pro Jahr über 1.000 Implantationen verschiedener Hörhilfen durchführt,
betont dabei: "Natürlich haben wir diese Entwicklungsarbeit nicht am Menschen gemacht. Zum Einsatz kamen
dazu künstliche und Tiermodelle, die es uns erlaubten die Qualität der Vibrationsabtastung der Gehörknöchelchen
optimal zu erfassen."
Die Ergebnisse der Arbeit, die nun veröffentlich wurden, bestätigen den technischen Ansatz und dessen
prinzipielle Einsetzbarkeit über lange Zeit im Inneren des Ohres. Schon im Rahmen dieser ersten Tests konnte
das Team beispielweise zeigen, dass der für die Vibrationserfassung kritische Laserstrahl über fünf
Monate akkurat auf das ausgewählte Gehörknöchelchen ausgerichtet blieb. Auch konnte gemessen werden,
dass das System es erlaubt, den wiederzugebenden Schall von Hintergrundgeräuschen zu trennen, obwohl für
diese Trennung auch zukünftig noch Optimierungen notwendig sein werden. Auch die Miniaturisierung des Systems,
sowie sein Stromverbrauch sind Aspekte, denen sich das Team der ACMIT GmbH, der Medizinischen Universität
Wien, der Universität Belgrad, der KL Krems und von HNO-Fachärzten zukünftig widmen wird.
Im Team dieses Projektes arbeiteten Chirurginnen und Chirurgen Seite an Seite mit Ingenieurinnen und Ingenieuren
sowie Softwareentwicklerinnen und -entwicklern. Die Beteiligung der KL Krems an diesem zukunftsträchtigen
Innovationsprojekt, das von der NÖ Forschungs- und Bildungsges.m.b.H. unterstützt wurde, unterstreicht
damit einmal mehr deren Fokus auf Nischenfelder in gesundheitspolitisch relevanten Brückendisziplinen.
Über die Karl Landsteiner Privatuniversität Krems
Die Karl Landsteiner Privatuniversität für Gesundheitswissenschaften (KL) ist Wegbereiterin und Katalysatorin
für zukunftsorientierte, gesellschaftlich relevante Lehr- und Forschungsbereiche in der Medizin und den Gesundheitswissenschaften.
In diesem Sinne fokussiert sie auf ein fächerübergreifendes, international ausgerichtetes Studienprogramm,
das eine sinnvolle Ergänzung zum klassischen Ausbildungsangebot der öffentlichen Universitäten darstellt.
Mit ihrem europaweit anerkannten Bachelor-Master-System stellt die KL eine flexible Bildungseinrichtung dar, die
auf die Bedürfnisse der Studierenden und Anforderungen des Arbeitsmarkts abgestimmt ist. In der Forschung
konzentriert sich die KL gezielt auf Nischenfelder in gesundheitspolitisch relevanten Brückendisziplinen wie
der Medizintechnik, der Psychodynamik und Psychologie sowie dem Thema Wasserqualität und den damit verbundenen
gesundheitlichen Aspekten. Die KL wurde 2013 gegründet und von der Österreichischen Agentur für
Qualitätssicherung und Akkreditierung (AQ Austria) akkreditiert.
Originalpublikation
In-vitro and in-vivo measurement of the animal's middle ear acoustical
response by partially implantable fiber-optic sensing system. Z. Djinovi?, R. Pavelka, M. Tomi?, G. Sprinzl, H.
Plenk, U. Losert, H. Bergmeister, R. Plasenzotti. Biosens Bioelectron. 2018 Apr 30;103:176-181. doi: 10.1016/j.bios.2017.12.015.
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/29273266
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