Warum Andreas Köck als Europas erster Polizei-Experte nach China reiste, und warum er
ein in Europa unbekanntes Analysegerät zur Erprobung mitgenommen hat, erzählt die folgende Geschichte.
Bejing/Wien (bmi) - Bezirksinspektor Andreas Köck ist stellvertretender Leiter der SOKO Kfz in Eisenstadt
im Burgenland. Er ist bestens ausgebildet, verfügt über entsprechende Zugänge zu Datenbanken von
Kfz-Herstellern und kann Autos anhand von Motornummern, Getriebenummern, dem Airbag oder anderen Bauteilen identifizieren.
Seine Fachkompetenz ist in der ganzen Welt gefragt. "Interpol greift gerne auf meine Kompetenz und die meiner
Kollegen zurück, wenn es um Schulungen ausländischer Polizistinnen und Polizisten geht", sagt er.
"Wir sind Teil der Interpol Task Force ‚Stolen Motor Vehicle‘ (SMV) und nehmen regelmäßig an Task
Force-Einsätzen teil."
"Ich bin sehr stolz darauf, dass wir in Österreich Polizei-Experten haben, die sogar nach China eingeladen
werden, um dort ihr Wissen an Kollegen weiterzugeben", sagt Mag. Peter Goldgruber, Generalsekretär im
Innenministerium. "Es sind aber auch die Zahlen der SOKO Kfz beeindruckend, die seit der Gründung im
Jahr 2009 knapp 600 Täter ausgeforscht und fast 580 Fahrzeuge sichergestellt haben. Auch dazu möchte
ich ganz herzlich gratulieren."
Reise nach China
"Interpol hat mich angeschrieben und ersucht, zusammen mit einem australischen Trainer und zwei Mitarbeitern
von Interpol ein Seminar zum Auffinden von gestohlenen Fahrzeugen und Fahrzeugteilen in der Volksrepublik China
abzuhalten", erzählt Köck. "Das war auch für Interpol ein Novum, der erste Versuch, in
China ein Seminar zu machen – und für mich eine große Ehre." Als Kursort war eine Firma in Shenzhen
ausgewählt worden, einer 15 Millionen-Einwohner-Metropole in der Provinz Gunagdong, die auf Fahrzeugidentifizierung
spezialisiert und Partner von Interpol ist. "Shenzhen ist eine hochmoderne Stadt, sie liegt in der Nähe
eines Hafens, an dem viele gestohlene Fahrzeugteile aus Europa ankommen", sagt Köck. "Anhand von
Interpol-Treffern haben wir gesehen, dass immer wieder Ersatzteile von gestohlenen Fahrzeugen oder Fahrzeugen,
die aufgebrochen wurden, beispielsweise Navigationsgeräte, in China aufgetaucht sind. Das hat uns gezeigt,
dass es in China einen Markt für gestohlene Fahrzeugteile gibt und Handlungsbedarf gegeben ist."
Polizisten aus China, Japan und Hongkong
Am Seminar nahmen 35 Polizisten aus China teil, aber auch Interpol-Polizisten aus Tokio (Japan) sowie Interpol-Polizisten
und Kfz-Ermittler aus Hongkong. "Welche Bauteile kann man identifizieren, wo findet man die Fahrgestellnummer,
wie soll ein Typenkleber aussehen, das waren unter anderem Fragen, die wir theoretisch behandelt und praktisch
gezeigt haben", erzählt der österreichische Experte. Interessant dabei sei gewesen, dass Fahrzeuge
aus dem asiatischen Raum anders markiert seien als in Europa. "Als eines von mehreren Fallbeispielen haben
wir das ‚Keyless-Go-System‘ beschrieben, bei dem es darum geht, ein Fahrzeug ohne aktive Benutzung eines Autoschlüssels
zu entriegeln und zu starten", sagt Köck. "Täter gehen vor die Eingangstür eines Hauses,
vor dem das Auto parkt, verlängern mit einem speziellen Gerät das Signal vom Schlüssel, der oft
im Vorzimmer abgelegt ist, zum Auto, öffnen und starten es und fahren davon. Eine Fisherman's-Friend-Dose,
in der der Schlüssel abgelegt ist, würde das Signal perfekt abschirmen."
"Wir haben beim Seminar auch das Programm "EuFID" vorgestellt, die europäische Fahrzeug-Identifizierungs-Datei,
eine Sammlung von Herstellerdaten zur Kfz-Identifizierung von Pkws, Motorrädern, Lkws, Bussen, Anhängern,
Baumaschinen, Traktoren oder Wohnmobilen", sagt Köck. "Die Datei wurde von deutschen und österreichischen
Experten zusammengestellt und von Europol in neun Sprachen übersetzt." Das Seminar sei von einer hohen
Wertschätzung geprägt gewesen, sagt Köck. "Unter den Teilnehmern war ein Professor aus dem
Bereich Forensik der chinesischen Polizei-Universität, was zeigt, dass das Interesse von chinesischer Seite
sehr groß war, der die Einladung ausgesprochen hat, an der Universität einen Vortrag zu halten."
Voraussichtlich Ende 2018 werde es das erste Folgeseminar geben, mit noch mehr Details, und dem Versuch, chinesische
Kollegen in der Fahrzeug-Identifizierung auszubilden, sagt Köck.
Analysegerät zur Fahrzeugidentifizierung
"Die Firma, die auf die Identifizierung von Fahrzeugen spezialisiert ist, hat ein Analysegerät für
den chinesischen Markt entwickelt, das man bei jedem Fahrzeug an den Diagnosestecker hängen und die Nummern
von verschiedensten Fahrzeugteilen oder Steuergeräten auslesen kann", sagt Köck. "Es werden
bis zu 160 Bauteile überprüft. Auf dem Gerät kann man ablesen, ob bei einem dieser Bauteile eine
andere Fahrgestellnummer aufscheint." So sei eine Fahrzeugidentifizierung auf elektronischem Weg möglich.
Das wasser- und stoßfeste Gerät, das so groß wie eine Bankomatkassa sei und mit einer Hand getragen
werden könne, werde mit einer Hülle mit Handschlaufe ausgeliefert und sei ein Gerät für den
Polizisten auf der Straße. "Wir haben eines zu Verfügung gestellt bekommen, es gibt das Gerät
noch nicht auf dem europäischen Markt." Das Gerät werde derzeit bei der Kfz-Forensik im Bundeskriminalamt
durchgecheckt, sagt Köck, "denn ein wichtiger Faktor ist, dass keine Daten nach China gesendet werden,
und dass die Software auf den europäischen Standard abgeglichen wird. Ist das der Fall, könnte es sein,
dass dieses Analysegerät auch in Österreich Verwendung finden wird."
Die nächsten Einsatzorte für den Polizisten sind Mexiko, wo er bei der Interpol World Conference Vehicle
Crime in der letzten Maiwoche 2018 einen Vortrag halten wird, sowie Anfang Juni in Finnland an der russische Grenze,
wo er gemeinsam mit drei österreichischen Kollegen im Rahmen eines Task Force-Einsatzes mithilft, bei Beginn
der Fußball-Weltmeisterschaft in Russland die Fahrzeugströme zu überwachen. Und Ende Juli geht
es nach Spanien, wo in Zusammenarbeit mit der Guardia Civil in mehreren Häfen Kontrollen von Fahrzeugen durchgeführt
werden, die nach Marokko übersetzen. Diese Aktion findet jährlich statt. "Dabei werden pro Einsatz
im Schnitt 40 bis 50 gestohlene Fahrzeuge identifiziert und sichergestellt", sagt der österreichische
Polizei-Experte.
Knapp 600 Täter ausgeforscht
Die SOKO Kfz wurde am 1. Oktober 2009 gegründet. Derzeit arbeiten neun Mitarbeiter in Eisenstadt bundesländerübergreifend,
wobei Wien, Niederösterreich, das Burgenland und die Steiermark die Haupteinsatzgebiete sind. Seit der Gründung
wurden 321 eigene Amtshandlungen geführt, 597 Täter ausgeforscht, 1.679 gestohlene Fahrzeuge im Wert
von 39,5 Millionen Euro den Tätern zugeordnet und 579 Fahrzeuge im Wert von 17,4 Millionen Euro sichergestellt.
137 Fahrzeuge konnten durch Ortung wiedergefunden werden.
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