Titschenbacher: Qualitätsmilch braucht einen fairen Preis
Graz (lk-stmk) - "Die heimischen Milchbauern gehen konsequent den Qualitätsweg und bringen neben
ausschließlich gentechnikfreier Qualitätsmilch auch diversifizierte Sorten wie beispielsweise Biomilch,
Heumilch oder Bio-Heumilch in die Regale", betont der steirische Landwirtschaftskammer (LK)-Präsident
Franz Titschenbacher. An die Adresse des Lebensmittelhandels in Österreich stellt er aber in aller Deutlichkeit
klar: "Die momentan angespannte Milchmarktlage zu nutzen, um noch höhere Produktionsstandards bei den
Bauern zum Nulltarif durchzusetzen, ist unlauter und inakzeptabel. Noch höhere Standards haben ihren Preis.
Ein Mercedes ist auch nicht für den Preis eines Mittelklassewagens zu haben."
Neue Auflagen bedeuten höhere Erzeugerkosten und müssen auf Produktpreis umgelegt werden
Diverse höhere und neue Auflagen bedeuten für die Milchbauern Veränderungen auf den Betrieben, Mehraufwand
und somit höhere Kosten, teure Kontrollen sowie Kostensteigerungen bei der Sammlung und Verarbeitung. "Diese
Zusatzkosten müssen auf den Produktpreis umgelegt werden und dürfen keinesfalls die Produzenten zusätzlich
belasten", bekräftigt der Kammerpräsident.
Milchbauern bekommen wieder weniger vom Endverbraucherpreis
Für einen Liter Milch bekommen die Milchbauern derzeit im Schnitt (Jänner bis April 2018) nicht einmal
ein Drittel (28,7%) oder nur magere 32,86 Cent (!) vom Preis im Supermarktregal. Damit lassen sich die Herstellungskosten
der Milchbauern leider nicht decken. Das Auseinanderklaffen der Preis-Kosten-Schere führte in den vergangenen
Jahren dazu, dass besonders viele Milchviehbetriebe ihre Stalltüren für immer geschlossen haben.
Aktionitis schadet den Bauern - Konsumenten-Ersparnis mit 3 Euro pro Jahr relativ
Titschenbacher verurteilt die zuletzt wieder verstärkt angelaufene Aktionitis der Handelsketten bei Milch-
und Milchprodukten auf das Schärfste: "Wer mit Milch und Milchprodukten schleudert und damit Konsumenten
in die Geschäfte lockt, gefährdet die Existenzen unserer bäuerlichen Familienbetriebe, insbesondere
in den ohnehin sehr benachteiligten Berggebieten." Und er rechnet anhand eines aktuellen Beispiels vor: "Ein
um vier Cent rabattiertes Milchpackerl tut den Bauern sehr, sehr weh. Auf ein Jahr hochgerechnet ist der Ersparnisfaktor
für den Konsumenten mit drei Euro relativ."
Problem Eigenmarken - Wegweiser AMA-Gütesiegel
Die heimischen Milchbauern haben hohe Produktionsstandards - von der gentechnikfreien Fütterung bis besondere
Tierwohl- und Tierschutzvorgaben, die sehr kostenintensiv sind - einzuhalten. "Bei Eigenmarken besteht die
Gefahr, dass weder die Herkunft der Milch noch die Produktionsstandards klar nachvollziehbar und erkennbar sind.
Die Tür für Billigmilch aus dem Ausland wird damit geöffnet", zeigt der Kammerpräsident
das große Problem der Austauschbarkeit auf. Und er verlangt: "Dieser Konsumententäuschung ist ein
Riegel vorzuschieben, indem die Rohstoffherkunft von Eigenmarken für die Konsumenten auf den ersten Blick
ersichtlich gekennzeichnet wird. Der Wegweiser für eine sichere heimische Herkunft von Milch- und Milchprodukten
ist das AMA-Gütesiegel." Der Eigenmarken-Anteil bei Milch steigt kontinuierlich und liegt im ersten Quartal
2018 bereits bei 66% (2017: 64%).
Rinderbauern pflegen schöne Landschaft im Wert von 220 Mio. Euro
"82% unserer Gäste kommen wegen der schönen Landschaft und der Natur, um sich zu erholen. Dass aber
die Bauern diesen Erholungswert sichern und damit auch die schöne abwechslungsreiche Landschaft mit Wiesen,
Feldern, Weiden und Almen, wird grob unterschätzt oder oft gar nicht erkannt", führt Titschenbacher
ins Treffen. Und weiter: "Allein die jährlichen Pflegekosten dieser knapp 205.000 ha Dauergrünland
würden der öffentlichen Hand 220 Mio. Euro kosten, wenn es die Bauern nicht mehr tun würden."
Milchbäuerin Maria Kopper aus Grafendorf: "Als Milchbäuerin ist mir wichtig, dass die Konsumenten
wissen, woher die Milch- und Milchprodukte kommen und unter welchen Standards sie gewonnen werden. Beim Lebensmitteleinkauf
orientiere ich mich am AMA-Gütesiegel, an der regionalen Herkunft und an der biologischen Produktionsweise."
Und weiter: "Die Marktmacht des Lebensmittelhandels wirkt sich negativ auf den Milchpreis aus. Die Supermarktketten
sollten ihre Marktmacht nicht auf den Rücken der bäuerlichen Familienbetriebe austragen."
Was die heimischen Molkereien für die Stabilisierung des Milchpreises tun
Die Berglandmilch sieht sich als Allrounder und setzt wieder auf die Glasflasche für Milch und Joghurt, wie
Vorstand Johann Pretterhofer erläutert: "Wir wollen als Genossenschaft weiter als Allrounder eine Vielfalt
an Käse- und Molkereiprodukten anbieten. Deshalb wurde immer kräftig in Erweiterungen von Reiferäumen
sowie in moderne Abfüll-, Verarbeitungs- und Verpackungsanlagen investiert. Dabei haben wir den Fokus auf
die jährliche Anlieferungssteigerung und damit auf die Kapazitätsausweitung gesetzt und gehen auf die
neuen Bedürfnisse der Kundinnen und Kunden punktgenau ein." Und weiter: "Dabei erzeugen wir nicht
nur neue, moderne Produkte, sondern passen auch die Packungsgrößen unserer bewährten Milch- und
Käseerzeugnisse dem heutigen Lebensstil an." Pretterhofer hebt auch eine besondere Neuigkeit hervor -
Milch und Joghurt gibt es wieder in der Glasflasche: "Mit der neuen leichten Glasflasche ist uns ein positiver
Start gelungen, der uns zuversichtlich stimmt."
Bei der Obersteirischen Molkerei setzt man hingegen auf die Optimierung der Eigenkosten und den EU-Binnenmarkt.
Obmann Jakob Karner: "Nachdem wir österreichischen Molkereien den Markt nicht wirklich beeinflussen können,
versuchen wir unsere eigenen Kosten zu optimieren." Und weiter: "Außerdem verstärken wir die
Produktion von hochwertigen Schnitt- und Hartkäsen, weil wir diese Spezialitäten als Nischenprodukte
auf dem europäischen Markt erfolgreich platzieren können. Diesen Weg werden wir weiter ausbauen. Daher
haben wir in den vergangenen Jahren unsere Käseküche und die Käsereifung im Murtal ausgebaut."
Karner ist optimistisch: "Der Erfolg des vergangenen Jahres zeigt, dass diese Strategie gut aufgeht."
Und bei der Ennstalmilch sieht man das Mengenreduktionsmodell sowie den Mehrabsatz von Spezialprodukten als gangbaren
Weg. "Aufgrund der starken Mehrproduktion im Vorjahr haben auch wir seit März 2018 ein Reduzierungsmodell
beschlossen. Konkret gibt es einen Abschlag von zehn Cent, wenn mehr geliefert wird als im Vergleichszeitraum des
Vorjahres. Wir werden dieses Modell erst dann wieder aussetzen, wenn sich die Produktionsmengen in etwa dem Vorjahresniveau
anpassen", so Obmann Herrmann Schachner. Und er betont: "Weiters wird es uns möglich sein, durch
die neuen Produktionslinien für Spezialprodukte - die dritte aseptische Cartocan-Anlage, die zweite aseptische
Becherfüllanlage sowie die aseptische Glas- und Pet-Abfüllanlage - entsprechende Mehrmengen am Markt
unterzubringen. Gleich wie andere Molkereien ist es uns schon möglich, bis zu 3% mehr heimischer Milch in
Binneneuropa zu vermarkten. Aber Produktionssteigerungen von 10% und mehr, wie vor ein paar Monaten, können
wir nicht mehr zu vernünftigen Preisen auf dem Markt unterbringen."
Zum Weltmilchtag kommen Milchbäuerinnen und Milchbauern nach Graz
Anlässlich des bevorstehenden Weltmilchtages am 1. Juni kommen die steirischen Milchbäuerinnen und Milchbauern
in die Landeshauptstadt und informieren über die Vorzüge frischer heimischer, gentechnikfreier Milch
und Milchprodukte. So können sich die Grazerinnen und Grazer am Eisernen Tor mit natürlichen Energydrinks
stärken. In Judenburg, Knittelfeld, Leoben (jeweils Hauptplatz) und in Kapfenberg Redfeld (Spar) suchen die
Milchbauern ebenso den Kontakt zur Bevölkerung. Der internationale Tag der Milch findet 2018 zum 61. Mal in
über 30 Ländern statt.
|