SPÖ beantragt, beide Abkommen abzulehnen
Wien (pk) - Am Ende des EU-Ausschusses des Bundesrats vom 28. Mai standen die Freihandelsabkommen der
EU mit den Mercosur-Staaten sowie mit Mexiko, Japan und Singapur auf der Tagesordnung. Das sorgte einmal mehr für
eine heftige Diskussion, zumal vor allem die SPÖ nicht nur gegen CETA, sondern auch gegen diese Abkommen grobe
Bedenken äußert. Bundesrat Stefan Schennach (SPÖ/W) legte daher auch zwei Anträge auf Stellungnahme
vor, in denen die SozialdemokratInnen ihre Kritik an den vorliegenden Texten zusammenfassen. Da sowohl hinsichtlich
Mercosur als auch in Bezug auf das Abkommen mit Mexiko noch nicht alles klar ausverhandelt ist, wurden diese beiden
Tagesordnungspunkte und damit auch die Anträge der SPÖ mehrheitlich mit den Stimmen von ÖVP und
FPÖ vertagt.
Abkommen mit den Mercosur-Staaten, mit Mexiko, Japan und Singapur
Über das Assoziierungsabkommen der EU mit den vier Gründungsmitgliedern der südamerikanischen Freihandelszone
Mercosur, Brasilien, Argentinien, Paraguay und Uruguay, wird seit 2000 verhandelt. Das sogenannte EU-Mercosur Association
Agreement soll laut Brüssel Zollschranken auf dem Markt beseitigen, der für Agrarexporte aus der EU von
großer Wichtigkeit ist. Wesentliches Ziel dieses Abkommens sei auch der Markenschutz für europäische
Produkte, um auch kleineren Firmen Exportchancen zu ermöglichen. Gleichzeitig sollen ArbeitnehmerInnenrechte,
Umweltschutz und verantwortungsvolles Handeln von Firmen gestärkt und Standards der Lebensmittelsicherheit
gesichert werden, so die Erläuterungen. Im EU-Unterausschuss des Nationalrats vom 4. Mai 2018 hatte Bundesministerin
Elisabeth Köstinger betont, einen "Beschluss um jeden Preis und auf Kosten der Landwirtschaft" werde
es nicht geben. Im aktuell als konsolidiert bezeichneten EU-Mercosur-Abkommen vermisst sie u.a. Schutzklauseln
für die Landwirtschaft und eine Verankerung des Vorsorgeprinzips. Für eine abschließende Bewertung
will die Ministerin allerdings das Verhandlungsergebnis abwarten. Sie rechnet zudem nicht mit einem zeitnahen Abschluss
des Abkommens.
Auch die Vertreterin des Wirtschaftsressorts bestätigte noch intensive Verhandlungen, insbesondere in Bezug
auf sensible landwirtschaftliche Produkte.
Noch heuer soll die Aktualisierung des EU-Handelsabkommens mit Mexiko unter Dach und Fach sein. Ende April haben
sich beide Seiten auf ein Grundsatzabkommen geeinigt. Grundsätzlich geht es um die Anpassung des bereits in
den Jahren 2000 und 2001 in Kraft getretenen bestehenden Abkommens, wesentlicher Bestandteil sind Landwirtschaftsexporte.
Ziele der Modernisierung sind die Verbesserung des gegenseitigen Marktzugangs für Waren, Dienstleistungen
und Investitionen, ferner eine vertiefte wirtschaftliche Integration, ein verbesserter Schutz geistigen Eigentums
und der Abbau von Handelshemmnissen. Durch das neue EU-Mexiko-Abkommen soll der Großteil des Warenaustauschs
zollfrei sein. Man will auch die bilaterale Zusammenarbeit intensivieren und Verbesserungen bei der nachhaltigen
Entwicklung erzielen. Die Kommission hofft, noch offene technische Details bis Jahresende 2018 zu klären.
Bereits beendet sind die Verhandlungen mit Japan und Singapur. In beiden Fällen wird ein Abkommen, das nur
die Kompetenzen der EU betrifft, vorgelegt. Diese enthalten keine Regelungen zum Investitionsschutz. Dafür
soll es dann separate, so genannte gemischte Investitionsschutzabkommen, geben, die auch von den nationalen Parlamenten
ratifiziert werden müssen.
Nahezu alle Zölle sollen durch das Wirtschaftspartnerschaftsabkommen zwischen der Europäischen Union
und Japan fallen. Einen Vorschlag hat die EU-Kommission dem Rat Mitte April übermittelt. Die Einigung mit
Japan wurde im Juli 2017 erzielt. Das Bundesministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort spricht
von der Schaffung signifikanter neuer Handels- und Investitionsmöglichkeiten und einer Verstärkung der
Zusammenarbeit in zahlreichen Bereichen. Auch hier soll der nachhaltigen Entwicklung besondere Bedeutung zukommen,
insbesondere auch beim Klimaschutz. Mit der Anwendung des EU-Japan-Abkommens werden die Zölle für rund
90% der EU-Ausfuhren wegfallen, bei vollständiger Umsetzung wird Japan die Zölle auf 97% der EU-Waren
abgeschafft haben. Bei den übrigen Zolltariflinien ist eine teilweise Liberalisierung in Form von Zollkontingenten
oder Zollsenkungen vorgesehen.
Die Kommission hat dem Rat auch einen Vorschlag für einen Beschluss zum Abschluss des Freihandelsabkommens
zwischen der Europäischen Union und der Republik Singapur übermittelt. Singapur ist ein wichtiger Partner
für den Zugang zum südostasiatischen Markt. Mit dem Abkommen sollen fast alle Zölle abgebaut und
eine überbordende Bürokratie beseitigt werden.
Schwerwiegende Bedenken von SPÖ und Arbeiterkammer
Die SPÖ stößt sich auch bei all diesen Abkommen am Investitionsschutz sowie an in ihren Augen mangelnder
Festlegung zur Gewährleistung der Nachhaltigkeit. So gibt Stefan Schennach zu bedenken, dass in den Mercosur-Staaten
grobe hygienische Mängel in der Lebensmittelproduktion auftreten und damit eine Gefahr für die hohen
europäischen Lebensmittelstandards bestehe. Auch sei das Vorsorgeprinzip nicht ausdrücklich im Vertrag
geregelt. Die SPÖ kritisiert zudem, dass in diesen Ländern europäische Standards deutlich unterschritten
werden und zur Gewinnung von Agrarflächen verpönte Praktiken, wie etwa (Brand-)Rodungen, angewendet werden.
Regelmäßig würde über Vertreibungen und Verletzung der Rechte der indigenen Bevölkerung
berichtet. Unklar bleibt für die SPÖ weiters, ob die demokratischen Mindestanforderungen an Handelsabkommen
eingehalten werden. Sie plädiert daher dafür, die Zustimmung zu Mercosur zu verweigern und weist darauf
hin, dass auch Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger medial vehementen Widerstand gegen das Abkommen
angekündigt hat. "Mercosur wird nicht besser, auch wenn man mit aller Gewalt versucht, dieses herbeizuführen",
sagte Schennach.
Auch beim geplanten Abkommen mit Mexiko orten die SozialdemokratInnen massive Mängel. Es enthalte zwar positive
Bestimmungen wie etwa ein Bekenntnis zum Klimaschutz und zur Korruptionsbekämpfung, allerdings fehlt die Möglichkeit,
diese Bestimmungen auch durchzusetzen, gibt Schennach in seinem Antrag zu bedenken. Außerdem kritisiert er
die Verankerung des Investorenschutzes, den es bislang in diesen Abkommen nicht gegeben hat. Auch im Nachhaltigkeitskapitel
fehlt der SPÖ ein Sanktionsmechanismus sowie ein ausreichendes Vorsorgeprinzip. Die SPÖ lehnt daher auch
dieses Abkommen ab.
Völlige Ablehnung kam auch seitens der Arbeiterkammer, vor allem in Hinblick auf den Investitionsschutz. Das
Problem sei, dass die Konzerne Staaten klagen können, sagte deren Expertin. Sie kritisierte ferner die Regulierungskooperation,
die eine demokratische Rückbindung nicht vorsieht. Außerdem bezweifelt sie die erwarteten Wachstumseffekte.
Dem hielt die Vertreterin des Wirtschaftsministeriums entgegen, dass es keinen Verlust an demokratischer Kontrolle
geben werde, denn diese werde weiterhin bestehen, wo es Kompetenzen der Mitgliedstaaten gibt. Außerdem werde
das Parlament über sämtliche Entwicklungen informiert.
Einen kurzen Schlagabtausch gab es auch zwischen SPÖ und FPÖ, nachdem die Bundesräte Stefan Schennach
(SPÖ/W) und Wolfgang Beer (SPÖ/W) den Freiheitlichen einen Sinneswandel bei CETA und allgemein in der
Frage von Handelsabkommen vorgeworfen hatte. Daraufhin konterte Monika Mühlwerth (FPÖ/W), es sei der
SPÖ Bundeskanzler gewesen, der CETA unterschrieben habe. Außerdem sei CETA entschärft. Die SPÖ
sei daher unglaubwürdig und populistisch.
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