Klosterneuburg (ist) - Für seine herausragenden Arbeiten zu Differentialgleichungen wurde Martin Hairer
als erster – und bislang einziger – Österreicher mit der Fields-Medaille geehrt. Am 6. Juni 2018 hält
der Mathematiker eine ÖAW – IST Austria Lecture an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in
Wien.
Kleine Ereignisse können bekanntlich große Auswirkungen haben – zum Beispiel am Aktienmarkt: Der Kauf
oder Verkauf einer einzelnen Aktie wird den Markt kaum beeinflussen. Kaufen oder verkaufen aber tausende und abertausende
Menschen Aktien, führt das zu deutlich merkbaren, zufälligen Marktschwankungen.
Von Mikro zu Makro
Der Mathematiker Martin Hairer fragt in seinen Forschungen zur Wahrscheinlichkeitstheorie danach, wie unzählige
kleine Dynamiken auf der Mikroebene zu großen Ereignissen auf der Makroebene werden. Und er geht noch einen
Schritt weiter: Er will wissen, ob sich dafür mathematische Modelle finden lassen, mit denen man eine Vielzahl
von Situationen beschreiben kann, die auf den ersten Blick völlig unterschiedlich erscheinen. Diesen faszinierenden
Aspekt der Universalität in der Wahrscheinlichkeitstheorie wird Hairer bei der ÖAW – IST Austria Lecture
„Bridging Scales: from microscopic dynamics to macroscopic laws“ an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
(ÖAW) in Wien vorstellen.
Was Mathematik beweisen kann – und was nicht
Ein Beispiel für solche Modelle ist die Bestimmung der Bewegung von in Wasser schwimmenden Pollen durch
die mathematischen Gleichungen der „Brown'schen Bewegung“. Mit denselben Gleichungen lassen sich etwa auch die
winzigen Fluktuationen in Aktienkursen beschreiben. Diese sogenannten stochastischen Differentialgleichungen, sind
also auf Situationen anwendbar, denen ein gewisser Grad an Zufälligkeit eigen ist – wie eben der Entwicklung
von Aktienkursen, die kaum vorhersagbar ist. Während für einige Fragestellungen die entsprechenden Gleichungen
bekannt sind, gibt es für einen größeren Teil allerdings keine oder lediglich vage Vermutungen.
Martin Hairer stellt in seinem Vortrag einige solcher Situationen vor und erklärt, was die Mathematik in diesen
Fällen beweisen kann – und was nicht.
Mathematiker von Weltrang in Wien
Mit seinen Arbeiten zu stochastischen Differentialgleichungen erwarb Martin Hairer, Forscher am Imperial College
London, internationale Anerkennung. 2014 erhielt er die Fields-Medaille, eine der weltweit höchsten Auszeichnungen
in der Mathematik. In Wien spricht der Mathematiker bei den ÖAW – IST Austria Lectures. Diese wurde vom Institute
of Science and Technology Austria (IST Austria) und der ÖAW als gemeinsame Vortragsreihe ins Leben gerufen,
um renommierte internationale Wissenschaftler/innen nach Österreich zu bringen, die in Bereichen tätig
sind, zu denen die beiden Institutionen forschen und deren Arbeiten auch für eine breite Öffentlichkeit
von Interesse sind. Zu den Sprecher/innen der vergangenen Jahre gehörten etwa die Biologin und Nobelpreisträgerin
Christiane Nüsslein-Volhard und der Physiker und Nobelpreisträger David Gross.
Zusätzlich zu seinem Vortrag in Wien wird Martin Hairer auch an einer von IST Austria-Professor/innen organisierten
Summer School am IST Austria vortragen. Etwa 100 Doktorand/innen, Postdocs und Dozent/innen aus 20 verschiedenen
Ländern auf der ganzen Welt werden an der Veranstaltung, die sich der mathematischen Physik und Wahrscheinlichkeit
widmet, teilnehmen.
Über das IST Austria
Das Institute of Science and Technology (IST Austria) in Klosterneuburg ist ein Forschungsinstitut mit eigenem
Promotionsrecht. Das 2009 eröffnete Institut widmet sich der Grundlagenforschung in den Naturwissenschaften,
Mathematik und Computerwissenschaften. Das Institut beschäftigt ProfessorInnen nach einem Tenure-Track-Modell
und Post-DoktorandInnen sowie PhD StudentInnen in einer internationalen Graduate School. Neben dem Bekenntnis zum
Prinzip der Grundlagenforschung, die rein durch wissenschaftliche Neugier getrieben wird, hält das Institut
die Rechte an allen resultierenden Entdeckungen und fördert deren Verwertung. Der erste Präsident ist
Thomas Henzinger, ein renommierter Computerwissenschaftler und vormals Professor an der University of California
in Berkeley, USA, und der EPFL in Lausanne, Schweiz.
http://www.ist.ac.at
Über die ÖAW
Die Österreichische Akademie der Wissenschaften hat die gesetzliche Aufgabe, „die Wissenschaft in jeder Hinsicht
zu fördern“. 1847 als Gelehrtengesellschaft gegründet, steht sie mit ihren heute über 770 Mitgliedern,
28 Forschungsinstituten sowie rund 1.700 Mitarbeiter/innen für innovative Grundlagenforschung, interdisziplinären
Wissensaustausch und die Vermittlung neuer Erkenntnisse – mit dem Ziel zum wissenschaftlichen und gesamtgesellschaftlichen
Fortschritt beizutragen.
http://www.oeaw.ac.at
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