EU-Westbalkan-Gipfel in Sofia – Bilaterale Gespräche zum Westbalkan, Vorbereitung des
EU-Ratsvorsitzes und weltpolitische Themen
Sofia/Wien (bka) - Anlässlich des EU-Westbalkan-Gipfels in Sofia bezeichnete Bundeskanzler Sebastian
Kurz am 17. Mai das Treffen für alle Länder des Westbalkans als einen wichtigen symbolischen Akt der
Annäherung. Die EU hätte diesen Staaten nämlich "eine Zeit lang zu wenig Perspektive"
geboten, der europäische Aspekt müsse künftig verstärkt werden. Kurz zeigte sich insbesondere
über die Annäherung Serbiens und Montenegros an die EU "sehr optimistisch".
Bereits im Vorfeld des Gipfels war der Bundeskanzler unter anderem mit dem serbischen Präsidenten Vucic zusammengetroffen,
um die EU-Beitrittsperspektive Serbiens zu erläutern. Serbien habe ebenso wie Montenegro zuletzt wichtige
Fortschritte in den Beitrittsverhandlungen erzielt, die EU-Kommission hatte zuletzt einen EU-Beitritt bis 2025
in Aussicht gestellt. "Der Westbalkan ist in unserer unmittelbaren Nachbarschaft, wir haben ein ureigenes
Interesse an Stabilität in der Region. Alle Westbalkan-Staaten haben eine EU-Perspektive, wenn sie Reformen
entschlossen umsetzen", so der Bundeskanzler.
Bundeskanzler Kurz und Serbiens Präsident Vucic ©BKA/Dragan Tatic
Unterstützung des Westbalkans wichtige Priorität während Österreichs EU-Ratsvorsitz
Der Gipfel sei ein klares Zeichen der Ermutigung für die Staaten des Westbalkans. "Die Unterstützung
des Westbalkans wird während unseres Ratsvorsitzes eine wichtige Priorität sein", so Sebastian Kurz.
Konkret befürwortet wird die Aufnahme von Beitrittsgesprächen mit Mazedonien und Albanien. Bundeskanzler
Kurz hofft auf eine baldige Lösung des Namensstreits zwischen Griechenland und Mazedonien, hierzu fanden bereits
einige Gesprächsrunden im Außenministerium statt.
Bereits vor dem EU-Westbalkan-Gipfel berieten die EU-Staats- und Regierungschefs über aktuelle politische
Themen wie die Aufkündigung des Iran-Atomabkommens durch die USA, sowie die angedrohten US-Strafzölle
auf Stahl und Aluminium aus der EU. Auch die Gewalt im Gazastreifen nach der Verlegung der US-Botschaft nach Jerusalem
war Inhalt der Gespräche.
"EU steht zu Iran-Atomabkommen"
Hinsichtlich des Iran-Abkommens meinte der Bundeskanzler, dass die EU einige Wochen Zeit habe, um dieses zu retten.
Die Europäische Union "zieht an einem Strang und steht zu diesem Abkommen". Österreich habe
kein Interesse an einem iranischen Nuklearprogramm und lehne als Exportnation auch die Errichtung neuen Handelsbarrieren
ab.
Schon im Vorfeld des Treffens hatte sich Bundeskanzler Sebastian Kurz für die Einhaltung des Iran-Atomabkommens
ausgesprochen: "Das Wiener Iran-Abkommen funktioniert und ist positiv. Wir haben daher ein Interesse daran,
das Abkommen zu erhalten, denn es gibt strenge Kontrollen durch IAEO-Inspekteure und die Region wurde stabilisiert.
Die Aufkündigung würde das Gegenteil bewirken. Solange sich der Iran an das Abkommen hält, wird
auch die EU daran festhalten". Durch die einseitige Aufkündigung der USA und den drohenden Sanktionen
gegen europäische Unternehmen, die im Iran tätig sind, seien auch die Wirtschaftsinteressen österreichischer
Unternehmen gefährdet, so Bundeskanzler Kurz. Die Exporte in den Iran legten seit dem Vertragsabschluss im
Jahr 2015 um 22 Prozent zu, rund 500 heimische Unternehmen sind im Iran tätig.
Drohende Strafzölle EU-USA: "Österreich hat ein massives Interesse an einem fairen Freihandel"
Zu den aktuellen Verhandlungen zwischen den USA und der EU über mögliche US-Strafzölle auf Stahl
und Aluminium unterstrich Bundeskanzler Kurz die hohe Bedeutung des Außenhandels für die Exportnation
Österreich: "Österreich hat ein massives Interesse an einem fairen Freihandel, jeder zweite Arbeitsplatz
hängt am Export. Die USA sind der zweitgrößte Exportmarkt Österreichs nach Deutschland. Vor
allem wenn US-Maßnahmen gegen die deutsche Autoindustrie gerichtet sein sollten, würde dies auch die
österreichische Autozuliefererindustrie massiv betreffen. Unser Ziel muss daher sein, einen Handelskrieg um
jeden Preis zu verhindern, bei dem beide Seiten verlieren und österreichische Arbeitsplätze gefährdet
würden. Daher müssen wir die Zeit bis zum Ablauf der Ausnahme der EU von den US-Strafzöllen bis
1. Juni intensiv für weitere Verhandlungen nutzen". Dennoch müsse man auch für den Fall von
Strafzöllen gerüstet sein, so Bundeskanzler Kurz: "Als letztes Mittel bereiten wir aber auch Gegenmaßnahmen
sowie WTO-Streitbeilegungsmaßnahmen vor. Aber ich hoffe nicht, dass es dazu kommt."
Besteuerung von Internetgiganten führt zu mehr Wettbewerbsfähigkeit
Weitere Themen des Treffens sind die Besteuerung von Internetgiganten sowie die Vollendung des digitalen Binnenmarktes.
Diese Schwerpunkte werde Österreich während des EU-Ratsvorsitzes auf europäischer Ebene deutlich
vorantreiben, so Bundeskanzler Kurz. "Die von der Europäischen Kommission vorgeschlagene Digitalsteuer
von 3 Prozent des Umsatzes ab einem Jahresumsatz von 750 Millionen Euro wäre ein guter Schritt hin zur Einführung
der digitalen Betriebsstätte", so Kurz. Derzeit gebe es noch Widerstand von drei EU-Mitgliedsstaaten.
Man hoffe jedoch auf ein rasches Umdenken, da die Besteuerung von Internetgiganten der EU zu deutlich mehr Wettbewerbsfähigkeit
im Digitalbereich verhelfen würde, betonte Bundeskanzler Kurz abschließend.
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