Delegation des deutschen Bundestags im Gespräch mit Nationalratsabgeordneten über
Herausforderungen der Tourismusbranche
Berlin/Wien (pk) - Eine Delegation des Tourismusausschusses des deutschen Bundestags unter Leitung von Sebastian
Münzenmaier (AfD) traf sich am 29. Mai zu einem Gedankenaustausch mit Mitgliedern des Tourismusausschusses
des österreichischen Nationalrats. In beiden Ländern steht die Tourismusbranche vor vergleichbaren Fragestellungen,
etwa was den Fachkräftemangel betrifft, die Frage von Betriebsübergaben und die Strukturprobleme im ländlichen
Raum.
Der Obmann des Tourismusausschusses im Nationalrat, Gerald Hauser (FPÖ), sowie ÖVP-Abgeordneter Gabriel
Obernosterer unterstrichen die gute Zusammenarbeit im Ausschuss selbst sowie mit anderen Fachausschüssen.
Der Tourismusausschuss sei zudem ein wichtiger Ansprechpartner für die Branche. So gelinge es auch, dass Gesetzesmaterien,
die an sich zu anderen Ausschüssen ressortieren, dem Tourismusausschuss zugewiesen und dort diskutiert werden
können.
Hauser berichtete auch über die aktuelle Tourismusstrategie, die alle wichtigen Player im österreichischen
Tourismus an einen Tisch bringen soll. Ziel sei es, eine bessere Zusammenarbeit von Bund, Ländern, Regionen
und Gemeinden zu erreichen, um die verfügbaren Mittel effektiver einzusetzen. Das sei etwa wichtig, wenn es
um neue Märkte gehe, wo ein gemeinsames Auftreten sinnvoll sei. Bundesministerin Elisabeth Köstinger
habe vor Kurzem erklärt, dass sie jedes Gesetz auch nach seinen Auswirkungen auf den Tourismus prüfen
wollen, das sei ein richtiger und ermutigender Ansatz, sagte Hauser.
Übereinstimmung herrschte bei den österreichischen GesprächsteilnehmerInnen, dass die Einbeziehung
der Tourismusagenden in das Ministerium für Umweltschutz und Nachhaltigkeit sinnvoll ist zumal es viele inhaltliche
Überschneidungen dieser Bereiche gebe. Das habe auch den politischen Stellenwert von Tourismusfragen gesteigert,
meinte Maximilian Unterrainer (SPÖ), der die an der Sache orientierte Arbeitsweise des Ausschusses als dessen
Stärke hervorhob.
Die deutsche Delegation interessierte sich besonders für die österreichischen Maßnahmen zur Bekämpfung
des Fachkräftemangels, insbesondere durch die Verlängerung der Beschäftigungszeiten. Hauser erläuterte
das Jahresarbeitszeitmodell, das gerade in mehreren Regionen erprobt werde, um MitarbeiterInnen von Saisonbetrieben
ganzjährig zu beschäftigen. Dabei stellen die Betriebe in den Zwischensaisonen ihre Arbeitskräfte
mit 20 Wochenarbeitsstunden an, das AMS bezahle weitere 10 Stunden. Auf diese Weise hoffe man, dem Trend von Fachkräften
zur Abwanderung in andere Branchen etwas entgegensetzen zu können, erklärte Obernosterer. Wichtig sei
es auch, ein gutes Arbeitsklima zu bieten.
Für Tourismusbetriebe seien vor allem Fragen der Arbeitszeiten bzw. deren Flexibilisierung wichtig. Das betreffe
vor allem das Gastgewerbe, sagte Hauser. Selbstverständlich soll der Zwölfstundentag nicht zur Regelarbeitszeit
werden, betonte er. Doch müsse sichergestellt werden, dass beispielsweise Gastronomiebetriebe Spitzenzeiten
mit ihrem Personal abdecken können, fügte Obernosterer hinzu. Für NEOS-Mandatar Gerald Loacker gilt
es zu überlegen, wie man Arbeitskräfte motivieren könne, Anstellungen im Tourismus anzunehmen. Dabei
gehe es auch um Fragen der Zumutbarkeitsbestimmungen, stimmte er Hauser zu. Ein wichtiger Punkt sei aber auch ein
gut ausgebautes Angebot an Kinderbetreuung.
Zur Frage der Stärkung der regionalen Strukturen und Förderung des Tourismus im ländlichen Raum
erläuterte Hauser die Programme der Österreichischen Tourismusbank. Diese biete Beratung an und vergebe
zinslose Darlehen, staatliche Haftungen sowie einen Zugang zu nicht rückzahlbaren Förderungen. Mit diesem
Maßnahmenmix sei es gelungen, den Kapitalmangel, unter dem gerade kleine und mittlere Tourismusbetriebe leiden,
zu beheben. Sehr erfolgreich sei auch ein spezielles Förderprogramm für Gasthäuser in ländlichen
Regionen gewesen, das nun fortgeführt wird. FPÖ-Abgeordnete Sandra Wassermann (FPÖ) betonte, es
sei wichtig, in die Digitalisierung des ländlichen Raumes zu investieren.
Ein weiteres Problem vieler Betriebe stelle die Unternehmensnachfolge dar, hier gebe es oft steuerrechtliche Fragen,
welche die Nachfolge erschweren, sagte Hauser. Obernosterer meinte dazu, der Staat könne in diesem Bereich
nicht alles regeln, es sei letztlich eine Entscheidung der Familien, an wen sie einen Betrieb übergeben. Allerdings
könne man diese Entscheidung durch entsprechende Rahmenbedingungen begünstigen.
Hauser sieht eine grundlegende Frage in der Neugestaltung des Steuerrechts. Grundsätzlich könne man kleine
Betriebe nicht mit den gleichen bürokratischen Vorschriften belasten wie Großbetriebe, meinte er. Wie
Loacker verwies er auch auf die Notwendigkeit einer Senkung der Lohnnebenkosten. Loacker ist auch die Entrümpelung
des Gewerberechts ein zentrales Anliegen. Gerade für kleine Betriebe werde es immer schwieriger, alle Auflagen
zu erfüllen. Aus Sicht von Obernosterer ist es wichtig, Schritte bei digitalen Plattformen, wie airbnb, zu
treffen. Man wolle sich neuen Entwicklungen nicht entgegenstellen, doch müssten auch neue Anbieter den steuer-
und gewerberechtlichen Verpflichtungen unterliegen, wie traditionelle Tourismusbetriebe. Einen Schwarzmarkt im
Beherbergungsbereich könne man nicht zulassen.
Neben Münzenmaier, der Vorsitzender des Tourismusausschusses im Bundestag ist, nahmen an dem Arbeitsbesuch
in Wien Klaus-Peter Schulze (CDU/CSU), Gülistan Yüksel (SPD), Sabine Dittmar (SPD), Marcel Klinge (FDP),
Kerstin Kassner (DIE LINKE) sowie Markus Tressel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) teil.
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