An der TU Wien wurde eine Spezialformel für ein Epoxidharz entwickelt. Es kann für
faserverstärkte Komposite im Flugzeug-, Auto- oder Schiffsbau eingesetzt werden, oder ist sogar für Unterwassersanierungen
geeignet.
Wien (tu) - Innerhalb von Sekunden kann sich das neue Material völlig verändern: Am Anfang ist
es transparent, es kann flüssig oder pastos sein. Bestrahlt man es an irgendeinem Punkt mit dem passenden
Licht, beginnt sich das gesamte Spezialharz zu verfestigen und nimmt dabei eine dunkle Farbe an. Die spezielle
Epoxidharz-Formel, die das möglich macht, wurde von der TU Wien patentiert. Nun gelang es, diesen Prozess
sogar unter Wasser ablaufen zu lassen. Damit kann das neue Epoxidharz für Aufgaben verwendet werden, die bisher
nur sehr schwer zu lösen waren – etwa um unter Wasser Risse in Brückenpfeilern oder Dämmen zu verkitten,
oder um im laufenden Betrieb Rohre zu reparieren.
Neu ist auch, dass dieses spezielle Epoxidharz auch in Verbindung mit Kohlenfasern oder Kohlenfasermatten verwendet
werden kann. Dadurch ergeben sich breite Anwendungsmöglichkeiten im Flugzeugbau, bei Windkraftanlagen, Schiffs-
und Bootsbau oder in der Automobilindustrie – überall dort wo man höchste mechanische Eigenschaften mit
besonders leichter Bauweise kombinieren möchte.
Gewöhnliches Material mit ungewöhnlichem Zusatz
Epoxidharze gehören zu den Standard-Materialien, die in der Industrie für viele unterschiedliche Zwecke
eingesetzt werden – etwa um elektronische Bauteile zu isolieren, oder um mechanische Teile zu fixieren. Die Forschungsgruppe
von Prof. Robert Liska (Institut für Angewandte Synthesechemie, TU Wien) entwickelt Zusatzstoffe, die man
gewöhnlichem Epoxidharz hinzufügt, um seine Eigenschaften anzupassen und eine gezielte Aushärtung
auf Knopfdruck zu ermöglichen.
„Wir entwickeln spezielle Verbindungen, bei denen durch Licht eine chemische Reaktion ausgelöst wird“, erklärt
Robert Liska. „Das kann ein heller Blitz sichtbaren Lichts sein, wir haben auch Verbindungen, die nur auf UV-Licht
reagieren.“ An dem Punkt, an dem das Licht auf das Harz trifft, wird eine Reaktion gestartet, die Wärme freisetzt.
Diese Wärme breitet sich aus und setzt die chemische Kaskade auch anderswo in Gang – bis schließlich
das gesamte Harz in kurzer Zeit ausgehärtet ist.
„Der entscheidende Vorteil dieser Methode ist, dass man nicht wie bei anderen lichthärtenden Materialien
das gesamte Harz beleuchten muss“, erklärt Liska. „Es genügt, irgendeinen beliebigen Punkt mit Licht
zu treffen. Der Rest härtet dann auch aus, wenn er sich tief in einem dunklen Spalt befindet, den man kitten
möchte.“ Bisher hat man für solche Einsatzbereiche meist Zweikomponenten-Formulierungen verwendet. Sie
werden zunächst direkt vor Ort mühsam zusammengemischt und müssen dann sehr schnell verarbeitet
werden, bevor sie von alleine aushärten.
Interesse aus der Industrie
Von Partnerunternehmen aus der Industrie kam die Anfrage, ob dieser Prozess auch in Gegenwart von „dunklen“ Füllstoffen
oder Fasern möglich wäre, denn gerade für solche schwierigen Einsätze wäre selbsthärtendes
Epoxidharz äußerst nützlich. „Oberflächlich betrachtet widerspricht diese Idee jeder Theorie“,
meint Liska. „Das Licht wird durch die schwarzen Kohlefasern sehr gut absorbiert, kann also nicht weit in das Material
eindringen“, Trotzdem konnte in Experimenten an der TU Wien eindrucksvoll gezeigt werden, dass dies sehr gut funktioniert.
Auch das Aushärten unter Wasser widerspricht jeder Theorie. „Man würde erwarten, dass das Wasser einerseits
mit den Komponenten des Harzes während der Härtung chemisch reagiert, und dass es andererseits die Wärme
abtransportiert, die man zum Aufrechterhalten der Reaktion benötigt.“ Erstaunlicherweise gelang es aber auch,
die lichtgestartete Selbstaushärtung unter Wasser ablaufen zu lassen. „Ein wesentlicher Grund dafür ist,
dass die chemische Reaktion das Wasser zum Kochen bringt“, erklärt Robert Liska. „Es bildet sich also zwischen
dem erhärtenden Harz und dem umgebenden Wasser eine dünne Schutzschicht aus Wasserdampf.“
Nun wird nach weiteren Anwendern aus der Industrie gesucht, um die Möglichkeiten des Spezialharzes auszuloten.
Neben dem Einsatz als Glas- und Kohlefaserkomposite im Bereich vom Flugzeug-, Schiffs- und Automobilbau liegt ein
besonders interessanter Bereich in der Sanierung von Bauwerken. Man könnte etwa Risse in Gebäuden, die
im Wasser errichtet sind, mit zähflüssigem Harz verkleben und dann mit einem Lichtblitz aushärten.
Auch die Sanierung von Rohrleitungen ist eine Aufgabe, die oft sehr schwer zu lösen ist – auch hier würde
sich der Einsatz des neuen Harzes anbieten. „Möglichkeiten gibt es viele – wir hoffen auf möglichst interessante
neue Ideen“, sagt Robert Liska.
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