Wien (tu) - Umweltverträglichkeitsprüfungen brauchen Expertise aus vielen verschiedenen Fachbereichen.
An der TU Wien gelingt dieser interdisziplinäre Blick. Nun werden wichtige Erkenntnisse bei einer Fachtagung
präsentiert.
Egal ob bei der dritten Piste des Flughafens Schwechat, beim Lobau-Tunnel oder beim Bau neuer Hochspannungsleitungen:
Umweltverträglichkeitsprüfungen für große Bauvorhaben sind politisch brisant, kosten viel
Zeit und Geld und stellen hohe Anforderungen an eine ganze Reihe wissenschaftlicher Forschungsbereiche. Am Department
für Raumplanung der TU Wien beleuchtet man das Thema Umweltverträglichkeitsprüfungen (UVP) auf besonders
interdisziplinäre Weise: Expertise aus Stadt- und Raumplanung, Regionalpolitik und Soziologie wird mit Erkenntnissen
aus Bereichen wie Wirtschaft, Recht Finanzwissenschaft, Ökologie, Verkehrswissenschaft oder Bauforschung kombiniert.
Seit 1985 gibt es die UVP-Richtlinie der EU, die erste Umsetzung erfolgte in Österreich vor rund 25 Jahren
durch das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz. Anlässlich dieses Jubiläums organisieren die
TU Wien und das Österreichische Institut für Raumplanung eine Fachtagung am 19. Juni 2018. Es diskutieren
unter anderem Christoph Chorherr (Abgeordneter zum Wiener Landtag), Viktoria Reiss-Enz, (bmvit), Martin Wickel
(HafenCity Universität Hamburg), Michael Fleischmann (Architektenkammer), Andrea Matt (Wissenschaftsjournalistin).
UVP – von Natur aus interdisziplinär
„Unterschiedliche Forschungseinrichtungen betrachten das Thema Umweltverträglichkeitsprüfungen aus ganz
unterschiedlichen Blickwinkeln“, sagt Karin Hiltgartner, Juristin am Department für Raumplanung der TU Wien.
„Je nach Ausrichtung forschen manche Institute an den wirtschaftlichen Aspekten, andere beispielsweise an den ökologischen.
Der besondere Vorteil eines großen Departments wie dem unseren ist, dass man hier viele Sichtweisen gleichzeitig
miteinfließen lassen kann – das ist für uns sehr wichtig.“
Gerade auch in der Ausbildung wird diese Themenvielfalt genutzt. „Schließlich wollen wir auch die Leute ausbilden,
die in den nächsten Jahrzehnten gute, sorgfältige Gutachten für Umweltverträglichkeitsprüfungen
erstellen“, betont Hiltgartner.
Naturschutz hat einen doppelten Nutzen: Zum einen bringt Natur den Menschen der Region unmittelbare Vorteile, etwa
wenn sich Wälder als Erholungsgebiete nutzen lassen und so die Lebensqualität verbessern. Zum anderen
hat die Natur auch ganz ohne Bezug zum Menschen einen Wert an sich – etwa als CO2-Senke, als Luftverbesserer, als
Heimat für Tier- und Pflanzenarten.
„Jedes große Bauprojekt hat Vor- und Nachteile“, erklärt Karin Hiltgartner. „Und natürlich gibt
es wissenschaftlich fundierte Methoden, diese Vor- und Nachteile aufzuzeigen.“ So kann man etwa die CO2-Bilanz
eines Waldes quantifizieren und in Relation zu den Kosten von CO2-Emissionszertifikaten setzen. Man kann mit hydrologischem
Fachwissen die Auswirkungen eines Projekts auf Grundwasser und Flüsse vorhersagen. Man kann Konzepte entwickeln,
bedrohte Tierarten an einem anderen Ort unterzubringen.
„Manchmal werden Großprojekte zunächst hauptsächlich vom juristischen Blickwinkel aus betrachtet,
weil die Gesetzesmaterie alleine schon so komplex ist“, sagt Hiltgartner. „Doch am besten ist es, wenn schon in
einem frühen Projektstadium auch die Ökonomie, die Soziologie und die Raumplanung mit einbezogen werden.
Wer Planungserfahrung hat, bringt eine ganz andere Sichtweise mit, dadurch wird das Projektergebnis deutlich besser.“
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