Heimische Digitalwirtschaft formiert sich und appelliert an österreichische
Politik, während der EU-Ratspräsidentschaft die richtigen Weichen für den Digitalstandort zu stellen.
Brüssel/Wien (lcg) - Mit der EU-Datenschutzgrundverordnung hat der Gesetzgeber einen starken Mechanismus
zum Datenschutz geschaffen. Diesen beurteilen die Mitglieder „Alliance for Digital Advancement“ als Standortvorteil
im globalen Wettbewerb mit den US-Digitalgiganten. In der nun in Verhandlung befindlichen ePrivacy-Verordnung werden
einzelne Bestimmungen der EU-DSGVO unverhältnismäßig ausgeweitet, wodurch europäischen Digitalanbietern
erneut Hürden auferlegt werden würden. Beispielsweise sollen Einverständniserklärungen zu Inhalten
bereits im Browser definiert werden, wodurch die User nicht mehr inhaltsbezogen und im Einzelfall entscheiden könnten.
Daraus ergibt sich eine klare Bevorzugung der US-Digitalgiganten und ein unmittelbarer Wertschöpfungsabfluss
aus Österreich und der EU. Bereits jetzt fließt rund die Hälfte der heimischen Werbebudgets im
Digitalbereich von knapp 500 Millionen Euro zu transatlantischen Unternehmen ab
"Österreich hat während des EU-Ratsvorsitzes weitreichende Möglichkeiten, entscheidende Weichen
zur Sicherung des Digitalstandorts zu stellen. Über die Branchen hinweg braucht die Wirtschaft einen Schutzmechanismus,
der fairen Wettbewerb und fairen Datenschutz ermöglicht", fasst iab-austria-Vizepräsidentin Alexandra
Vetrovsky-Brychta zusammen und appelliert an Infrastrukturminister Norbert Hofer, das Know-how der heimischen Wirtschaft
für konstruktive Regelungen zu nützen.
Philipp Graf, Geschäftsführer des Fachverbands Telekommunikations- und Rundfunkunternehmungen in der
Wirtschaftskammer Österreich, warnt vor einem neuen Regularium, bevor noch erste Erfahrungswerte aus dem Umgang
mit der EU-DSGVO vorliegen. "Weltweit agierende OTT-Player werden durch den aktuellen Entwurf der ePrivacy-Verordnung
bevorzugt, während europäischen Anbietern der Kontakt mit den Usern weiter erschwert wird." Ziel
muss es sein, das Vertrauen in die europäische Datenwirtschaft zu stärken, da diese bis 2020 nach Einschätzung
der EU-Kommission ein Gesamtvolumen von über 100 Milliarden Euro erreichen und so zum schnellst wachsenden
Wirtschaftszweig wird. „Datennutzung und Datenwirtschaft darf kein Schreckensgespenst sein!“
Peter Lammerhuber, Präsident der Interessensgemeinschaft der Media Agenturen, fordert insbesondere für
einen kleinen Markt wie Österreich einen Standortschutz, um journalistische Inhalte weiter zu finanzieren.
"Programmatic Advertising wäre nach der ePrivacy-Verordnung verboten, wodurch Fortschritte in der effizienten
Mediaplanung zurückgeworfen und Optimierungen von Kampagnen unmöglich würden." Er warnt vor
den geforderten Voreinstellungen im Browser und weist auf die Verbindung zwischen Software-Anbietern und Browser-Anbietern
hin, die zum Gatekeeper für die europäische Werbewirtschaft werden. "Die Vormachtstellung in einzelnen
Technologiebereichen könnte weiter zunehmen und zu einer weiteren Konzentration der Marktmacht führen.
Die Freiheit der Information würde durch diese Verordnung beeinträchtigt", so Lammerhuber.
Die Geschäftsführerin des Verbands der Österreichischer Privatsender Corinna Drumm sieht qualitative
journalistische Digitalangebote durch Voreinstellungen in den Browsern und den Verzicht auf Cookies existenzgefährdet.
"Die einzigen Gewinner der ePrivacy-Verordnung sind die jetzt schon dominierenden US-Player. Überspitzt:
Die EU macht Amerika wieder groß!" YouTube und Facebook würden als Nachrichtenquelle an Bedeutung
gewinnen, wodurch auch die Gefahr von Fake-News steigt. "Bei allem Verständnis für durchaus berechtigte
Datenschutzinteressen: Die ePrivacy-Verordnung darf nicht das Werkzeug zur Bedrohung beziehungsweise Zerstörung
österreichischer Medienanbieter werden."
Anton Jenzer, Dialog Marketing Verband Österreich, betont, dass Konsumenten von datenbasierten Maßnahmen
profitieren, in dem sie bedarfsgerechte Angebote erhalten. "Die ePrivacy-Verordnung ist wachstumshemmend und
gefährdet Arbeitsplätze", kritisiert er den aktuellen Entwurf. Österreich soll während
der EU-Ratspräsidentschaft eine Datenschutz-Vorreiterrolle übernehmen, Leadership zeigen und der europäischen
Digitalwirtschaft eine verlässliche und durchdachte Grundlage geben, die nicht der EU-DSGVO widerspricht.
Mobile-Marketing-Association-Präsident Andreas Martin möchte den Schulterschluss der Wirtschaftsverbände
nutzen, um die Bundesregierung mit Know-how zu unterstützen. Er regt im Namen der Allianz die Gründung
einer ePrivacy-Task-Force mit Praxis-Experten aus der Wirtschaft an, die konkrete Vorschläge für den
österreichischen Datenschutz erarbeitet. Im Rahmen der EU-Ratspräsidentschaft kann Österreich zudem
eine Datenschutz-Enquete veranstalten, um einen Interessensausgleich zwischen Konsumentenschutz und Wirtschaftswachstum
zu ermöglichen. Als dritten Punkt befürwortet er eine Informationskampagne, um Bürger und Unternehmen
über Datenschutz und die Vorstöße während der EU-Ratspräsidentschaft transparent zu informieren.
„Die Wirtschaft steht parat, um mit der Bundesregierung und Infrastrukturminister Hofer zusammenzuarbeiten“, fasst
Martin für die Allianz zusammen.
„Alliance for Digital Advancement“: Österreichs Wirtschaft formiert sich, um die Politik zu unterstützen
Im Vorfeld der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft formiert sich Österreichs Wirtschaft über
Branchengrenzen hinweg, um gemeinsame wichtige Punkte der ePrivacy-Verordnung öffentlich zu thematisieren
und die Politik mit Know-how aus den jeweiligen Branchen zu unterstützen.
In der „Alliance for Digital Advancement“ haben sich die führenden Wirtschafts-, Kommunikations- und Medienverbände
zusammengeschlossen, um sich gemeinsam für einen smarten Datenschutz einzusetzen, der eine faire Balance zwischen
Bürger- und Wirtschaftsinteressen schafft.
|