Viel Arbeit und harte Verhandlungen während des EU-Ratsvorsitzes stehen Österreich
bevor.
Brüssel/Wien (bmnt) - Die Gemeinsame Agrarpolitik ist der älteste und zugleich auch bedeutendste
vergemeinschaftete Politikbereich der Europäischen Union. Insgesamt werden im Zeitraum 2014 – 2020 in der
EU rund 408 Mrd. Euro in die Landwirtschaft und den ländlichen Raum investiert. Auf den ersten Blick scheint
diese Summe sehr hoch zu sein, würde man jedoch alle Politikbereiche vergemeinschaften, würde das Agrarbudget
nur 0,3 Prozent des gesamten EU-Budgets ausmachen. Für die nachfolgende Finanzperiode sieht der Vorschlag
der Europäischen Kommission eine Kürzung auf rund 365 Mrd. Euro vor.
„Nur wenige EU - Politikbereiche stehen vor so großen Herausforderungen, Aufgaben und Erwartungshaltungen,
wie die Gemeinsame Agrarpolitik. Man muss nur an den Klimawandel denken,“ so Nachhaltigkeitsministerin Elisabeth
Köstinger und ergänzt: „Wir wollen Lebensmittel mit immer höheren Umwelt-, Tierwohl-, Klimaschutz-
und Produktionsstandards. Unsere Bäuerinnen und Bauern liefern diese Qualität. Sie muss aber auch ihren
Preis haben. Immer höhere Standards zu den gleichen Preisen und gleichen Bedingungen wird es in Zukunft nicht
geben können.“
Die Legislativvorschläge zur Ausgestaltung der Gemeinsamen Agrarpolitik der Europäischen Union nach 2020
wurden am 1. Juni von Kommissar Phil Hogan präsentiert. Diesen Entwurf sieht das Bundesministerium für
Nachhaltigkeit und Tourismus als eine geeignete Verhandlungsgrundlage. „Zentral für mich ist, dass wir über
das Agrarmodell der Zukunft diskutieren. Wir leben in einer Überflussgesellschaft und die Gemeinsame Agrarpolitik
muss diesem Trend entgegenwirken. Unser Modell sieht eine multifunktionale, flächendeckende und nachhaltige
Landwirtschaft auch in den benachteiligten Gebieten vor und diese Position werden wir auch im Zuge der Ratspräsidentschaft
diskutieren und intensiv einbringen. Qualität statt Quantität muss in Europa generell die Devise sein“,
so Köstinger.
Umweltmaßnahmen und weniger Bürokratie
Der Kommissionsvorschlag beinhaltet unter anderem auch eine Zusammenfassung der Umweltanforderungen im Rahmen der
ersten Säule der Gemeinsamen Agrarpolitik. Dies sieht das Bundesministerium durchaus positiv. „Bei allen Anpassungen
muss aber eine gewisse Kontinuität und Planungssicherheit gewährleistet sein. Wir dürfen auf europäischer
Ebene nicht wieder Änderungen machen, bei der gleichzeitig auch mehr Bürokratie entsteht. Die Umweltmaßnahmen
in der ersten Säule (Greening) waren zu kompliziert. Die neue Architektur der Gemeinsamen Agrarpolitik bringt
somit auch Chancen“, so Köstinger.
Realistische Förderobergrenze in Europa zwingend notwendig
Die Vorschläge der Europäischen Kommission zur Ausgestaltung der Gemeinsamen Agrarpolitik nach 2020 sehen
auch ein Capping (Förderobergrenzen) vor. Demnach sollen die jährlichen Direktzahlungen je Betrieb ab
60.000 schrittweise reduziert und mit einer Obergrenze in der Höhe von 100.000 EUR begrenzt werden. „Wir werden
uns der Diskussion in Europa nicht verschließen. Jede Bemühung in Richtung Förderobergrenzen sehe
ich sehr positiv. Unsere österreichischen Bäuerinnen und Bauern gehören im europäischen Vergleich
zu den Kleinstbetrieben und daher müssen wir die Debatte europaweit führen. Nicht die Agrarfabriken,
sondern die bäuerlichen Familienbetriebe sollen das Agrarmodell der Zukunft auch in Europa sein. Das von Kommissar
Hogan präsentierte Modell mit der schrittweisen Reduktion sehe ich als gute Ausgangsbasis für die Verhandlungen“,
so Köstinger. Die österreichische Landwirtschaft ist im europäischen Vergleich kleinstrukturiert.
Ein durchschnittlicher Betrieb in Österreich hat 20 Hektar, in Deutschland am Beispiel Mecklenburg-Vorpommern
rund 270 Hektar.
Kürzung der ländlichen Entwicklung treffen Umwelt-, Klimaschutzmaßnahmen und vor allem den ländlichen
Raum
Die 2. Säule bzw. die ländliche Entwicklung spielt eine wesentliche Rolle in der österreichischen
Land- und Forstwirtschaft. Diese Gelder werden zum Beispiel für die Be- und Verarbeitung von regionalen Produkten,
für die Direktvermarktung von regionalen Lebensmitteln, für die Bewirtschaftung von Almen, für die
Umsetzung der Umweltmaßnahmen in der Landwirtschaft, für den Garten- sowie Obst- und Weinbau, aber vor
allem auch für die Bewirtschaftung der benachteiligten Gebiete eingesetzt. Der Vorschlag der Europäischen
Kommission für den Mehrjährigen Finanzrahmen 2021 – 2027 sieht eine Dotierung der ländlichen Entwicklung
in der Höhe von 78,8 Mrd. Euro vor. Das entspricht einem Minus über alle Mitgliedsstaaten von 15,25 Prozent.
„Die genannten Beispiele zeigen, wie wichtig die Fördermittel in der ländlichen Entwicklung für
uns sind“, erklärt Köstinger und stellt dennoch klar: „Bei der Ländlichen Entwicklung steht in Österreich
ein Verlust von 82 Mio. Euro EU-Mittel pro Jahr im Raum. Dies ist ein echter Angriff auf den Umweltschutz, die
bäuerlichen Familienbetriebe und den ländlichen Raum. Hier erwarten wir uns deutliche Nachschärfungen.
Wir müssen die Chance während des EU-Ratsvorsitzes nützen und wir wissen, dass uns harte Verhandlungen
bevorstehen.“
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