Minister will breiten Diskurs über Medienpolitik einleiten und österreichische Inhalte
gewährleisten
Wien (pk) - Mit einer an den für EU, Kunst, Kultur und Medien zuständigen Minister Gernot Blümel
gerichteten Fragestunde startete die Nationalratssitzung vom 17. Mai. Angesichts der umfassenden Agenden des Ressorts
sprachen die Abgeordneten ein breites Spektrum an Themen an, das von den Brexit-Verhandlungen bis hin zum sozialversicherungsrechtlichen
Status der Zeitungszusteller reichte. Erneut diskutiert wurde auch über den österreichischen Beitrag
zum EU-Budget, der nach Auskunft von Blümel weiterhin maximal 1% des Bruttonationaleinkommens betragen soll.
In Aussicht stellte der Minister eine neue umfassende Kunst- und Kulturstrategie, eine breite Diskussion über
die zukünftigen Schwerpunkte der Medienpolitik im Rahmen einer Enquete sowie eine Reform bei den Bundesmuseen.
Österreichischer EU-Beitrag, mehrjähriger Finanzrahmen und Schwerpunkte des Ratsvorsitzes
Die Bundesregierung habe immer gesagt, dass das österreichische EU-Budget 1% des Bruttonationaleinkommens
betragen soll. Aufgrund des erfreulichen Wirtschaftswachstums in den letzten Jahren sei es – in absoluten Zahlen
– natürlich mehr geworden. Relativ betrachtet wolle man aber an dem einen Prozent festhalten, stellte er in
Richtung Abgeordneter Claudia Gamon (NEOS) fest. Im Gegensatz zu Abgeordnetem Kai Jan Krainer (SPÖ), der von
einem höheren nationalen Beitrag ausging, wisse er auch noch nicht genau, was am Ende des Tages dann als endgültiges
Verhandlungsergebnis herauskommt. Er glaube überdies nicht, dass es notwendig sei, auf europäischer Ebene
neue Steuern zu erfinden. Nicht akzeptabel für die Regierung sei der Vorschlag der Kommission für den
mehrjährigen Finanzrahmen, der eine Erhöhung auf 1,11% vorsieht. Vor allem die Steigerung der Ausgaben
für die europäische öffentliche Verwaltung um 22% sei definitiv zu hoch.
Was den Stand der Verhandlungen mit dem Vereinigten Königreich über den Brexit betrifft, so müsse
man generell danach trachten, die Verluste für beide Seiten so gering wie möglich zu halten. Fix sei
jedenfalls, dass Großbritannien Ende März 2019 die EU verlassen wird. Über den Austrittsvertrag,
der etwa zu 75% fertig ist, wird regelmäßig im Rat für Allgemeine Angelegenheiten diskutiert, informierte
der Minister Abgeordnete Carmen Jeitler-Cincelli (ÖVP).
Minister Blümel stellte gegenüber SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder, der u.a. das gegen Polen eingeleitete
Grundrechtsverfahren ansprach, fest, dass es keinen Rabatt auf Rechtsstaatlichkeit geben darf. Österreich
unterstütze daher die Kommission in ihrem Vorgehen gemäß Artikel 7 des EU-Vertrags. Gleichzeitig
hoffe man, dass der Weg des Dialogs weiter beschritten wird. Am Montag habe EU-Kommissar Frans Timmermanns bei
der Ratssitzung berichtet, dass die Polen erste Schritte gesetzt haben; diese seien aber bei weitem nicht genug.
Falls es zu ähnlichen Problemen in Ungarn kommt, müsse natürlich dieselbe Vorgangsweise gewählt
werden.
In der Folge erläuterte Blümel abermals die Schwerpunkte des österreichischen EU-Ratsvorsitzes,
das unter dem Motto "Ein Europa, das schützt" steht. Ein wichtiges Anliegen sei dabei die Umsetzung
des Subsidiaritätsprinzips. Die Dinge sollen dort geregelt werden, wo es am sinnvollsten ist, entgegnete er
den Abgeordneten Jörg Leichtfried (SPÖ) und Peter Wurm (FPÖ), die Fragen zum Konsumentenschutz stellten.
Darunter verstehe er auch einen Bürokratieabbau, denn es brauche etwa keine gesetzliche Regelung dafür,
dass man verbrannte Pommes nicht essen soll. Mehr Europa brauche es hingegen dort, wo es sinnvoll ist, wie etwa
in Fragen des Grenzschutzes, der Migration oder der gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik.
Schließlich musste EU-Minister Blümel noch zu einer sozialpolitischen Frage Stellung nehmen. Abgeordneter
Michael Bernhard (NEOS) beklagte nämlich, dass es keine öffentlich zugänglichen Berechnungen über
die Auswirkungen der geplanten Indexierung der Familienbeihilfe auf Wanderbewegungen von Pflegekräften aus
osteuropäischen Mitgliedsstaaten nach Österreich gibt. Bei dieser Maßnahme gehe es darum, dass
Gleiches gleich und Ungleiches ungleich behandelt werden soll, erläuterte der Ressortchef. 100 € seien in
Österreich einfach mehr wert als etwa in Bulgarien. Nachdem die Familienbeihilfe dazu beitragen soll, die
Lebenshaltungskosten abzudecken, halte er eine Anpassung für legitim. Auch die Kommission selbst entlohne
ihre BeamtInnen auf Basis der realen Kosten in den jeweiligen Ländern. Berechnungen seien deshalb nicht möglich,
da es keine Aufzeichnungen darüber gibt, wie viele ausländische Pflegekräfte als GrenzgängerInnen
arbeiten.
Umfassende Kunst- und Kulturstrategie sowie interne Revision bei den Bundesmuseen
In einem zweiten Themenblock ging Blümel auf die von Abgeordneter Maria Großbauer (ÖVP) angesprochene
Kunst- und Kulturstrategie seines Ressorts ausführlich ein. Eine gute Kulturpolitik denke nicht in Jahren,
sondern in Jahrzehnten, wenn nicht gar in Jahrhunderten. Im Mittelpunkt stehen dabei Überlegungen, wie das
Gute, das schon da ist, weiterentwickelt werden könne, wie das kulturelle Erbe richtig präsentiert werden
soll und wie heimische KünstlerInnen international bekannt gemacht werden. In Bezug auf den Förderbereich
sei man gemeinsam mit den LandeskulturreferentInnen zum Schluss gekommen, dass vieles noch sichtbarer gemacht werden
muss. Angedacht wurde auch ein Modell, wonach für bestimmte Themen (z.B. Gedenkjahr) ein gemeinsamer Topf
bereit gestellt wird. Dies würde nicht nur die Vermarktung erleichtern, sondern auch zur besseren Sichtbarkeit
der einzelnen Projekte beitragen, war der Minister überzeugt.
Minister Blümel stimmte mit Abgeordnetem Walter Rosenkranz (FPÖ) überein, dass man auf dem von seinem
Vorgänger Drozda vorgelegten "Weißbuch Österreichische Bundesmuseen/Österreichische Nationalbibliothek"
aufbauen könne. Darin werden verschiedene Szenarien aufgezeigt, die man sich nun näher anschauen müsse.
Der Ressortchef war der Auffassung, dass die Ausgliederung der Bundesmuseen vor ca. 20 Jahren erfolgreich war;
er sei für keine Reverstaatlichung zu haben. Dennoch müsse der Eigentümer seine Rechte entsprechend
wahrnehmen, da es um sehr viel Steuergeld gehe. Diese Woche wurde bereits eine interne Revision in den betroffenen
Häusern gestartet. Am Schluss werde dann klar sein, welche Variante des Weißbuchs umgesetzt werden soll.
Medienenquete soll echten Diskurs über grundsätzliche Fragen einleiten
In Beantwortung einiger Fragen zur Medienpolitik betonte Gernot Blümel, dass die Unabhängigkeit in den
Redaktionen des ORF gesichert sei. Verfassungsrechtlich gewährleistet seien zudem die Objektivität und
die Unparteilichkeit der Berichterstattung, die Berücksichtigung der Meinungsvielfalt, die Ausgewogenheit
der Programme sowie die Unabhängigkeit der Organe. Um Antworten auf die zahlreichen aktuellen und zukünftigen
Herausforderungen zu finden, werde die Regierung eine Medienenquete veranstalten, die einen echten und ehrlichen
Diskurs über Grundsatzthemen einleiten soll. Auf der Agenda stehen vor allem folgende Bereiche: Europa, Wettbewerb
und neue Allianzen, Public Value, Digitalisierung und österreichische Identität, informierte Blümel
Abgeordneten Karl Nehammer (ÖVP). Diskutiert werden müsse auch über die Neuorganisation der Presseförderung,
was u.a. auch die Klärung des sozialrechtlichen Status der Zeitungszusteller inkludiert. Insgesamt soll die
österreichische Medienlandschaft auch insoweit gestärkt werden, dass es in zehn, fünfzehn Jahren
noch österreichische Inhalte im digitalen Raum gibt.
Auf wenig Gegenliebe bei der Liste Pilz stieß die die vorletzte Sendung des "Kulturmontags", bei
der laut Abgeordnetem Wolfgang Zinggl (PILZ) Minister Blümel die Gelegenheit geboten wurde, sich über
Gott und die Welt zu verbreitern, ohne dass etwas kritisch hinterfragt wurde. Der Kulturminister zitierte daraufhin
aus dem offenen Brief, den u.a. Zinggl an der ORF-Generaldirektor geschickt hatte, und meinte, dieser belege die
"sehr zweifelhafte Haltung zur Presse- und Meinungsfreiheit", zumal es immer wieder Beiträge geben
würde, die dem einen oder anderen nicht gefallen.
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