Hohes Geschäftsvertrauen und hohe Kapazitätsauslastung treiben die Industriekonjunktur
an – Industrie wächst 2018 mit rund 5 Prozent ähnlich dynamisch wie im Vorjahr
Wien (bank austria) - „Die Unternehmensbefragungen der ersten vier Monate 2018 zeigen ein überwiegend
freundliches Konjunkturbild: noch im April wurden in allen großen Industriebranchen hohe Geschäftsvertrauenswerte
gemessen, obwohl ein Teil der Industrie den Wachstumshöhepunkt bereits überschritten haben dürfte“,
fasst Günter Wolf, Ökonom der UniCredit Bank Austria, den aktuellen Branchenüberblick zusammen.
„Die Bauunternehmen beurteilten ihre aktuelle Auftragslage im April sogar besser als in den letzten Monaten. Das
Geschäftsvertrauen im Dienstleistungssektor ist leicht und im Einzelhandel sogar deutlich gesunken. Mit Ausnahme
des Einzelhandels ist das Branchenklima im Frühjahr 2018 im Allgemeinen sonnig geblieben.“
Industriewachstum beschleunigt sich 2018
Österreichs Industrie befindet sich im Frühjahr 2018 weiterhin in einer Phase des Aufschwungs. Nachdem
der Sektor bereits 2017 ein überdurchschnittlich starkes Produktionsplus von 4,7 Prozent erreicht hatte, hat
sich das Wachstum auf über 6 Prozent in den ersten zwei Monaten 2018 beschleunigt. Voraussichtlich wird das
Produktionswachstum im weiteren Jahresverlauf nur wenig schwächer. Derzeit kann der Sektor erneut mit einem
Jahresergebnis im Bereich von 5 Prozent für 2018 rechnen.
Wesentliche Wachstumsstütze bleibt die robuste Investitionskonjunktur in Europa, die von der hohen Kapazitätsauslastung
vieler Industriebranchen angetrieben wird. Für das erste Halbjahr 2018 berichtet die Industrie im EU-Durchschnitt
Auslastungszahlen, die erstmals wieder das Vorkrisenniveau von 2007 erreichen. In Österreich selbst liegt
die Kapazitätsauslastung noch darüber. Infolgedessen bleibt das Wachstum der Investitionsgüternachfrage
im Inland nach dem Rekordplus von rund 8 Prozent im Vorjahr auch 2018 lebhaft. Zudem profitieren die baunahen Industriesparten,
vor allem einzelne Bereiche der Stahl- und Metallwarenerzeugung, der Kunststoffverarbeitung und der Elektroindustrie,
zumindest noch in den nächsten Monaten von der dynamischen Baukonjunktur. Im weiteren Jahresverlauf verlieren
dann die Bauinvestitionen voraussichtlich an Wachstumstempo, wobei keine Nachfragerückgänge zu befürchten
sind.
In den ersten Monaten 2018 ist die Produktionsleistung einiger großer Industriebranchen, zum Beispiel der
Elektro-, der Stahl- und der Chemieindustrie, im Vergleich zur Vorperiode etwas schwächer gewachsen, ohne
dass die Unternehmen an Geschäftsvertrauen verloren hätten. Die Mehrzahl der Unternehmen in den genannten
Branchen erwartete im April weitere Produktionszuwächse. Zumindest die Elektroindustrie dürfte aber ihren
Wachstumshöhepunkt überschritten haben. Andere Sektorschwergewichte, wie die Fahrzeugerzeugung, der Maschinenbau
und die Metallwarenerzeugung, verbuchen seit Jahresbeginn unverändert hohe Produktionszuwächse und signalisierten
in der Konjunkturbefragung im April zudem eine anhaltend dynamische Branchenentwicklung. Im Industriedurchschnitt
ist das Branchenklima damit sonnig geblieben.
Stabil steigende Baukonjunktur
Österreichs Bauwirtschaft beendete das Jahr 2017 mit einem ungewöhnlich hohen Umsatzplus von 7,4 Prozent
nominell. Das Wachstumstempo ist in den ersten Monaten 2018 hoch geblieben und das Geschäftsvertrauen der
Unternehmen bis April weiter gestiegen. Im April 2018 haben im Rahmen der Konjunkturerhebung sogar mehr Unternehmen
als je zuvor ihre Auftragslage über dem normalen Niveau liegend eingestuft. Ausschlaggebend waren die wesentlich
besseren Auftragsbeurteilungen im Tiefbau. Im Hochbau und den hochbaunahen Baugewerben waren die Unternehmen in
den Einschätzungen der Auftragslage im April zurückhaltender als in den Vormonaten. „Das sonnige Bauklima
sollte sich zumindest in der ersten Jahreshälfte 2018 nicht stärker eintrüben. Dafür sprechen
die unverändert günstigen Rahmenbedingungen für Bauprojekte, wie die starke Nachfrage in vielen
Bereichen und die vorteilhaften Finanzierungskonditionen“, sagt Wolf. Voraussichtlich verliert die Bauwirtschaft
aber in der zweiten Jahreshälfte an Dynamik und wird im Gesamtjahr 2018 schwächer als im Vorjahr wachsen,
vor allem weil die Zuwächse im Wohnbau in Österreich ihren Zenit überschritten haben dürften.
Im ersten Quartal 2018 sorgte die sehr hohe Kapazitätsauslastung der Unternehmen, die am Bau wie in der Industrie
wieder das Vorkrisenniveau erreichte, für bemerkenswert hohe Beschäftigungszuwächse von jeweils
3 bis 4 Prozent. Zugleich ist aber auch der Facharbeitermangel gestiegen. Am Bau war der Fachkräftemangel
in den ersten vier Monaten 2018 bereits für ein Drittel der befragten Unternehmen ein zentrales Produktionshindernis,
ein höherer Anteil als je zuvor im Rahmen der Konjunkturbefragung gemessen wurde.
Handelsklima: branchenabhängig sonnig bis trüb
Im Autohandel ist das Branchenklima im April sonnig geblieben und signalisiert weitere Umsatzzuwächse für
die nächsten Monate. Allerdings zeigte sich bereits eine Mehrzahl der Unternehmen mit der Auftragslage unzufrieden.
Zudem kündigen die im Vergleich zum Vorjahr wieder schwächer wachsenden Kfz-Neuzulassungen der letzten
Monate eine Abkühlung der Spartenkonjunktur an. Dementsprechend wird der Kfz-Handel das hohe Umsatzplus des
Vorjahres von rund 6 Prozent real 2018 nicht erreichen.
Österreichs Großhandel profitiert im Frühjahr 2018 weiterhin von der lebhaften Industrie- und Exportkonjunktur.
In den ersten Monaten des Jahres verbuchten vor allem die Sparten Maschinen-, Baustoff- und Pharmagroßhandel
überdurchschnittlich kräftige Zuwächse. Deutlich langsamer wachsen die Sparten im Großhandel
mit konsumnahen Gebrauchsgütern, eine Entwicklung, die sich in den vergleichbaren Einzelhandelssparten fortsetzt.
Das Umsatzplus im Einzelhandel (ohne Tankstellen) von 1,2 Prozent real im ersten Quartal 2018 stammt überwiegend
vom Lebensmittelhandel. Hingegen haben die guten Rahmenbedingungen die Unternehmen im Nicht-Nahrungsmittelhandel
noch nicht erreicht. In Summe ist das Branchenklima im Einzelhandel im April trüb geblieben. Der gesamte Sektor
sollte aber im weiteren Jahresverlauf noch von der sehr guten Konsumentenstimmung profitieren und in Summe das
schwache Umsatzwachstum des Vorjahres von 0,6 Prozent real übertreffen.
Dienstleistungskonjunktur verliert etwas von ihrem hohen Wachstumstempo
2017 ist der Umsatz im Dienstleistungssektor um 3,8 Prozent nominell gestiegen, ähnlich rasch wie zuletzt
2008. „2017 profitierten fast alle größeren Dienstleistungssparten von der sehr guten Konjunkturentwicklung
im Produktionsbereich. Überdurchschnittliche Wachstumsraten verbuchten einmal mehr das Beherbergungs- und
Gaststättenwesen und die Anbieter freiberuflicher und technischer Dienste. Einbußen blieben auf die
Verlage und einige kleinere Sparten wie die Sicherheitsdienste und Kinos beschränkt“, sagt Wolf. Im Frühjahr
2018 ist das Branchenklima im Dienstleistungssektor sonnig geblieben. Die Dienstleistungskonjunktur dürfte
bisher wenig vom hohen Wachstumstempo des Vorjahres eingebüßt haben.
Allerdings haben die Dienstleistungsunternehmen bis April 2018 etwas an Geschäftsvertrauen verloren, womit
sich eine Wachstumsverlangsamung auf hohem Niveau ankündigt. Die Entwicklung ist vor allem dem gestiegenen
Pessimismus bei einigen großen wirtschaftsnahen Dienstleistungsbereichen geschuldet, wie den IT-Diensten,
der Arbeitskräftevermittlung und der Werbung. Zugleich sind aber die Unternehmen im Verkehrsbereich und bei
den freien Berufen im April bezüglich der Nachfrage in den nächsten Monaten sogar noch zuversichtlicher
geworden. In Summe signalisieren die Ergebnisse der Konjunkturerhebung im Dienstleistungsbereich, dass von der
Industrie und der Bauwirtschaft als die zentralen Kunden der wirtschaftsnahen Dienstleistungssparten weiterhin
starke Nachfrageimpulse kommen, die Sektoren aber zum Teil ihren Wachstumshöhepunkt bereits überschritten
haben.
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