Landwirtschaftsausschuss debattiert Pflanzenschutzgesetz und Einsatz von Pflanzenschutzmitteln
Wien (pk) – Mit einer Reihe von Verhandlungsgegenständen zum Pflanzenschutz setzte sich der Landwirtschaftsausschuss
am 1. Juni auseinander. Während sich die Abgeordneten bei dem neuen Pflanzenschutzgesetz einig waren, sorgte
der Ausstieg aus Glyphosat für Diskussionen. Nachhaltigkeitsministerin Elisabeth Köstinger sagte im Ausschuss,
dass der schrittweise Ausstieg aus der Nutzung des umstrittenen Pflanzenschutzmittels bereits evaluiert werde.
Das vorliegende Pflanzenschutzgesetz ( 138 d.B.), das vom Ausschuss eine breite Zustimmung erhielt und daher einhellig
beschlossen wurde, setzt europäische Pflanzenschutzbestimmungen um. Es zielt darauf ab, die phytosanitäre
Sicherheit zu verbessern, die Einschleppung bzw. Ausbreitung gefährlicher Pflanzenschädlinge zu verhindern
und die Effizienz der amtlichen Kontrollen zu steigern. Um den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln drehte sich die
Debatte aufgrund von drei Anträgen der SPÖ. Darin verlangen die SozialdemokratInnen den Verzicht von
Pestiziden als Bedingung für die Abrufung von umweltbezogenen Agrarfördermitteln der Gemeinsamen Agrarpolitik
(GAP) zum Schutz der Insekten-Vielfalt ( 13/A(E) ) und pochen auf ein Verbot von Neonikotinoiden ( 218/A(E) ) und
Glyphosat ( 18/A ). In einem weiteren Antrag ( 128/A(E) ) fordert die SPÖ eine Expertengruppe zur Evaluierung
der Qualität von Produkten, die mit dem AMA-Gütesiegel ausgezeichnet werden. Hier wurde ein gemeinsamer
Antrag der Parteien in Aussicht gestellt und daher – wie auch die weiteren Anträge der SPÖ – vertagt.
Pflanzenschutzmittel zwischen Schutz von Insekten und Wichtigkeit für die Landwirtschaft
In der Debatte unterstrich SPÖ-Landwirtschaftssprecher Erwin Preiner die Dringlichkeit des Handelns bei Pflanzenschutzmitteln
für die Gesundheit von Mensch und Tier. "Zuerst stirbt die Biene, dann der Mensch", unterstrich
er seine Sorge um die Bienenpopulation. In Deutschland gebe es Studien, dass diese im Umfeld von landwirtschaftlichen
Flächen um 75% zurückgegangen sei. Einig war sich Preiner mit Martha Bißmann (PILZ), dass es zwar
positiv sei, dass bereits drei Neonikotinoide teilweise verboten worden sind, was zu einer Verbesserung der Bienensituation
beigetragen habe. Allerdings müsse das Verbot verstärkt und um das hormonell wirksame Neonikotinoid Thiacloprid
erweitert werden. Zudem ist laut Preiner ein nationaler Pestizidreduktionsplan anzustreben. Sein Antrag, wonach
die Mittelabrufung aus der GAP mit einem Pestizidverzicht einhergehen solle, ziele auf die Erholung und Sicherung
von Ökosystemen für künftige Generationen ab. Für ein grundlegendes Neudenken plädierte
Preiners Fraktionskollege Markus Vogl. Ein einfaches Verbot würde nur ein Ausweichen auf ähnlich schädliche
Mittel fördern. Zudem würde die Menge der eingesetzten Pflanzenschutzmittel seit 2010 im Steigen begriffen
sein.
Der Einsatz von Pflanzenschutzmittel würde zwar seit wenigen Jahren steigen, der Verbrauch läge aber
noch deutlich hinter jenem der 1990er-Jahren, konterte ÖVP-Landwirtschaftssprecher Georg Strasser. Österreich
vertrete einen integrierten Ansatz beim Pflanzenschutz, was er anhand der Rüsselkäferepidemie bei der
Zuckerrübenproduktion verdeutlichte. Hier auf den Einsatz entsprechender Mittel zu verzichten, würde
einen Import aus Ländern erforderlich machen, in denen die Mittel nicht verboten seien und die Lebensmittelpreise
für KonsumentInnen erhöhen. Auch sein Fraktionskollege Nikolaus Berlakovich betonte, dass der steigende
Einsatz von Pflanzenschutzmitteln im Kontext gesehen werde müsse. Wenn ein Mittel verboten werde, müsse
ein anderes stärker genutzt werden. Zudem sei der Einsatz auch witterungsbedingt. Mit Verweis auf eine laufende
Evaluierung des Verbots eines weiteren Neonikotinoids, beantragte Peter Schmiedlechner (FPÖ) die Vertagung
des entsprechenden SPÖ-Antrags. Der Antrag Preiners zur GAP-Fördermittelauszahlung bei Pestizidverzicht
wurde auf Antrag von Klaus Lindinger (ÖVP) vertagt, da ein neuer Text zur GAP kurz bevorstünde.
Das neue Pflanzenschutzgesetz begrüßte Karin Doppelbauer von den NEOS, wobei ihr die Maßnahmen
nicht weit genug gehen. Mit dem Pflanzenschutzgesetz würde EU-Recht umgesetzt, unterstrich Nachhaltigkeitsministerin
Elisabeth Köstinger und sagte, dass dadurch neue amtliche Kontrollen ermöglicht werden. Durch Begleitmaßnahmen
werden zudem Anpassungen an den Klimawandel vorgenommen, was auch Klaus Lindinger (ÖVP) positiv hervorstrich.
Als konkrete Ziele des Gesetzes nannte Köstinger die Verbesserung der Pflanzengesundheit, die Verhinderung
von Einschleppung fremder Arten durch stärkere Einfuhrvorschriften sowie die Effektivierung amtlicher Kontrollen
u.a. durch Einführung von neuen Managementsystemen. Dem Erhalt der Biodiversität und dem Schutz von Insekten
seien in Österreich verschiedene Programme gewidmet. Insbesondere beim Thema Biene sehe sie Österreich
auf einem guten Weg. Zwar sei die Population noch hinter den Werten von 1995, derzeit aber kontinuierlich im Steigen.
Besonders strich sie hervor, dass sich auch die Zahl der Imker erhöhe, was wiederum positiv auf den Bienenbestand
wirke.
Köstinger: Evaluierung des stufenweisen Ausstiegs aus Glyphosat bereits gestartet
In der Diskussion um das von der SPÖ geforderte generelle Verbot von Glyphosat ortete Karin Doppelbauer (NEOS)
eine unsachlich geführte Diskussion. Zwar sei Glyphosat kein Herbizid, das wir uns wünschen würden,
allerdings seien noch keine Alternativen gefunden. Ein Verbot könnte dazu führen, dass auf andere schädliche
Mittel ausgewichen wird oder die Produktion ausgelagert und Produkte importiert werden müssten. Sie befürchte
dadurch eine Schädigung der österreichischen Landwirtschaft. Die Diskussion müsse daher einerseits
auf EU-Ebene geführt werden, andererseits müssten auch andere Nutzer als die Landwirtschaft berücksichtigt
werden. Georg Strasser (ÖVP) betonte, dass ein schrittweiser Ausstieg aus Glyphosat anzustreben sei und Österreich
gut auf diesen vorbereitet werden müsse. Hierzu laufe derzeit eine Studie. Eine falsche Anwendung sei zwar
abzulehnen, aber viele Bauern seien derzeit auf Glyphosat angewiesen und würden es auch legal nutzen, entgegnete
er entsprechender Kritik von Maximilian Unterrainer (SPÖ). Zudem sei es derzeit nicht erwiesen, dass Glyphosat
Insekten schädige.
Die wissenschaftliche Forschung sei noch nicht eindeutig, ob Glyphosat bedrohe, betonte Martha Bißmann (PILZ).
Vielmehr deuten die Ergebnisse darauf hin, dass diese indirekt gefährdet werden, da ihre Nahrungsgrundlage
zerstört wird. Die Landwirtschaft solle durch ein Glyphosat-Verbot nicht geschädigt, sondern die Umwelt
geschützt werden. Mit Doppelbauer stimmte Bißmann überein, dass es eine Diskussion auf EU-Ebene
brauche, allerdings könne Österreich auch eine Vorreiterrolle einnehmen. In Österreich gebe es schließlich
schon viele Betriebe, die freiwillig auf Glyphosat verzichten, sagte Bißmann und zeigte sich überzeugt,
dass schnell Alternativen gefunden würden, sobald das Mittel verboten sei. Diese Alternativen gebe es bereits,
unterstrich Erwin Preiner (SPÖ). Beispiele fänden sich im kommunalen Bereich.
Mit Verweis auf die Studie zum schrittweisen Ausstieg aus der Glyphosatnutzung beantragte Peter Schmiedlechner
(FPÖ) die Vertagung des Antrags. Nachhaltigkeitsministerin Elisabeth Köstinger versicherte auf Nachfrage
von SPÖ-Mandatarin Cornelia Ecker, dass die Studie bereits angelaufen sei. Beauftragt wurden damit die Universität
für Bodenkultur und die Agentur für Ernährungssicherheit, wobei die Kosten von Bund und Ländern
gemeinsam übernommen werden. Die Ablehnung der EU-Kommission des Kärntner Glyphosat-Verbots sowie eine
Rechtseinschätzung, die keine nationale Grundlage für ein Verbot sehen, müssten im Zuge des schrittweisen
Ausstiegs berücksichtigt werden. Zudem habe sie ein weiteres Rechtsgutachten in Auftrag gegeben. Es gelte,
die rechtspolitischen Diskussionen abzuwarten
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