Ausstellung im Tiroler Volkskunstmuseum Innsbruck von 18.5. – 4.11.2018
Innsbruck (tlm) - Eine Sonderausstellung im Tiroler Volkskunstmuseum widmet sich der Kulturgeschichte des
Feuers. Im Mittelpunkt der Schau steht die Frage nach Wahrnehmung, Wirkungsweisen und Rezeption: Wie wurde Feuer
in unterschiedlichen Zeiten und in unterschiedlichen Zusammenhängen aufgefasst? Wie aufwändig war das
Feuermachen und wie hat man versucht das Feuer zu kontrollieren? Anhand zahlreicher, bislang selten ausgestellter
Objekte, aus den Sammlungen der Tiroler Landesmuseen sowie einiger Leihgaben werden kulturwissenschaftliche und
religiöse Dimensionen von Feuer beleuchtet.
Feuer ist Segen und Fluch zugleich. Wir schätzen seine Wärme und Gemütlichkeit und nützen es
auf vielfältige Art. Feuer kann aber auch bedrohlich sein, wenn es Häuser und Existenzen vernichtet.
Vor allem ist das Feuer Grundlage der menschlichen Existenz: Durch seine Nutzung unterscheidet sich der Mensch
von allen anderen Lebewesen.
„Die Fähigkeit, Feuer zu kontrollieren begleitet uns in ihren Auswirkungen bis heute. Es ist daher folgerichtig,
wenn wir im Volkskunstmuseum die Reihe der fachübergreifenden Ausstellungen mit dem Thema Feuer fortsetzen.
Es betrifft und betraf Menschen und es hat Auswirkungen auf unser Tun – und solche Zusammenhänge zu dokumentieren,
zu erläutern, das ist die Aufgabe moderner Museen“, betont PD Dr. Wolfgang Meighörner, Direktor der Tiroler
Landesmuseen.
Feuer im Museum
Feuer zeigt die Grenzen des Musealen auf. Kein Museum hat Feuer in seinem Bestand, nur Objekte, die damit zu tun
haben, wie historische Feuerzeuge, Herde, Öfen, Abbildungen, Allegorien usw. „Für die Sonderausstellung
galt es daher, frische Fragen an die alten Objekte zu stellen und bislang kaum beachtete Zusammenhänge aufzuzeigen“,
so Dr. Karl C. Berger, Leiter des Tiroler Volkskunstmuseum und Kurator der Ausstellung. „Feuer hat ganz unterschiedliche,
manchmal gegensätzliche Bedeutungen. Die Darstellung des Feuers kann Liebe und Verehrung zum Ausdruck bringen,
Bilder vom Fegefeuer und der Hölle jedoch können Furcht und Angst hervorrufen. Diese Gegensätze
werden in der Ausstellung thematisiert“, erläutert Anna Engl, MA, Kuratorin der Ausstellung.
Themenbereiche der Ausstellung
Acht Themenbereiche fügen sich in der Sonderausstellung im zweiten Obergeschoß des Museums in Form eines
Rundgangs aneinander. Der erste, einführende Themenkomplex, stellt Licht und Feuer in Beziehung zum Göttlichen:
Zahlreiche Legenden weisen auf eine mythische Herkunft des Feuers hin.
Das Feuer im Christentum
Die göttliche Dimension des Feuers kommt insbesondere in der jüdisch-christlichen Tradition zum Ausdruck:
Das Ewige Licht ist ein Hinweis auf den brennenden Dornbusch und soll die Präsenz Gottes im Kirchenraum anzeigen.
In der Osternacht zieht der Priester mit der Osterkerze, die zuvor am geweihten Osterfeuer entzündet wurde,
in die Kirche ein. Auch dieser Ritus steht in Zusammenhang mit dem Alten Testament: Demnach wies Gott seinem Volk
in Form einer Feuersäule den Weg aus Ägypten. Außerdem verweist er auf Jesus als das „Licht der
Welt“.
Strafe und Läuterung
Mahnbilder schürten lange Zeit die Angst vor dem strafenden Feuer im Jenseits. Fegefeuer und Hölle wurden
als furchteinflößende Orte verstanden, wie eine in der Ausstellung gezeigte Darstellung der „Höllenqualen“
eindrucksvoll veranschaulicht. Das Tafelbild zeigt einen Menschen im Feuer, gepeinigt vom „Wurm des Gewissens“.
Solche Bilder hatten eine eindeutige Botschaft: Sie sollten die Gottesfurcht stärken, zur Vermeidung von Sünden
beitragen und forderten auf, den Armen Seelen das Fegefeuer durch Gebet und gute Taten zu verkürzen.
Schutz vor dem Feuer
Das Erleben einer Feuersbrunst und die damit einhergehende Erfahrung menschlicher Ohnmacht sind zweifellos traumatisch.
Feuer kann unkontrolliert ganze Existenzen vernichten und führt oftmals zu einer verzweifelten Hinwendung
zu einer göttlichen Macht. Die künstlerische Darstellung von Bränden hat deshalb oft religiöse
Bezüge: Die in der Ausstellung präsentierten Votivbilder zeigen Brandkatastrophen und zeugen vom Dank
für die überstandene Gefahr. Sie lassen erahnen, wie menschliches Tun als göttliche Handlung gedeutet
wurde: Nicht das Löschen, sondern die göttliche Hilfe brachte ein Feuer zum Erliegen.
Erste Feuerlöscher
Gerade in der Zeit vor Brandschutzversicherungen versuchten sich Menschen mit religiösen und magischen
Schutzmitteln vor unkontrolliertem Feuer zu bewahren. Bereits im Spätmittelalter wurde der Heilige Florian
zum Patron gegen Brandgefahren. Eine ganz besondere Rarität der Ausstellung ist ein Feuersegen aus der Zeit
um 1600: Solche Beschwörungsformeln sollten das Feuer segnen und dadurch eindämmen. Seit der frühen
Neuzeit versuchte man, mithilfe von Gesetzen und Verordnungen der ständigen Brandgefahr entgegen zu wirken.
Wichtiger Ausgangspunkt für das heutige Feuerwehrwesen waren Feuerordnungen des 18. Jahrhunderts: Gemeinden
mussten zur Feuerbekämpfung Handdruckspritzen anschaffen. Lederne Kübel, mit Sand oder Asche gefüllt,
wurden als erste Feuerlöscher verwendet.
Feuer-Zeug
Zum Feuermachen brauchte es lange Zeit Feuerstein und Stahl. Aufeinandergeschlagen sollte ein Funke einen Zunderschwamm
zum Glimmen bringen. Etwa seit dem 17. Jahrhundert wurden Steinschlossfeuerzeuge entwickelt, die jedoch vorwiegend
zum Entzünden von Kerzen oder zum Schmelzen von Siegelwachs dienten. Erst mit der Entwicklung von Streichhölzern
wurde das Feuermachen zur Nebensache. Zur Beleuchtung verwendete man vorwiegend harzreiches Holz, sogenannte Kienspäne.
Statt teurer Kerzen aus Bienenwachs waren Kerzen aus Rinderfett in Verwendung. Die Entwicklung des Ofens bannte
Feuer in einen Wärmeraum – es war nun als Wärme spürbar aber nicht mehr sichtbar.
Feuer-Kult
Die Faszination des Feuers wird besonders in Feuerbräuchen ersichtlich. Die in ganz Europa nachweisbaren Rituale
hatten unterschiedliche Funktionen und Bedeutungen: Frühjahrsfeuer dienten zur Beseitigung von Unrat, Kreidefeuer
signalisierten Alarm oder mobilisierten die Landesverteidigung, Oster- oder Herz-Jesu-Feuer transportieren religiöse
Vorstellungen. Im späten 19. und im 20. Jahrhundert wurden solche Feuer mit politischen Botschaften aufgeladen.
Nach dem Ersten Weltkrieg loderten Feuer als Hinweis auf die Einheit Tirols. In Amsterdam wurde 1928 erstmals ein
Olympisches Feuer entzündet – in Anlehnung an die Spiele der Antike.
Ausstellungsarchitektur
Die Ausstellunggestaltung von „Feuer“ wurde von Sonja Mitterer und Barbara Lanz entwickelt. Sie geht vom alltäglichen
Nutzen des Feuers aus und nimmt Anleihe an einen schwarzen Bratrost. Die Vitrinen lodern als feuerrote Flammen
aus diesem Raster empor. In der Dauerausstellung des Museums werden zusätzlich relevante Objekte mit Bezug
zum Thema gekennzeichnet, sodass im ganzen Haus unterschiedliche Aspekte des Elements Feuer beleuchtet werden.
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