Debatte über Förderobergrenzen bei Direktzahlungen zeigt Auffassungsunterschiede
auf
Wien (pk) - Geänderte Vorschriften der sogenannten Omnibus-Verordnung der EU über Direktzahlungen
im Rahmen der Gemeinsamen Europäischen Agrarpolitik (GAP) geben den Mitgliedstaaten neue Spielräume zur
Verringerung des Verwaltungsaufwands. Diese sollen mit einer Änderung des Marktordnungsgesetzes genützt
werden, mit der sich der Landwirtschaftsausschuss am 30. Mai befasste. Die Regierungsvorlage dazu passierte
den Ausschuss mit den Stimmen von ÖVP, FPÖ und NEOS. Ein Abänderungsantrag der SPÖ wurde nur
von den Oppositionsparteien unterstützt.
Erneut debattiert wurde in diesem Zusammenhang auch der Forderungskatalog der SPÖ, der darauf ausgerichtet
ist, die kommende Förderperiode der Gemeinsamen Agrarpolitik im Zeichen der Nachhaltigkeit der Landwirtschaft
und der Förderung der ländlichen Regionen zu gestalten.
Bereinigung bei Förderung von Betrieben mit landwirtschaftlichen Nebentätigkeiten
Nach dem neuen Marktordnungsgesetz ( 143 d.B.) werden in Zukunft die Bestimmungen über die so genannten aktiven
Betriebsinhaber nicht mehr zu Anwendung kommen. Bisher galt, dass an Personen, die Flughäfen, Wasserwerke
und dauerhafte Sport- und Freizeitflächen betreiben sowie Eisenbahnverkehrsleistungen oder Immobiliendienstleistungen
erbringen, keine Direktzahlungen gewährt wurden, außer sie konnten belegen, dass sie bestimmte Kriterien
erfüllen, wie etwa, dass die landwirtschaftliche Tätigkeit nicht unwesentlich ist. Die Anwendung der
Regelung betraf in Österreich jedoch nur wenige Betriebe und verursachte damit übermäßig viel
Verwaltungsaufwand, erläuterte Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger. Nach der neuen Regelung
können nun Personen, die neben der landwirtschaftlichen Tätigkeit derartige Aktivitäten betreiben,
ohne Erbringung zusätzlicher Nachweise Zahlungen erhalten. Flächen im abgegrenzten Bereich von Flughäfen
oder als Teil von Golf- und anderen Sportplätzen bleiben damit weiterhin nicht beihilfefähig. Durch das
Auslaufen der Milchquotenregelung entfallen die dafür vorgesehenen nationalen Regelungen der Marktordnung
und werden gestrichen. Darüber hinaus nehme die Regierung die Novellierung zum Anlass, die Empfehlung des
Rechnungshofs hinsichtlich der Beteiligung der Länder an den Kosten allfälliger Anlastungen im Agrarbereich
umzusetzen, teilte Köstinger mit.
ÖVP-Abgeordneter Franz Leonhard Eßl zeigte sich zufrieden darüber, dass neben sinnvollen Reduzierungen
des Verwaltungsaufwands in der Novelle auch eine EU-rechtskonforme Ausgestaltung der Regelung von Zahlungsansprüchen
bei bestimmten Hutweiden vorgesehen sei. Bereits bei den Almflächen habe sich gezeigt, dass die Flächenbestimmung
schwierig sei. Nun gebe es eine Lösung, die LandwirtInnen bei Hutweiden gegen Rückforderungen absichert.
Die Tatsache, dass mit der EU-Verordnung auch die Beihilfemaßnahmen in den Bereichen Schulmilch und Schulobst
zu einer gemeinsamen Beihilferegelung zusammengelegt wurden, führte zu Nachfragen von SPÖ-Abgeordnetem
Markus Vogl. Er beurteilte die Neugestaltung der Fördermaßnahmen als schwer nachvollziehbar und sah
die Gefahr, dass sie die Mittel für diese Aktionen reduzieren könnte. Bundesministerin Köstinger
versicherte, dass die Schulmilchaktion, die sich sehr bewährt habe, auf jeden Fall fortgeführt werde.
Dem Ziel der Beihilfe, Schulkinder an eine gesunde Ernährung heranzuführen, entspreche man auch dadurch,
dass der Zusatz von Zucker zu den Milchprodukten reduziert wurde, teilte Ministerin Köstinger außerdem
mit.
Die SPÖ nützte die Regierungsvorlage, um in einem Abänderungsantrag eine grundlegende Änderung
der Mittelvergabe der zweiten Säule der GAP, also der Programme für ländliche Entwicklung, einzufordern.
Statt der bisherigen Praxis einer Verordnung des zuständigen Ressorts zu den Programmen sollte die Mittelvergabe
in die Marktordnung aufgenommen werden und damit der parlamentarischen Diskussion unterliegen, so die Forderung
der SPÖ. Das würde auch zu mehr Transparenz führen, argumentierte SPÖ-Agrarsprecher Erwin Preiner.
Dieses Argument gab für NEOS-Abgeordnete Karin Doppelbauer den Ausschlag, den Abänderungsantrag der SPÖ
zu unterstützen, wobei sie auch die zur Debatte stehende Novelle des Marktordnungsgesetzes für grundsätzlich
sinnvoll erachtete.
Klare Ablehnung des Abänderungsantrags kam von Seiten der ÖVP. Ihre Abgeordneten Georg Strasser und Nikolaus
Berlakovich verwiesen auf die Mitwirkung der Länder bei den Programmen zur ländlichen Entwicklung. Das
Modell der SPÖ würde hier zu Komplikationen und Mehraufwand führen. Bundesministerin Elisabeth Köstinger
verwies auf eine Rechtsauskunft ihres Ressorts, wonach der Vorschlag der SPÖ verfassungsrechtlich nicht haltbar
sei, da er im Widerspruch zur festgelegten Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern stehe.
Alle für Obergrenzen bei Direktzahlungen, doch keine Einigkeit im Detail
SPÖ-Agrarsprecher Erwin Preiner fordert grundsätzlich eine stärkere Verschiebung der Budgetmittel
von den Direktförderungen hin zum ländlichen Raum und will zudem eine Obergrenze für EU-Direktzahlungen
an Großbetriebe ( 171/A(E)). Nach den Vorstellungen der SPÖ sollten flächenbezogene EU-Zahlungen
in erster Linie den kleineren, mittleren und Nebenerwerbsbetrieben zugutekommen. Als grundsätzliche Voraussetzung
von Förderungen sollte auch die Pestizidreduktion gelten, erklärte Preiner. Auch gentechnikfreie Fütterung
sollte unterstützt werden. Weiters plädierte der Abgeordnete einmal mehr für eine stärkere
Berücksichtigung der Bergbauernbetriebe und der sozialen Dienstleistungen im ländlichen Raum.
Die SPÖ-Forderungen führten zu einer grundsätzlichen Diskussion über die Deckelung der Agrarförderungen
der ersten Säule der GAP und über die Frage, was als landwirtschaftlicher Großbetrieb gelten solle.
Preiner meinte dazu, die Direktförderungen könnten sinnvollerweise bereits bei 25.000 € gedeckelt werden,
damit würden mehr Mittel für Programme der ländlichen Entwicklung bereitstehen. Großbetriebe
seien aus seiner Sicht bereits Betriebe über 100 Hektar. Auch die FPÖ habe die Forderung nach einer Deckelung
der Direktförderungen früher vehement vertreten, sagte Maximilian Unterrainer (SPÖ). Nun sei sie
offenbar unter Druck des Koalitionspartners davon abgegangen.
Franz Leonhard Eßl (ÖVP) meinte, einige der Forderungen der SPÖ seien zwar interessant, anderes
sei nicht völlig durchdacht und sollte noch diskutiert werden. Er sprach sich daher für die Vertagung
des Antrags aus, die mit den Stimmen der Koalitionsparteien auch angenommen wurde. Ausschussobmann Strasser (ÖVP)
meinte, die Festlegung eines Capping bzw. degressiver Förderungen müssten im gesamteuropäischen
Kontext diskutiert werden. In dieselbe Richtung argumentierte sein Fraktionskollege Berlakovich. Er warnte vor
einem ideologischen Zugang zur Frage der Direktförderungen, wie er ihn bei der SPÖ sehe. Die von ihr
vertretenen Vorstellungen würden darauf hinauslaufen, dass man die kleinstrukturierte Landwirtschaft Österreichs
"unter einen Glassturz stellt", ihr aber letztlich schadet. Der richtige Weg sei es, die österreichischen
Familienbetriebe so zu unterstützen, dass sie im Wettbewerb bestehen können. Dieser finde nicht innerhalb
Österreichs statt, sondern mit anderen EU-Ländern, in denen es tatsächlich Großbetriebe gebe.
Seitens der FPÖ betonten Maximilian Linder und Gerald Hauser, die FPÖ habe ihre Positionen nicht geändert.
Sie habe stets die kleinstrukturierte Landwirtschaft, die Familien- und Bergbauernbetriebe unterstützt und
trete nach wie vor dafür ein, dass es für sie entsprechende Förderungen gibt.
Bundesministerin Elisabeth Köstinger betonte, dass Österreich stets eine Deckelung der Direktförderungen
unterstützt habe, und daran auch festhalte. Die Tendenz der großen EU-Staaten sei aber immer dahingegangen,
diesen Deckel eher höher anzusetzen, als ihn herabzusetzen. Unterdessen gebe es Hinweise darauf, dass eine
Einigung auf 60.000 € erzielt werden könnte. Man müsse dazu den Vorschlag der EU-Kommission abwarten,
der am Freitag zu erwarten sei. Österreich werde daher jeder Deckelung der Direktförderungen zustimmen,
betonte die Ministerin, allerdings stets unter der Bedingung, dass es dadurch zu keinen Wettbewerbsverzerrungen
und zu keinen Nachteilen für die kleinstrukturierte österreichische Landwirtschaft komme. Die Erhaltung
der bäuerlichen Familienbetriebe bleibe das oberste Ziel.
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