Platter: „Statt Absichtserklärungen braucht es konkrete Strategie zur Transitbekämpfung“
– Felipe: „Es braucht keine Symbolpolitik sondern wirksame Umsetzungsarbeit“
Berlin/München/Trient/Bozen/Innsbruck (lk) - Über 20 Prozent mehr LKW überquerten in den
letzten 17 Monaten im Vergleich zu jenen davor den Brenner, ein Rekordwert von 2,25 Millionen LKW im Jahr 2017
und die Tatsache, dass die Zahl der auf der Schiene transportierten Güter stagniert: Für Tirols LH Günther
Platter Entwicklungen, die nicht länger akzeptiert werden. Beim Brenner-Transit-Gipfel vom 12. Juni im NOI
Techpark in Bozen waren es der österreichische Verkehrsminister Norbert Hofer, die bayerische Verkehrsministerin
Ilse Aigner und der deutsche Verkehrsstaatssekretär Steffen Bilger, Südtirols LH Arno Kompatscher und
Trentinos LH Ugo Rossi sowie Enrico Puija vom italienischen Verkehrsministerium, die sich unter der Koordination
von Pat Cox mit dem Transitverkehr entlang der Brennerachse auseinandersetzten.
Zusatzprotokoll mit konkreten Maßnahmen
Das Ergebnis des Treffens: „Wir haben heute klar gemacht, dass die Transitsituation nicht mehr tragbar ist und
es mit den Ausreden und Vertröstungen reicht – ich lasse es nicht zu, dass die Tirolerinnen und Tiroler gepflanzt
werden“, sagte LH Platter hinsichtlich dem von ihm nicht unterzeichneten Gipfel-Memorandum. „Ich habe stets betont,
dass ich meine Unterschrift nur setze, wenn es spürbare Verbesserungen für die Tiroler Bevölkerung
gibt. Das ist nicht der Fall: Wir haben bereits 2009 alle relevanten Maßnahmen in den Brenneraktionsplan
mit aufgenommen. Der heutige Plan wäre erneut ohne konkrete und bindende Maßnahmen, ohne Zeit- und Verlagerungsplan.
Wir brauchen keine weiteren Absichtserklärungen, die in das Leere führen. Was wir brauchen sind handfeste
Zusagen aller Beteiligten und eine konkrete Verlagerungsstrategie“, sagte LH Platter, dass seine Unterschrift unter
eine weitere zahnlose Absichtserklärung ein „Verrat an die Tiroler Bevölkerung gewesen wäre“.
Maßnahmenbündel zur Transiteindämmung
So forderte Tirols Landeshauptmann gemeinsam mit den Landeshauptleuten von Südtirol und dem Trentino und Unterstützung
von BM Hofer ein Zusatzprotokoll, das wesentlichen Punkte wie die Umsetzung der Korridormaut von München bis
nach Verona, ein klar definierter Verlagerungsplan zur Stärkung der Schiene, eine LKW-Obergrenze, die Anerkennung
der Blockabfertigung sowie die prioritäre Umsetzung einer neuen Infrastruktur beinhaltete. „Auf dieses Zusatzprotokoll
wollte sich Deutschland nicht einlassen, es soll aber im Oktober von allen Partnern diskutiert werden. Damit fehlen
konkrete Entlastungen für die Tirolerinnen und Tiroler“, erinnerte LH Platter die Teilnehmenden, dass es höchste
Zeit sei, zu handeln. „Aktionspläne machen nur Sinn, wenn sie auch umgesetzt werden. Wir fordern auch die
Nationalstaaten als auch die Europäische Union dazu auf, ihren Verpflichtungen nachzukommen und für entsprechende
Regelungen zu sorgen.“
Verlagerungsstrategie braucht Obergrenze und Korridormaut
LH Platter will den Schwerverkehr jedenfalls auf die Schiene bringen. „Derzeit gibt es schlicht und einfach keine
Kostenwahrheit – der Transport auf der Straße ist viel zu billig. Es braucht die Harmonisierung der Bahnsysteme
sowie den Bau einer modernen, nachhaltigen und hochleistungsfähigen Infrastruktur wie der Brenner Basistunnel“,
fordert LH Platter hinsichtlich eines konkreten Verlagerungsplanes mit Fahr- und Zeitplänen „Nägel mit
Köpfen“ zu machen. In diesem Zusammenhang sei auch die Korridormaut sowie die LKW-Obergrenze unverzichtbar.
Blockabfertigungen finden auch in Zukunft statt
Hinsichtlich der Blockabfertigungen sagte LH Platter: „Die Rechnung ist einfach: Steigt der Verkehr weiter an,
steigt auch die Zahl der für einen Verkehrskollaps risikoreichen Tage, was mehr Blockabfertigungen zur Folge
hat. Bayern macht aus den seit Oktober durchgeführten 22 Blockabfertigungen eine Staatsaffäre, ein paar
Meter daneben hat Bayern an knapp 100 Tagen zu Verzögerungen und Staus durch Grenzkontrollen gesorgt. Für
dieses Messen mit zweierlei Maß hat niemand Verständnis“, verwies LH Platter auch auf die Verzögerungen
durch die von Deutschland durchgeführten Grenzkontrollen. „Solange keine Besserung in Sicht ist, halten wir
an den Blockabfertigungen fest.“
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Nach intensivem Brennergipfel geht die Arbeit weiter
Nach dem zweiten Brenner-Transit-Gipfel zieht die für Tirol zuständige Verkehrsreferentin LHStvin
Ingrid Felipe Bilanz: „Es wäre natürlich wünschenswert gewesen, wenn alle VertreterInnen der Staaten
und Länder beide Protokolle unterschrieben hätten. So gilt es, betreffend unserer Vorschläge weiterhin
intensive Überzeugungsarbeit zu leisten.“
An dem von den Ländern Tirol, Südtirol und dem Trentino eingebrachten Zusatzprotokoll und dem ursprünglichen
Memorandum of Understanding gilt es nun weiter zu arbeiten und wirksame Maßnahmen baldigst umzusetzen: „Die
Verkehrssituation für die Tiroler Bevölkerung ist so nicht mehr tragbar. Das haben wir unseren Verhandlungspartnern
gestern auch mitgeteilt. Reine Absichtserklärungen bringen uns nicht weiter: Es muss gehandelt werden!“, stellt
LHStvin Felipe klar und fügt hinzu: „Die Zeit der Symbolpolitik ist vorüber. Schon mit dem heutigen Tag
beginnt die Umsetzungsarbeit beim Brenner-Corridor-Platform-Treffen in Innsbruck und nächste Woche bei der
Mobilty Conference in Trento. Dort werden die international besetzten Fachgruppen die gestern formulierten Forderungen
bearbeiten.“
Mit seiner Unterschrift unter das Zusatzprotokoll zeigte der Bundesminister für Verkehr, Norbert Hofer, dass
auch die Republik Österreich das Land Tirol bei der Bekämpfung der Transitlawine unterstützt. „Mit
dem Memorandum of Understanding und dem Zusatzprotokoll haben wir klar formulierte Ziele: eine Mautangleichung
auf der gesamten Brennerstrecke, eine weitere Verlagerung des Güterverkehrs auf die Schiene, das Beibehalten
des temporären Dosiersystems und die konsequente Umsetzung des Brenner-Basis-Tunnels“, blickt die Landesrätin
für Verkehr Ingrid Felipe in die Zukunft.
Zusätzliche Verschärfungen seien für LHStvin Felipe unabdingbar: „Beim sektoralen Fahrverbot gilt
es nach zu legen und auch für die unterschiedlichen Erscheinungsformen der Euro VI-LKW eine klare Regelung
zu finden. Dasselbe gilt für das Nachtfahrverbot. Auch dort werden wir spürbar nachschärfen“, kündigt
Felipe an. Die Vorarbeiten dazu seien im vollen Gange.
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