„Wie können wir die Jugend (wieder) für Demokratie begeistern?“
Linz (lk) - Im heurigen Gedenkjahr wurde für das Föderalismus-Symposium des Oö. Landtags
bewusst der Themenbereich politische Bildung und Demokratievermittlung und als Veranstaltungsort die Pädagogische
Hochschule der Diözese in Linz ausgewählt. „Wir blicken auf 100 bewegte Jahre seit der Gründung
der Republik zurück. Die Entwicklung einer stabilen Demokratie ab 1945 war die Grundvoraussetzung für
persönliche Freiheit und breiten Wohlstand. Dennoch werden immer öfter die Institutionen der Demokratie
– insbesondere Parlamente – in Frage gestellt. Unzufriedenheit und Misstrauen äußern sich vor allem
bei Jugendlichen allzu oft in Radikalisierung und Extremismus. Wir müssen aktiv gegensteuern und die Jugend
wieder für Demokratie begeistern“, ist Landtagspräsident Sigl überzeugt.
Was kann die Politik aktiv zur politischen Bildung und Demokratievermittlung beitragen? Welche Chancen bieten föderale
Systeme dafür? Wie soll politische Bildung in Schulen gestaltet werden und wie muss der politische Dialog
mit Jugendlichen im digitalen Zeitalter aussehen? – Ihre Ideen und Impulse zu diesen Fragestellungen brachten neben
zwei hochkarätigen Gastreferenten auch Landeshauptmann Mag. Thomas Stelzer, die Klubobleute der vier Landtagsparteien
sowie zwei engagierte Lehrkräfte und die drei Landesschulsprecher ein.
„Unsere Demokratie ist stabil. Aber wir müssen auch auf gewisse Entwicklungen achten. Wir dürfen uns
daher keineswegs in Sicherheit wiegen oder auf altbewährte Rezepte vertrauen oder darauf, dass schon irgendwie
alles gut geht. Es ist unsere Pflicht, dass wir uns selbstbewusst um die Demokratie kümmern und für sie
öffentlich einstehen“, betonte Landeshauptmann Mag. Thomas Stelzer in seiner Rede und hielt zugleich ein Plädoyer
für die politische Bildung und dafür, dass junge Menschen mehr Verantwortung übernehmen sollen.
Denn eine Demokratie lebe auch von ständiger Erneuerung mit frischen Ideen. „Das zu ermöglichen ist unser
Auftrag.“
Sigrid Meinhold-Henschel von der Bertelsmann-Stiftung in Deutschland sieht den Bildungsauftrag, junge Menschen
für die Mitgestaltung des demokratischen Gemeinwesens zu gewinnen und berichtete in ihrem Beitrag über
das erfolgreiche Projekt „jungbewegt“ in deutschen Landtagen und Kommunen. „Demokratiebildung hat einen hohen Stellenwert,
in der Praxis schlägt sich das oft nicht nieder. Erfolgreich ist es nur, wenn die Lebenslage der Kinder und
Jugendlichen als Ausgangspunkt des Prozesses gewählt wird und sich politische Akteure und Lehrkräfte
das Thema ernsthaft zu Eigen machen und gute Rahmenbedingungen schaffen“, so Meinhold-Henschel. Für sie ist
es auch notwendig, dass pädagogische Fachkräfte Kompetenzen für die Förderung von Engagement,
Partizipation und Demokratiebildung in Aus-, Fort- und Weiterbildung erwerben.
Univ.-Prof. Peter Parycek, Leiter des Kompetenzzentrums Öffentliche IT am Fraunhofer Fokus Institut Berlin
und Professor an der Donau-Uni Krems, lieferte in seinem Referat Ideen, um das Vertrauen von Jugendlichen in Institutionen
zu stärken. Er betonte dabei, dass auch Online-Interaktionen als Fundament der Demokratie dienen können.
„Erfolgreiche und zeitgemäße Technologienutzung durch staatliche und demokratische Institutionen stärkt
das Vertrauen von Jugendlichen in diese. Wir können Jugendliche für Politik begeistern, wenn zur Kommunikation
Soziale Medien genutzt, Inhalte in einfacher Sprache und in Form von Videos publiziert sowie alle realen Formen
des Austausches digital vor- und nachbereitet werden“, sieht Parycek noch Potenzial in den Online-Interaktionen
der Institutionen.
Auch die Zielgruppen waren in einer Talkrunde am Wort. So stellten die Pädagog/innen Mag.a Ingrid Zobl-Mittermayr
(Professorin am WRG/ORG der Franziskanerinnen Wels) und Bernhard Leitgeb (Berufsschuldirektor in Mattighofen) sowie
die Schülervertreter – Magdalena Stefely, Benedikt Neuhuber und Martin Steiner – ihre Erwartungen an die Landesparlamente
vor. „Die Schülervertreterinnen und Schülervertreter und Lehrkräfte haben uns klargemacht, dass
wir nicht nur Projekte für Jugendliche machen sollten, sondern vor allem die Jugendlichen – also die jungen
Menschen bereits in die Entwicklungsphase einbeziehen sollten. Weiters soll Politik erlebbarer und vor allem greifbarer
werden und Informationen aus erster Hand liefern“, erklärt Sigl.
(Landes)Parlamente als reale und digitale Lernorte verankern
„Zum einen ist es wichtig, die politische Bildung in den Schulen zu verstärken und ein Pflichtfach in allen
Schultypen zu verankern. Zum anderen müssen aber auch wir Politikerinnen und Politiker noch stärkere
Botschafter für politische Bildung sein. Wir müssen die Vorteile unseres föderalen Systems noch
stärker nutzen – vor allem die größere Bürgernähe der Landes- und Gemeindeebene. Es braucht
noch mehr Projekte mit ´Erlebniseffekt`, wie zum Beispiel die Workshops der ´Werkstatt für Demokratie
in OÖ`, die der Oö. Landtag seit vier Jahren anbietet. Wichtig ist dabei eine gelungene Verknüpfung
von realen und digitalen Angeboten“, ist Sigl überzeugt.
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