Tourismus sucht Lösungen für Fachkräftemangel
 und Strukturwandel

 

erstellt am
30. 05. 18
13:00 MEZ

Delegation des deutschen Bundestags im Gespräch mit Nationalratsabgeordneten über Herausforderungen der Tourismusbranche
Berlin/Wien (pk) - Eine Delegation des Tourismusausschusses des deutschen Bundestags unter Leitung von Sebastian Münzenmaier (AfD) traf sich am 29. Mai zu einem Gedankenaustausch mit Mitgliedern des Tourismusausschusses des österreichischen Nationalrats. In beiden Ländern steht die Tourismusbranche vor vergleichbaren Fragestellungen, etwa was den Fachkräftemangel betrifft, die Frage von Betriebsübergaben und die Strukturprobleme im ländlichen Raum.

Der Obmann des Tourismusausschusses im Nationalrat, Gerald Hauser (FPÖ), sowie ÖVP-Abgeordneter Gabriel Obernosterer unterstrichen die gute Zusammenarbeit im Ausschuss selbst sowie mit anderen Fachausschüssen. Der Tourismusausschuss sei zudem ein wichtiger Ansprechpartner für die Branche. So gelinge es auch, dass Gesetzesmaterien, die an sich zu anderen Ausschüssen ressortieren, dem Tourismusausschuss zugewiesen und dort diskutiert werden können.

Hauser berichtete auch über die aktuelle Tourismusstrategie, die alle wichtigen Player im österreichischen Tourismus an einen Tisch bringen soll. Ziel sei es, eine bessere Zusammenarbeit von Bund, Ländern, Regionen und Gemeinden zu erreichen, um die verfügbaren Mittel effektiver einzusetzen. Das sei etwa wichtig, wenn es um neue Märkte gehe, wo ein gemeinsames Auftreten sinnvoll sei. Bundesministerin Elisabeth Köstinger habe vor Kurzem erklärt, dass sie jedes Gesetz auch nach seinen Auswirkungen auf den Tourismus prüfen wollen, das sei ein richtiger und ermutigender Ansatz, sagte Hauser.

Übereinstimmung herrschte bei den österreichischen GesprächsteilnehmerInnen, dass die Einbeziehung der Tourismusagenden in das Ministerium für Umweltschutz und Nachhaltigkeit sinnvoll ist zumal es viele inhaltliche Überschneidungen dieser Bereiche gebe. Das habe auch den politischen Stellenwert von Tourismusfragen gesteigert, meinte Maximilian Unterrainer (SPÖ), der die an der Sache orientierte Arbeitsweise des Ausschusses als dessen Stärke hervorhob.

Die deutsche Delegation interessierte sich besonders für die österreichischen Maßnahmen zur Bekämpfung des Fachkräftemangels, insbesondere durch die Verlängerung der Beschäftigungszeiten. Hauser erläuterte das Jahresarbeitszeitmodell, das gerade in mehreren Regionen erprobt werde, um MitarbeiterInnen von Saisonbetrieben ganzjährig zu beschäftigen. Dabei stellen die Betriebe in den Zwischensaisonen ihre Arbeitskräfte mit 20 Wochenarbeitsstunden an, das AMS bezahle weitere 10 Stunden. Auf diese Weise hoffe man, dem Trend von Fachkräften zur Abwanderung in andere Branchen etwas entgegensetzen zu können, erklärte Obernosterer. Wichtig sei es auch, ein gutes Arbeitsklima zu bieten.

Für Tourismusbetriebe seien vor allem Fragen der Arbeitszeiten bzw. deren Flexibilisierung wichtig. Das betreffe vor allem das Gastgewerbe, sagte Hauser. Selbstverständlich soll der Zwölfstundentag nicht zur Regelarbeitszeit werden, betonte er. Doch müsse sichergestellt werden, dass beispielsweise Gastronomiebetriebe Spitzenzeiten mit ihrem Personal abdecken können, fügte Obernosterer hinzu. Für NEOS-Mandatar Gerald Loacker gilt es zu überlegen, wie man Arbeitskräfte motivieren könne, Anstellungen im Tourismus anzunehmen. Dabei gehe es auch um Fragen der Zumutbarkeitsbestimmungen, stimmte er Hauser zu. Ein wichtiger Punkt sei aber auch ein gut ausgebautes Angebot an Kinderbetreuung.

Zur Frage der Stärkung der regionalen Strukturen und Förderung des Tourismus im ländlichen Raum erläuterte Hauser die Programme der Österreichischen Tourismusbank. Diese biete Beratung an und vergebe zinslose Darlehen, staatliche Haftungen sowie einen Zugang zu nicht rückzahlbaren Förderungen. Mit diesem Maßnahmenmix sei es gelungen, den Kapitalmangel, unter dem gerade kleine und mittlere Tourismusbetriebe leiden, zu beheben. Sehr erfolgreich sei auch ein spezielles Förderprogramm für Gasthäuser in ländlichen Regionen gewesen, das nun fortgeführt wird. FPÖ-Abgeordnete Sandra Wassermann (FPÖ) betonte, es sei wichtig, in die Digitalisierung des ländlichen Raumes zu investieren.

Ein weiteres Problem vieler Betriebe stelle die Unternehmensnachfolge dar, hier gebe es oft steuerrechtliche Fragen, welche die Nachfolge erschweren, sagte Hauser. Obernosterer meinte dazu, der Staat könne in diesem Bereich nicht alles regeln, es sei letztlich eine Entscheidung der Familien, an wen sie einen Betrieb übergeben. Allerdings könne man diese Entscheidung durch entsprechende Rahmenbedingungen begünstigen.

Hauser sieht eine grundlegende Frage in der Neugestaltung des Steuerrechts. Grundsätzlich könne man kleine Betriebe nicht mit den gleichen bürokratischen Vorschriften belasten wie Großbetriebe, meinte er. Wie Loacker verwies er auch auf die Notwendigkeit einer Senkung der Lohnnebenkosten. Loacker ist auch die Entrümpelung des Gewerberechts ein zentrales Anliegen. Gerade für kleine Betriebe werde es immer schwieriger, alle Auflagen zu erfüllen. Aus Sicht von Obernosterer ist es wichtig, Schritte bei digitalen Plattformen, wie airbnb, zu treffen. Man wolle sich neuen Entwicklungen nicht entgegenstellen, doch müssten auch neue Anbieter den steuer- und gewerberechtlichen Verpflichtungen unterliegen, wie traditionelle Tourismusbetriebe. Einen Schwarzmarkt im Beherbergungsbereich könne man nicht zulassen.

Neben Münzenmaier, der Vorsitzender des Tourismusausschusses im Bundestag ist, nahmen an dem Arbeitsbesuch in Wien Klaus-Peter Schulze (CDU/CSU), Gülistan Yüksel (SPD), Sabine Dittmar (SPD), Marcel Klinge (FDP), Kerstin Kassner (DIE LINKE) sowie Markus Tressel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) teil.

 

 

 

Allgemeine Informationen:
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