OÖ Kinder- und Jugendhilfe setzt
 verstärkt auf Prävention

 

erstellt am
17. 05. 18
13:00 MEZ

Linz (lk) - Im Rahmen einer Pressekonferenz im Landhaus in Linz informierte Sozial- Landesrätin Birgit Gerstorfer am 16. Mai gemeinsam mit Dr.in Bettina Christian, Leiterin der Gruppe "Förderung und Entlastung von Familien", und Cornelia Leibetseder, Leitende Sozialarbeiterin, zum Thema Kinder- und Jugendhilfe in Oberösterreich.

7.000 Kinder erhalten mobile Unterstützung durch die Kinder- und Jugendhilfe
In Oberösterreich leben aktuell rund 268.500 Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren. Davon benötigen 3,3 % Hilfe und Unterstützung durch die Kinder- und Jugendhilfe. In der Öffentlichkeit wird die Kinder- und Jugendhilfe meist mit sehr schwierigen Familien- verhältnissen und dramatischen Situationen in Verbindung gebracht. Dabei ist der Anteil an Kindern, die nicht in ihrer Familie aufwachsen können, sehr gering. Das sind seit vielen Jahren konstant nur 0,7 % (1.880) aller Kinder und Jugendlichen. Sehr viel größer ist der Anteil an Hilfen, die Familien zu Hause unterstützen. Im Jahr 2017 haben mehr als 7.000 Kinder und Jugendliche bzw. ihre Familien in irgendeiner Form mobile Unterstützung erhalten. Das bedeutet, dass 80 % aller Unterstützungen in den Familien als mobile Hilfen geleistet werden. "Durch diese mobile Unterstützung wird den Kindern und Jugendlichen ein gesichertes Heranwachsen - im Rahmen der eingenen Familie - ermöglicht. Ziel ist es, dass die Eltern wieder in die Lage kommen, Pflege und Erziehung selbst wahrnehmen zu können", betont Sozial-Landesrätin Birgit Gerstorfer.

Bei den mobilen Hilfen unterscheidet die Kinder- und Jugendhilfe zwischen Hilfen, die auf Grund einer Kindeswohlgefährdung eingesetzt werden (Unterstützung der Erziehung) und Hilfen in belasteten Familiensituationen (Hilfen ohne Kindeswohlgefährdung). 2014 ist das neue Kinder- und Jugendhilfegesetz in Kraft getreten. In den 10 Jahren davor hatten sich die Fallzahlen in der Unterstützung der Erziehung mehr als verdoppelt. Aus diesem Grund wurde die Möglichkeit gestärkt, Familien auch präventiv (also noch bevor eine Gefährdung feststellbar ist) Hilfen anzubieten. Solche Leistungen sind für alle Familien mit Kindern zugänglich, die in einer bestimmten Lebenssituation Rat und Hilfe brauchen:

Egal, ob es sich um die Erschöpfung handelt, wenn ein Baby nächtelang durchschreit, um ein Kind, das plötzlich nicht mehr in die Schule gehen will, oder den pubertierenden Jugendlichen, der so gar nicht mehr an den lieben Kleinen erinnert, der er einmal war... . Solche Situationen kennt praktisch jeder. Noch vor ein, zwei Generationen mussten Familien durch solche Zeiten "einfach durch". Mittlerweile hat sich aber die Einsicht durchgesetzt, dass es durchaus Hilfe bei diesen Problemen geben kann. Wird Unterstützung rechtzeitig angenommen, können spätere tiefergreifende Probleme oft vermieden werden. Es war der richtige Weg, die präventiven Angebote auszubauen und möglichst früh anzusetzen, denn durch den richtigen Umgang mit den Kleinsten der Gesellschaft können viele Probleme in der späteren Entwicklung der Kinder vermieden werden", sagt Birgit Gerstorfer.

Die Kinder- und Jugendhilfe verfügt über ein differenziertes Angebot an Hilfen, das von allgemein zugänglichen bis zu ganz individuellen Unterstützungen reicht.

Hilfe in belasteten Familiensituationen
Ein besonders flexibles Angebot der Kinder- und Jugendhilfe nennt sich Beratung und Hilfe in belasteten Familiensituationen. Familien, die in der Versorgung, Betreuung und Erziehung ihrer Kinder Unterstützungsbedarf haben, erhalten diese auch dann, wenn das Kindeswohl nicht gefährdet ist. Diese Unterstützung betrifft häufig sogenannte Hilfen zur Erziehung und Alltagsbewältigung - z.B. Hilfen zur Bewältigung der Haushaltsführung und Entlastung durch Unterstützung in der Alltags- und Familienorganisation (Organisation von Kinderbetreuung, Unterstützung durch Schülerinternate, Kinderhorte oder Tagesmütter mit spezieller Ausrichtung, Begleitung bei Behördenwegen/Anträgen für Familienleistungen,...).

Diese Hilfen sind grundsätzlich freiwillig, d.h., die Familie entscheidet, ob und wie lange sie das Angebot annehmen will. Dieser Schwerpunkt wurde durch das Oö. KJHG 2014 möglich und wird seither auch gerne angenommen. 2017 wurden 2.439 solcher Hilfen durch die Sozialarbeiter/-innen der KJH zur Verfügung gestellt.

Erziehungs- und Familienberatung (EFB)
An den Erziehungs- und Familienberatungsstellen unterstützen Sozialarbeiter/innen, Psycholog/innen und bei Bedarf weitere Fachkräfte (z.B. Jurist/innen) Familien mit Kindern unter 18 Jahren bei der Bewältigung von familiären Problemen.

Immer wenn sich Eltern

  • Sorgen wegen des Verhaltens ihrer Kinder machen,
  • Gedanken über die Entwicklung ihrer Kinder machen,
  • überlastet fühlen,
  • wegen ihrer Kinder streiten,
  • fragen, was ihre Kinder brauchen, wenn sie sich als Paar trennen wollen oder
  • mit rechtlichen Fragen bzgl. Sorgerechts-, Kontaktrechts- oder Unterhaltsfragen konfrontiert sehen.

können sie sich an die EFB wenden. Das gilt genauso für Jugendliche, die mit sich selbst oder in ihrer Familie Probleme haben. Es gibt in OÖ an sieben Bezirkshauptmannschaften EFBs, die eng mit der Kinder- und Jugendhilfe zusammenarbeiten, nämlich in den Bezirken

Linz-Land, Wels-Land, Steyr-Land, Ried, Vöcklabruck, Perg und Freistadt. Im Jahr 2017 wurden 1.684 Beratungen durchgeführt.
Dadurch, dass die Erziehungs- und Familienberatung in das Gesamtsystem der Kinder- und Jugendhilfe eingebettet ist, können den Familien bei Bedarf auch alle anderen Unterstützungsangebote der KJH nahegebracht werden. In einer Stelle (Freistadt) gibt es zusätzlich das Angebot der aufsuchenden Beratung, wenn es für sinnvoll erachtet wird, Beratungen zu Hause im familiären Umfeld durchzuführen.



Erholungsangebote
Wenn der Alltag belastet ist, sind Auszeiten umso wichtiger.


Kindererholungsaktion und Kidsturnus
Jedes Jahr können 300 Kinder und Jugendliche von Familien, die durch die KJH betreut werden, spannende und pädagogisch wertvolle Ferientage verbringen. Die Turnusse in Obertraun, Hinterstoder, Grünau oder Weyregg am Attersee dauern jeweils zwei Wochen und sind immer ausgebucht.

Fast alle Kinder äußern sich begeistert über die vielfältigen Freizeitangebote und Projekte und sind erpicht darauf, im Folgejahr wieder teilnehmen zu dürfen. Ein Kind erlebte dort seine allererste Bergwanderung: "Das war schon anstrengend, aber wir haben es alle geschafft - und stell dir vor - ganz oben am Gipfel gab´s ein braunes Haus, wo wir was zu essen und zu trinken bekommen haben...". Ein anderes Kind berichtete davon, dass es mit seinen Zimmerkollegen aus Jux Papierkugeln aus dem Fenster geworfen hatte: "...Die Betreuer sind dann d´rauf gekommen und die haben überhaupt nicht geschimpft, wir mussten halt das Papier wieder einsammeln, die Betreuer haben uns sogar geholfen."

Urlaub für Alleinerziehende
Die KJH finanziert jährlich drei einwöchige Urlaube für alleinerziehende Mütter/Väter ab 18 Jahren, die nur über ein geringes Familieneinkommen verfügen. Der Selbstbehalt pro Familie liegt bei 50 Euro. Pro Turnus können 10 Familien mit max. 20 Kindern im Alter von bis zu 12 Jahren teilnehmen.

Das bedeutet Erholung und Entlastung durch eine Urlaubswoche mit Vollpension und zwei organisierten Ausflügen sowie täglich einige Stunden Kinderbetreuung für die Ab-3- Jährigen. Meist haben sich diese Familien noch nie oder schon sehr lange keinen Urlaub mehr leisten können und sind froh, sich einmal einfach zum Tisch setzen zu können, ohne vorher kochen zu müssen.

Familientherapeutischer Erholungsurlaub
Dieser richtet sich an Familien mit Kindern im Alter von 2 - 13 Jahren, die ihre aktuelle Lebenssituation verändern sollen und wollen, für eine regelmäßige Familientherapie jedoch nur schwer oder nicht zu gewinnen sind. Voraussetzung für die Teilnahme an diesem organisierten und vor allem betreuten Urlaub ist ein bereits bestehender Kontakt zur Kinder- und Jugendhilfe. Das therapeutische Angebot ist fixer Bestandteil des Urlaubs.

FuN-Seminare
Manchen Eltern fällt es sehr schwer, ihren Erziehungsaufgaben nachzukommen und sich mit anderen Eltern auszutauschen. Genau hier setzt das niederschwellige Bildungsprogramm für die ganze Familie an. Wenn Familien sich mit anderen Familien regelmäßig beim FuN- Nachmittag treffen, können sie unter fachlicher Begleitung voneinander und miteinander lernen, wie Familienalltag gut gelingen kann. Sie erleben dort Alltagsituationen wie gemeinsames Kochen, Essen, Beschäftigung mit Kindern und erhalten Anregungen zu einem altersgemäßen Umgang mit ihren Kindern und mehr Sicherheit in der Erziehung. Die FuN-Seminare verzeichneten im Vorjahr 322 Teilnahmen.

Kinderschutzzentren
Auch die Leistungen der Kinderschutzzentren erfolgen im Rahmen der Beratung und Hilfe in belasteten Familiensituationen. Kinderschutzzentren sind spezialisierte Beratungs- und Therapieeinrichtungen bei Missbrauch, Misshandlung und Vernachlässigung von Minderjährigen.

Kinder, die von Gewalt betroffen sind, brauchen umfassende Hilfe und Unterstützung. Die Kinderschutzzentren bieten Therapie und Beratung im Auftrag der Kinder- und Jugendhilfe an. Auch die Unterstützung von Helfersystemen - wie z.B. Kindergärten und Schulen - gehören zu ihrem Aufgabenbereich. Außerdem begleiten sie Kinder, die von Gewalt betroffen sind, im Rahmen der Prozessbegleitung bei Gerichtsverfahren.
Die Kinder- und Jugendhilfe OÖ finanziert sechs Kinderschutzzentren, die (z.T. mit Außenstellen) jeweils mehrere Bezirke versorgen. Standorte sind in Gmunden, Braunau, Linz, Wels, Steyr und Vöcklabruck. Im Jahr 2017 wurden dort 8.410 Beratungen und Therapien durchgeführt.

Andere Hilfen der Kinder- und Jugendhilfe richten sich speziell an bestimmte Altersgruppen:

Eltern-, Mutterberatung (EMB)
Gerade wenn ein Baby in eine Familie kommt, ergeben sich viele Fragen und Unsicherheiten. Die Mutterberatung wurde bereits vor 100 Jahren ins Leben gerufen - ursprünglich rein auf die Gesundheitsvorsorge ausgerichtet, vor allem um die hohe Säuglingssterblichkeit zu reduzieren.

Heute ist der Auftrag viel weiter gefasst, denn die ersten drei Lebensjahre sind für den Bindungsaufbau und die Entwicklung der Eltern-Kind-Beziehung prägend. Die Eltern-, Mutterberatung soll dazu beitragen, das Wissen der Eltern über die Entwicklung und die Bedürfnisse ihrer Babys und Kleinkinder zu erhöhen und ihr Handlungsrepertoire zu erweitern. Der hohe Bekanntheitsgrad und die fast ebenso hohe Akzeptanz der EMB in der Öffentlichkeit ermöglichen einen breiten und niederschwelligen Zugang der Familien zu den dort angebotenen Leistungen. Probleme und Störungen sollen durch vorbeugende Maßnahmen verhindert bzw. durch frühzeitige Beratung und Behandlung gelöst werden.

Eine Besonderheit in Oberösterreich sind die frühkindlichen Kompetenzzentren, die es seit über 20 Jahren gibt: 1996 wurden mit den IGLU-Beratungsstellen die ersten dieser Zentren geschaffen, die in gut ausgestatteten Räumlichkeiten Fachberatungen verschiedener Professionen anbieten. Heute gibt es fünf IGLU-Beratungsstellen und sechs EMB- Leitstellen mit einem umfassenden Mindestangebot für Eltern und Kinder von 0 bis 3 Jahren:

  • 2 x pro Monat "klassische EMB"
  • 2 x pro Monat Psychologische Beratung
  • 2 x pro Monat Still- und/oder Ernährungsberatung
  • 2 x pro Monat Angebote wie z.B. Spielstube, Babytreff, Elterntreff,...



Spielstube, Babytreff und Elterntreff werden durch Fachpersonal mit Erfahrung im frühkindlichen Bereich begleitet.

Der Bedarf an Einzelberatungen hat mit den Jahren ständig zugenommen. Während in den Anfangsjahren die Fachkräfte vermehrt als fachliche Begleitung in den offenen Treffpunkten gefragt waren, stieg seither die Nachfrage an individueller Beratung stetig an: Jährlich werden rund 900 Termine für Psychologische Einzelberatung und 1500 für sozialarbeiterische Beratung in Anspruch genommen.

Zusätzlich wurden 2017 33.400 Beratungen in der "klassischen" Eltern- Mutterberatung in 166 Stellen in ganz OÖ durchgeführt.

Schulsozialarbeit (SuSA)
Auch der Schuleintritt bringt eine einschneidende Veränderung im Familienleben. Belastungen im Familienleben können sich auf die Bewältigung von Schule und Lernen

spürbar auswirken. SuSA unterstützt in diesen Fällen die Kinder und ihre Familien. Im Schuljahr 2016/17 wurden 2.786 Schüler/innen über einen längeren Zeitraum betreut.


Im Vordergrund standen dabei Erziehungsprobleme 26 %, Leistungsabfall in der Schule 26 %, Verhaltensauffälligkeiten 27 %, Konflikte in der Schule und auf dem Schulweg 25 %.

SuSA war in 265 Pflichtschulen präsent und erreichte damit rund 49.000 Schüler/innen. Die rund 60 Schulsozialarbeiter/innen hatten in diesem Schuljahr fast 50.000 Einzelkontakte mit Lehrer/innen, Schüler/innen und Eltern.

 

 

 

Allgemeine Informationen:
http://www.land-oberoesterreich.gv.at

 

 

 

 

 

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