Oesterreichs Energie: Ratsvorsitz ist Österreichs Chance für eine gemeinsame europäische
Energiezukunft.
Brüssel/Wien (oesterreichsenergie) - Österreichs Ratsvorsitz der Europäischen Union im zweiten
Halbjahr 2018 wird klar im Zeichen der Energiepolitik stehen. Das bestätigte Energie-Sektionschef Michael
Losch am 16. Mai im Rahmen des von Oesterreichs Energie, der ständigen Vertretung Österreichs in Brüssel
und dem Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus veranstalteten Pre-Presidency Events in Brüssel.
„Der österreichische Ratsvorsitz bietet die Chance, die europäische Energiegesetzgebung aktiv und zukunftsweisend
mitzugestalten“, so Leonhard Schitter, Präsident von Oesterreichs Energie, der Interessensvertretung der österreichischen
E-Wirtschaft.
Das Programm des Ratsvorsitzes sieht – neben dem formellen Ratstreffen im Dezember – im September ein informelles
Ratstreffen in Linz vor, das sich dem Zukunftsthema Stromspeicherung widmen soll. Losch: „Wir werden uns darauf
konzentrieren, im zweiten Halbjahr 2018 jene Themen des Pakets zu finalisieren, die nicht unter dem aktuellen bulgarischen
Ratsvorsitz abgeschlossen werden können. Kernthema des österreichischen Ratsvorsitzes wird vor allem
das Strommarktdesign der Zukunft sein. Schitter betonte die Bedeutung dieses Vorhabens, denn im kommenden Jahr
werde ein neues EU-Parlament gewählt: „Die österreichische Ratspräsidentschaft muss das Thema finalisieren,
damit Energiefragen nicht in den Wahlkampf hineingezogen werden.“ Megan Richards, EU-Kommission, in der Generaldirektion
Energie zuständig für Energiepolitik sieht zusätzlich das Thema Governance als besonders wichtig
an.
Den Grund für die intensive Diskussion über die strategische Ausrichtung der europäischen Energiepolitik
sieht Oesterreichs Energie in der Situation der einzelnen Mitgliedsstaaten, die sowohl einen unterschiedlichen
Energiemix als auch unterschiedliche Marktbedingungen haben. Der Anteil an erneuerbaren Energien ist verschieden,
der Fortschritt beim Ausbau der diesbezüglichen Potenziale ebenso. Andererseits kann die Diversität in
der europäischen Landschaft auch als Stärke gesehen werden, besonders hinsichtlich Forschung und Innovation.
Schitter: „Um die nationalen 2030 Ziele zu erreichen, sind massive Innovationen notwendig.“
Intensive Diskussion zeigte Meinungsunterschiede auf
Einfach wird die Aufgabe des österreichischen Ratsvorsitzes nicht, denn große Meinungsunterschiede prägten
die Diskussion im Rahmen des Events. Claude Turmes, Mitglied des Europaparlaments und Berichterstatter zur Governance
im Rahmen des Clean Energy Package verwies auf die Bedeutung des Klimaschutzes und kündigte an, seitens des
Parlaments werde man auf hohe Effizienz-Ziele und ein zwingendes Programm zum Ausstieg aus fossilen Energien drängen:
„Die Gesellschaft braucht eine klare Vision und das ist Zero-CO2 2050.“ Bisher habe man sich nämlich mehr
durchgeschummelt als konsequent gehandelt. Kristian Ruby, Generalsekretär von eurelectric verwies darauf,
dass alle Beteiligten einen Wandel des Energiesystems wollten, notwendig seien aber die richtigen Rahmenbedingungen.
Florian Ermacora erklärte für die EU-Kommissiondas Ziel: „Wenn wir es richtig machen, dann werden die
Erneuerbaren zum Selbstläufer.“
Schitter plädierte für Augenmaß bei der Setzung legislativer Akte zur Erreichung der Energie- und
Klimaziele. Darüber hinaus sind aus Sicht der österreichischen E-Wirtschaft substanzielle Maßnahmen
seitens Politik und Verwaltung zur Stärkung der Funktionsfähigkeit des Strommarkts und zur Verbesserung
der Rahmenbedingungen für Investitionen der Elektrizitätswirtschaft notwendig, um Europa in eine gemeinsame
sichere, saubere und leistbare Energiezukunft zu führen.
Beseitigung von Marktverzerrungen hat oberste Priorität
Wichtigste Forderung der E-Wirtschaft ist der Abbau von Marktverzerrungen, beispielsweise durch Überförderung,
die in den vergangenen Jahren zu enormen wirtschaftlichen Problemen geführt haben. Schitter: „Wegen der niedrigen
Strompreise im Großhandel ist kaum eine neu zu errichtende Erzeugungsanlage kostendeckend.“ Das gelte sowohl
für Ökostromanlagen als auch für neue konventionelle Anlagen, die aus Gründen der Versorgungssicherheit
benötigt werden. Eckpunkte neuen Marktdesigns, das im Rahmen des Clean Energy Packages erarbeitet wird, sind
die Integration Erneuerbarer, der Ausbau leistungsfähiger und intelligenter Netze sowie die Rolle des (aktiven
– selbsterzeugenden) Verbrauchers. Oesterreichs Energie als Interessenvertretung der österreichischen E-Wirtschaft
betont die Notwendigkeit von realistischen und machbaren Zielen. Vorreiter bei Energieeffizienz und Ausbau der
Erneuerbaren sollen in Zukunft gestärkt und nicht eingeschränkt werden.
Eine zweite Forderung der E-Wirtschaft bezieht sich auf die Stärkung des Binnenmarkts für Strom. Schitter:
„Der freie Binnenmarkt für Strom ist ein wesentliches Prinzip und darf nicht durch nationale Einzelgänge
geschwächt, beziehungsweise aufgehoben werden.“
In Anbetracht des steigenden Anteils an Strom aus erneuerbaren Energien sei es wichtig, dass es sowohl möglichst
große und hoch liquide Preiszonen gibt als auch ein hohes Maß an Flexibilität verfügbar ist.
Schitter: „Der weiträumige Stromaustausch wird durch die Dekarbonisierung stark zunehmen und erfordert einen
raschen und entschiedenen Ausbau der Infrastruktur.“
Konsumentenrechte müssen dynamische Marktentwicklungen vorwegnehmen
Dringend empfiehlt der Präsident von Oesterreichs Energie ebenso eine neue Sichtweise der Rechte und Pflichten
von Stromkonsumenten im Binnenmarkt. Schitter: „Der Stromkunde muss in Zukunft als aktiver Teilnehmer im Markt
mit entsprechenden Rechten und Pflichten gesehen werden.“ Mündige Kunden sind an neuen Services interessiert
und wollen selbst Strom erzeugen, handeln oder liefern. Die E-Wirtschaft und ihre Partner von der Kundenseite brauchen
die richtigen Rahmenbedingungen, um die Services anbieten zu können.
Für ein neues Marktsystem sei es zudem unumgänglich, dass die Verantwortlichkeiten der Verteilnetzbetreiber
bei der Aufrechterhaltung der Systemsicherheit beachtet werden und ein Level Playing Field aller Marktteilnehmer
sichergestellt wird. Es sollten dieselben Rechte und Pflichten für alle Marktteilnehmer gelten.
Nationales Umfeld des Stromsektors verbessern
Versorgungssicherheit und Zukunftssicherheit sollen in der nationalen Energieagenda in Zukunft stärkere
Beachtung finden. Schitter: „Wir brauchen einen Liberalisierungs- und Modernisierungsschub, der Hindernisse beiseite
räumt und den Ausbau eines modernen und leistungsfähigen Elektrizitätssystems unterstützt.“
Als Beispiel nannte Schitter das Problem von überlangen Verfahrensdauern in Österreich. Hier müsste
es auf nationaler Ebene Maßnahmen geben, die mehr Rechtssicherheit für Investoren und absehbare Projektdauern
ermöglichen.
Klima- und Energiestrategie intelligent umsetzen
In der #mission 2030, dem Entwurf der nationalen Klima- und Energiestrategie, sind Beschleunigung, Entbürokratisierung
und Vereinfachung von Genehmigungsverfahren im Einklang mit Bürgerrechten vorgesehen. Das ist ein Vorhaben,
das die E-Wirtschaft sehr begrüßt, es müssten nun konkrete Schritte in diese Richtung folgen. Ein
Beschluss der notwendigen Gesetze sollte hier möglichst zeitgleich mit dem Beschluss der Klima- und Energiestrategie
im Ministerrat erfolgen, so Schitter. Das neue Energiegesetz, das noch 2018 auf Basis der Klima- und Energiestrategie
in Nachfolge des Ökostromgesetzes erarbeitet werden soll, muss Marktmechanismen nützen, um weder Wirtschaft
noch Konsumenten finanziell zu überfordern.
Österreichs E-Wirtschaft versteht sich als Manager der Energiewende und will diese nach Kräften unterstützen.
Schitter: „Wir haben die Verantwortung, Strom nicht nur sauber, sondern auch sicher und leistbar zur Verfügung
zu stellen, und wir sind bereit, unseren Beitrag zu leisten.“ Die Energiewende ist mehr als der Bau neuer Erzeugungsanlagen.
Sie bedeutet eine Systemwende und Strom spielt dabei die zentrale Rolle, denn Strom aus Österreich ist die
sichere, saubere und leistbare Energieform der Zukunft, die auch andere Energieformen ersetzen muss.
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