Unternehmen wickeln bestehende Aufträge ab und analysieren die Auswirkungen der US-Sanktionen
sowie die geplanten EU-Schutzmaßnahmen
Teheran/Wien (pwk/awo) - Die Europäische Kommission sieht zum Schutz der europäischen Unternehmen
vor den US-Sanktionen eine Reihe von Gegenmaßnahmen vor. Österreichische Unternehmen reagieren mit der
Prüfung der Auswirkungen der geplanten EU-Blockademaßnahmen und US-Sanktionen auf ihr Iran- und etwaiges
USA-Geschäft. Nach dem Treffen der Staats- und Regierungschefs in Sofia wurden am 18. Mai vergangener Woche
von der Europäischen Kommission formal die Prozesse zur Aktivierung des sogenannten Blockade-Statuts und der
Ermächtigung der Europäischen Investitionsbank zur Finanzierung von Projekten im Iran eingeleitet.
Ziel der EU-Gegenmaßnahmen ist, vor allem kleinen und mittleren EU-Unternehmen, die im guten Glauben nach
Unterzeichnung des Joint Comprehensive Plan of Action (JCPOA) im Iran investiert haben, vor der extraterritorialen
Anwendung der US-Sanktionen zu schützen. Ausländische Gerichtsurteile haben im Falle der Sanktionen damit
keine Gültigkeit in der EU. Das Blockade-Statut verbietet europäischen Unternehmen die Erfüllung
der US-Sanktionen. Entschädigungen für Verluste aus den US-Sanktionen können vom Verursacher des
Schadens eingefordert werden. Die Details der Blockade-Maßnahme werden von der EU noch ausgearbeitet.
Rudolf Thaler, Außenwirtschaftsexperte der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ): „Praktische Erfahrungen
mit dem Blockade-Statut gibt es noch keine, da das Gesetz anlässlich der US-Sanktionen gegen Kuba, Iran und
Libyen nicht in Kraft getreten ist. Der Sanktionsstreit mit den USA wurde damals gelöst, was bei gutem Willen
aller Vertragspartner des sogenannten Wiener Abkommens auch eine Option sein sollte. Die USA bleiben für die
EU ein wichtiger Partner und Verbündeter. Wenn das Europäische Parlament und der Rat keinen Einspruch
erheben, so tritt das EU-Blockade-Statut spätestens zwei Monate nach Aktivierung in Kraft, und damit noch
vor der ersten US-Sanktionswelle.“
Weiter wird als vertrauensbildende Maßnahme die EU-Kommission die sektorale Kooperation mit dem Iran - beispielsweise
im Energiebereich - fortsetzen. Die EU-Mitgliedsstaaten werden ferner ermutigt, die Möglichkeit von Transfers
an die iranische Zentralbank zur Zahlung iranischer Erdöllieferungen zu prüfen.
Aufträge abwickeln und Auswirkungen analysieren
Die USA fordern mit ihren Sanktionen den Rückzug europäischer Unternehmen bis 6. August bzw. 4. November
aus dem Iran-Geschäft. Es können nur Geschäfte abgewickelt werden, die vor dem 8. Mai rechtmäßig
zustande gekommen sind. Andernfalls drohen Strafen und die Verweigerung des US-Marktzugangs. Der neue US-Außenminister
Mike Pompeo kündigte gestern die härtesten Sanktionsmaßnahmen an, um die iranische Wirtschaft zu
schwächen.
Österreichische Unternehmen wickeln zur Stunde soweit möglich Aufträge ab und analysieren die Auswirkungen
der neuen USA-EU-Maßnahmen auf das eigene Unternehmen. Im Iran tätige Unternehmen sind in der Regel
keine Exportneulinge und prüften bereits in der Vergangenheit genau, inwieweit im Rahmen der US-Sanktionen
Geschäfte mit dem Iran möglich sind. Denn jeder Geschäftsfall ist einzigartig.
Iran-Kenner Thaler: „Es ist davon auszugehen, dass die im EU-Blockade-Statut vorgesehene Kompensation von Schäden
in Folge der US-Sanktionsmaßnahmen nicht für die gesamte EU-Wirtschaft wird gelten können. Auch
ist anzunehmen, dass die geplanten EU-Maßnahmen österreichische Unternehmen nicht umfassend auf Auswirkungen
ihres Engagements am amerikanischen Markt in Schutz nehmen werden können.“
Für US-Firmen galt bereits bisher schon ein Business-Verbot im Iran. Nur US-Auslandsunternehmen hatten im
Rahmen einer Generallizenz die Möglichkeit, Geschäfte mit dem Iran zu tätigen, was nun mit dem Ausstieg
der USA aus dem Nuklearabkommen widerrufen wird. Davon sind auch unmittelbar österreichische Unternehmen mit
US-Eigentümer betroffen.
Österreich gehört zu den Top 10 EU-Iran-Lieferländern
Die EU-28 lieferte 2017 Waren im Wert von 10,8 Milliarden Euro in den Iran. Die größten Iran-Exporteure
unter den EU-28 sind Deutschland (2,95 Mrd. Euro), Italien (1,73 Mrd. Euro), Frankreich (1,50 Mrd. Euro), Niederlande
(1,08 Mrd. Euro) und Belgien (590 Millionen Euro). Österreich ist mit Exporten in Höhe von 301 Millionen
Euro vor UK an 10. Stelle der größten EU-Iran-Lieferländer gereiht.
Die Top 5 EU-Importeure 2017 aus dem Iran sind Italien, Frankreich, Spanien, Griechenland und Niederlande. Österreich
liegt mit 115,8 Millionen Euro in der EU an 8. Stelle der Abnehmerländer des Iran. Die EU-28 importierte vergangenes
Jahr aus dem Iran über 10,1 Milliarden Euro an Waren.
Österreichische Unternehmen lieferten in den Iran 2017 hauptsächlich Kessel, Maschinen und Apparate (79,5
Millionen Euro) sowie pharmazeutische Erzeugnisse im Wert von 74,4 Millionen Euro, gefolgt von elektrische Maschinen
und Apparate (24,3 Mio. Euro), Waren aus Eisen und Stahl (18,4 Mio. Euro) und Messgeräte (12,9 Mio. Euro).
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