Wittgenstein-Preise 2018 vergeben…

 

erstellt am
13. 06. 18
13:00 MEZ

…an den Informatiker und Mathematiker Herbert Edelsbrunner sowie an die Ethnomusikologin Ursula Hemetek – Sechs Spitzennachwuchsforscherinnen und -forscher in das prestigeträchtige START-Programm aufgenommen
Wien (fwf) - Während seiner Israel-Reise zur Unterzeichnung eines neuen Memorandum of Understanding zwischen dem FWF und dem israelischen Wissenschaftsministerium – im Beisein von Bundeskanzler Kurz und Premierminister Nethanyahu – hatte Klement Tockner, Präsident des FWF, auch zwei „nationale Verpflichtungen“. Die internationale START/Wittgenstein-Jury tagte am vergangenen Wochenende in Wien und präsentierte ihren Entscheidungsvorschlag für die beiden Wittgenstein-Preisträger 2018. FWF-Präsident Tockner hatte somit die angenehme Aufgabe, den Informatiker und Mathematiker Herbert Edelsbrunner, tätig am Institute for Science and Technology (IST) Austria, sowie die Ethnomusikologin Ursula Hemetek vom Institut für Volksmusikforschung und Ethnomusikologie an der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien zu informieren.

„Der Wittgenstein-Preis ist die höchstdotierte und prestigeträchtigste wissenschaftliche Auszeichnung in Österreich. Ihn zu erhalten ist eine Bestätigung für allerhöchste Exzellenz über einen längeren Zeitraum“, so FWF-Präsident Klement Tockner, und weiter: „Ich gratuliere den beiden Wittgenstein-Preisträgern sowie den sechs Spitzennachwuchsforschern zu ihren START-Preisen ganz herzlich. Diese Auszeichnungen sind eine außerordentliche Anerkennung, aber zugleich eine Verpflichtung für zukünftige, grenzüberschreitende wissenschaftliche Arbeit“.

Während der Wittgenstein-Preis mit Herbert Edelsbrunner bereits zum dritten Mal an einen Wissenschaftler des IST Austria ging (2012: Thomas Henzinger; 2016: Peter Jonas), reüssierte mit Ursula Hemetek erstmals seit Bestehen des Wittgenstein-Preises 1996 eine Wissenschaftlerin einer Kunstuniversität.

Wittgenstein-Preis und START-Programm
Der Wittgenstein-Preis richtet sich an exzellente Forscherinnen und Forscher aller Fachdisziplinen, die herausragende Leistungen erbracht haben. Die heuer mit je 1,4 Mio. € dotierte Auszeichnung unterstützt die Forschung der Preisträgerin bzw. des Preisträgers und garantiert Freiheit und Flexibilität bei der Durchführung herausragender Forschungsarbeiten. Den Wittgenstein-Preisträgerinnen und -Preisträgern wird damit eine außergewöhnliche Steigerung ihrer wissenschaftlichen Leistungen ermöglicht. Für die Vergabe 2018 wurden insgesamt 21 Persönlichkeiten für den Wittgenstein-Preis nominiert. Der Entscheidungsvorschlag – basierend auf Fachgutachten ausländischer Expertinnen und Experten – wurde von der internationalen START/Wittgenstein-Jury zusammengestellt. Die Jury setzt sich aus renommierten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus dem europäischen und außereuropäischen Ausland zusammen, um eine bestmögliche Objektivierung der Entscheidung sicherzustellen. Die Jury tagte unter der Vorsitzführung von Janet Wolff von der University of Manchester, UK.

Das START-Programm richtet sich an junge Spitzenforschende aller Fachdisziplinen, denen die Möglichkeit gegeben wird, auf längere Sicht und finanziell weitgehend abgesichert ihre Forschungen zu planen. START-Projektleiterinnen und -Projektleiter sollen sich durch den eigenverantwortlichen Aufbau bzw. Ausbau und die Leitung einer Arbeitsgruppe für eine Führungsposition im Wissenschaftssystem qualifizieren. Die START-Projekte sind mit jeweils bis zu 1,2 Mio. € dotiert.

Wittgenstein 2018
Herbert Edelsbrunner zählt zu den weltweit führenden Forschern in der Computer-Geometrie und -Topologie. Dieses Teilgebiet der Informationswissenschaften und der Mathematik beschäftigt sich mit der computergerechten Umsetzung von geometrischen und topologischen Tatbeständen und mit der Anwendung in verschiedensten Zweigen der Natur- und Ingenieurwissenschaften. Edelsbrunner trug wesentlich zum fundamentalen Aufbau der Computer-Geometrie im letzten Viertel des letzten Jahrhunderts bei. Um die Jahrtausendwende war er dann entscheidend an der Begründung der Computer-Topologie beteiligt. Man kann sich dieses neue Gebiet als logische Erweiterung der Computer-Geometrie vorstellen, allerdings basiert es auf anderen mathematischen Fundamenten, was erklärt, warum nur wenige Forscherinnen und Forscher in beiden Gebieten aktiv tätig sind.

Die Förderung durch den Wittgenstein-Preis wird es Edelsbrunner erlauben Wien bzw. Österreich als weltweit führenden Forschungsstandort der Computer-Geometrie und -Topologie auszubauen. Mit den Wittgenstein-Mitteln werden die gesteckten Ziele schneller erreicht und damit bis dato unberührte Anwendungen mit topologischen Zugängen bereichert werden. In einigen Fällen wird das Alternativlösungen ergeben, mit Vor- und Nachteilen im Vergleich zu herkömmlichen Methoden. Man kann aber auch Fälle erwarten, bei denen das Tor zu noch ungeahnten Möglichkeiten geöffnet wird.

Ursula Hemetek ist eine der einflussreichsten Persönlichkeiten im derzeitigen internationalen ethnomusikologischen Diskurs. Ihre Reputation beruht insbesondere auf ihrer Pionierrolle in der Schaffung eines neuen Feldes innerhalb des Faches: der Minderheitenforschung. Ihr Einfluss in der Entwicklung von Zugängen, Methoden und Theorien in der Erforschung marginalisierter Gruppen und ihrer Musik wirkte auf das Fach an sich zurück. Durch die Etablierung einer internationalen Studiengruppe konnten diese Diskurse international wirksam werden. Ihre Wahl zur Generalsekretärin der größten internationalen Vereinigung des Faches (International Council for Traditional Music) im Jahr 2017 unterstreicht ihre richtungsweisende Position in der Ethnomusikologie.

Für Ursula Hemetek ist Ethnomusikologie eine partizipative Wissenschaft mit gesellschaftspolitischer Verantwortung. Deshalb ist geplant, mit dem Wittgenstein-Preis ein internationales Forschungszentrum für ethnomusikologische Minderheitenforschung an der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien zu gründen. Dieses soll der Nachhaltigkeit verpflichtet sein – und Nachhaltigkeit in der Wissenschaft bedeutet u.a. Nachwuchsförderung. Die Ansiedlung an einer Universität ist ein weiterer Faktor, der Nachhaltigkeit garantieren soll. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in unterschiedlichen Stadien ihrer wissenschaftlichen Karriere aus verschiedenen Teilen der Welt können so ihre Themen und Forschungsprojekte einbringen und gemeinsam an der Weiterentwicklung der Minderheitenforschung in der Ethnomusikologie sowie an Modellen der gesellschaftspolitischen Anwendung arbeiten und somit die Macht der Musik für die Umsetzung einer gerechteren Gesellschaft nutzen.

START 2018
Neben dem Wittgenstein-Preis wurden 2018 sechs Spitzennachwuchsforscherinnen und -nachwuchsforscher aus 84 Bewerbungen mit der START-Förderung ausgezeichnet. Die neu in das START-Programm aufgenommenen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler – in alphabetischer Reihenfolge – sind:

Emanuela BIANCHI
„Heterogen geladene Kolloiden für Materialentwicklung“
Institut für theoretische Physik, Technische Universität Wien

Josef Norbert FÜSSL
„Holz durch computergestützte Methoden berechenbar machen“
Institut für Mechanik der Werkstoffe und Strukturen, Technische Universität Wien

Philipp HASLINGER
„Atominterferometrie in einem optischen Resonator“
Atominstitut, Technische Universität Wien

Oliver HOFMANN
„MAP-DESIGN”
Institut für Festkörperphysik, Technische Universität Graz

Robert R. JUNKER
„Sequenzielle Entstehung von Funktioneller Multidiversität“
Fachbereich für Biowissenschaften, Paris-Lodron-Universität Salzburg

Gina Elaine MOSELEY
„Nordostgrönland Speläothemprojekt“
Institut für Geologie, Universität Innsbruck

FWF Der Wissenschaftsfonds
Der FWF ist Österreichs zentrale Einrichtung zur Förderung der Grundlagenforschung. Er unterstützt – nach internationalen Qualitätsmaßstäben – herausragende Forschungsprojekte sowie exzellente Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die sich der Gewinnung, Erweiterung sowie Vertiefung wissenschaftlicher Erkenntnisse widmen.

 

 

 

Allgemeine Informationen:
http://www.fwf.ac.at

 

 

 

 

 

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