Kurz: "Österreich trägt Verantwortung
 für Verbrechen der Shoah"

 

aktualisiert
11. 06. 18
17:00 MEZ

Besuch der Gedenkstätte Yad Vashem zum Auftakt des Israel-Besuchs – Netanjahu: Kurz wahrer Freund des jüdischen Volkes
Jerusalem/Wien (bka/övp-pd) - Im Zuge der Israel-Reise von Bundeskanzler Sebastian Kurz stand der Besuch der Gedenkstätte Yad Vashem im Mittelpunkt des ersten Tages (10. Juni). Er betonte dabei die Verantwortung Österreichs für die Gräueltaten während des Holocaust: "Österreich trägt die schwere Verantwortung für die schrecklichen und beschämenden Verbrechen, die in der Shoah begangen wurden. Wir wissen, dass wir für unsere Geschichte verantwortlich sind." Sebastian Kurz und der Vorsitzende von Yad Vashem, Avner Shalev, unterzeichneten ein Grundsatzabkommen, das Yad Vashem den Zugang zum Österreichischen Staatsarchiv und der Mauthausen-Gedenkstätte ermöglicht. Ein zwischen Bundesminister Heinz Faßmann und Avner Shalev unterzeichnetes Abkommen soll es Hunderten Lehrenden ermöglichen, an Schulungen in Yad Vashem teilzunehmen. Zudem wurde unterstrichen, dass sich Österreich mit einer Million Euro am geplanten Bau eines neuen Shoah Heritage Collections Center beteiligen wolle.

Israel und die EU
Der bevorstehende EU-Ratsvorsitz sei auch eine Möglichkeit, auf die in Europa oftmals "nicht ausreichend verstandene Sicherheitssituation Israels" hinzuweisen: "In Europa ist nicht nur der Kampf gegen Antisemitismus wichtig, sondern auch ein ordentliches Bewusstsein für die Situation und die Notwendigkeiten Israels. Wenn Antisemitismus-Wortmeldungen gegen Israel in der Region noch immer auf der Tagesordnung stehen, dürfen wir als Europäische Union nicht wegsehen." Als Freund und Partner Israels habe man das Sicherheitsbedürfnis ernst zu nehmen.

Treffen mit Holocaust-Überlebenden
Nach dem Besuch des Herzl-Museums zu Ehren des Begründers des politischen Zionismus und der Kranzniederlegung am Grab des ehemaligen Präsidenten Shimon Peres traf Bundeskanzler Sebastian Kurz Überlebende des Holocaust. Er sprach ihnen gegenüber eine Einladung nach Österreich aus und wies auf die positive Erfahrung von Jugendaustauschprogrammen hin, die sich als Garant für die wachsende Freundschaft erweisen würden. Abschließend stand noch der Besuch der im Jahr 1998 gegründeten Max Rayne Hand-in-Hand School der Jerusalem Foundation auf dem Programm. Dort werden Hebräisch und Arabisch sprechende Kinder vom Kindergarten bis zum Schulabschluss gemeinsam unterrichtet.

   

Bei einem Treffen mit Israels Premier Benjamin Netanjahu wurden die bilateralen Beziehungen zwischen Österreich und Israel vertieft
"Kurz ist ein wahrer Freund von Israel und dem israelischen Volk", betonte der israelischen Ministerpräsident Benjamin Netanyahu am 11. Juni nach seinem Treffen mit Bundeskanzler Sebastian Kurz. Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz, die im Anschluss an das Arbeitstreffen stattfand, zitierte er Kurz, der gesagt hatte, dass Österreich nicht nur Opfer, sondern auch Täter war. "Das sind mutige und kühne Worte." Netanjahu schätze die Schritte, die die die Österreichische Regierung in den letzten Wochen unternommen habe. Weiters hofft er, andere europäische Spitzenpolitiker "folgen deinem Beispiel."
"Frischen Wind" in bilaterale Beziehungen

Netanjahu begrüßt außerdem, dass Kurz sich dafür einsetzen will, dass in der EU die Sicherheitsbedenken Israels stärker beachtet werden. Kurz bringe "frischen Wind und Führungskraft" in die Beziehungen zwischen Österreich und Israel. Als Zeichen seiner Wertschätzung bedankte er sich beim österreichischen Bundeskanzler mit den Worten "Danke und willkommen, mein Freund".

Kurz hatte Im Vorfeld seines Treffens mit Netanjahu betont, dass es unabdinglich sei, das Sicherheitsbedürfnis Israels ernst zu nehmen: "Ich glaube, dass nicht nur der Kampf gegen Antisemitismus in Europa wichtig ist, sondern dass auch ein ordentliches Bewusstsein für die Situation und die Notwendigkeiten Israels wichtig sind."

Bekenntnis zu Mitschuld am Holocaust
Anlass der dreitägigen Reise ist das Gedenkjahr 1938/2018. Seine erste Station führte Kurz am Sonntag zur Holocaust-Gedenkstätte nach Yad Vashem. Österreich will sich mit einer Million Euro am geplanten Bau eines neuen Shoah Heritage Collections Center beteiligen. "Das ist ein Zeichen dafür, dass wir uns unserer Verantwortung aufgrund unserer Gesichte zum Staat Israel bewusst sind", so Kurz.

In ihrem Regierungsprogramm bekennt sich die ÖVP-FPÖ-Koalition zur Mitschuld und Verantwortung Österreichs am Holocaust. Österreich hat eine historische Verantwortung in Israel und muss für seine Mitverantwortung am Holocaust einstehen – so der Tenor.

Ende der "Schlussstrich-Debatte"
Die Mitverantwortung Österreichs strich Sebastian Kurz auch bei einem Abendessen mit Holocaustüberlebenden am Sonntagabend hervor. Bildungsminister Heinz Faßmann begleitete ihn. Auch er betonte, dass er gegen eine „Schlussstrich-Debatte“ im Umgang mit den Verbrechen des Holocausts sei. Der Bundeskanzler lud die Holocaustüberlebenden im Anschluss nach Österreich ein: "Die Regierung will alle einladen, noch einmal Österreich zu besuchen, die das möchten und fit genug sind."

 

 

 

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