Ein neues Christian Doppler Labor an der TU Wien beschäftigt sich metallischen Werkstoffen
für die Industrie. Unterstützt wird es vom Wirtschaftsministerium (BMDW) und den Firmenpartnern voestalpine,
Neuman Aluminium und Stahl Judenburg.
Wien (tu) - Es ist eine Herausforderung, die in vielen Industriebereichen immer wieder eine wichtige Rolle
spielt: Man benötigt metallische Werkstoffe, die extremen mechanischen Belastungen standhalten oder unter
korrosiven Umwelteinflüssen über lange Zeit beständig sind – beispielsweise Schwerlast-Schienen,
Walzlager oder Rohre für die Öl- und Gasindustrie. Ein weiteres wichtiges Thema ist die Gewichtsreduktion
unter Beibehaltung hervorragender Eigenschaften, gerade in Hinblick auf Nachhaltigkeit und Kosten. Beim Entwickeln
solcher Materialien war man lange Zeit auf Versuch und Irrtum angewiesen. Mittlerweile gibt es allerdings Methoden,
am Computer die Eigenschaften von Materialien vorherzusagen.
An der TU Wien wurde nun ein neues Christian Doppler Labor eingerichtet, in dem das Zusammenwirken chemisch-physikalischer
Phänomene mit hochauflösenden Analysenmethoden charakterisiert, in Modelle gegossen und am Computer genau
simuliert wird, um bessere Materialien für die Industrie zu entwickeln. Die offizielle Eröffnungsfeier
findet am 24.5.2018 statt. Unterstützt wird das CD-Labor vom Bundesministerium für Digitalisierung und
Wirtschaftsstandort (BMDW) sowie von den Partnerunternehmen voestalpine, Neuman Aluminium und Stahl Judenburg.
„Österreich produziert Stahl und Aluminium mit hohen Qualitätsanforderungen und exportiert diese weltweit“,
sagt Dr. Margarete Schramböck, Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort. „Basis für
diesen Erfolg ist intensive grundlagenwissenschaftliche und technologische Forschung, die für die Fortführung
dieser Erfolgsgeschichte auch weiterhin nötig ist. CD-Labors bieten dafür einen optimalen Rahmen, weil
sie neues Wissen für Unternehmen nutzbar machen und so echte Innovation und dauerhafte Marktvorteile ermöglichen.“
Computersimulation statt Versuch und Irrtum
Um die Materialeigenschaften eines Werkstücks genau zu verstehen, muss man es auf unterschiedlichen Größenskalen
gleichzeitig betrachten – und genau darin liegt aus wissenschaftlicher Sicht die große Herausforderung: „Man
muss die Mikrostruktur im Nanometerbereich kennen und verstehen, wie die Atome miteinander wechselwirken. Gleichzeitig
muss man das Material auf mittelgroßer Skala untersuchen – da kann es etwa Bereiche unterschiedlicher Kristall-Ordnung
geben. Schließlich muss man das Verhalten des ganzen Werkstücks unter Belastung analysieren, um die
Auswirkungen der typischen Prozesstemperaturen und Krafteinwirkungen zu berechnen“, erklärt Prof. Erwin Povoden-Karadeniz.
Er leitet das neue CD-Labor am Institut für Werkstoffwissenschaften und Werkstofftechnologie der TU Wien.
Gerade bei metallischen Werkstoffen gab es in den letzten Jahrzehnten große Fortschritte. „In vielen Experimenten
hat man untersucht, wie die mechanischen Eigenschaften des Materials mit der Mikrostruktur zusammenhängen
und wie man diese Mikrostruktur durch die geeignete Wahl der Legierung und durch den Herstellungsprozess beeinflussen
kann“, sagt Povoden-Karadeniz. „Allerdings sehen wir heute, dass die Werkstoffwissenschaft in diesem Bereich ein
gewisses Plateau erreicht hat. Für weitere Fortschritte brauchen wir neue Ideen.“
Und diese Ideen kommen aus neuartigen Computersimulationen: „Das computersimulations-basierte Materialdesign gewinnt
immer mehr an Bedeutung“, ist Povoden-Karadeniz überzeugt. „Die Anzahl der erforderlichen Experimente sinkt
dadurch, mit den passenden Rechenmodellen kann man das Verhalten des Materials schon vorhersagen, bevor man es
überhaupt hergestellt hat.“ Dadurch lässt sich die Zeit, die von der Innovationsidee bis zur Marktreife
eines Produktes verstreicht, drastisch verkürzen.
Besonders herausfordernd ist die Aufgabe, die unvermeidlichen Unregelmäßigkeiten im Material korrekt
zu berücksichtigen. Bei einem realen Werkstück hat man es nun mal nicht mit einem perfekten Kristall
zu tun, sondern mit einer Vielzahl kleiner Störungen und mit Grenzflächen zwischen winzigen Materialkörnern.
Nur wenn man sie im Computermodell korrekt berücksichtigt, erhält man brauchbare Ergebnisse – und genau
auf solche komplizierten Aufgaben haben sich Erwin Povoden-Karadeniz und sein Team spezialisiert.
Über Christian Doppler Labors
In Christian Doppler Labors wird anwendungsorientierte Grundlagenforschung auf hohem Niveau betrieben, hervorragende
WissenschafterInnen kooperieren dazu mit innovativen Unternehmen. Für die Förderung dieser Zusammenarbeit
gilt die Christian Doppler Forschungsgesellschaft international als Best-Practice-Beispiel.
Christian Doppler Labors werden von der öffentlichen Hand und den beteiligten Unternehmen gemeinsam finanziert.
Wichtigster öffentlicher Fördergeber ist das Bundesministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort
(BMDW).
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