Forschung zur Zellteilung und Synapsenfunktion durch FWF und ANR gefördert –Projektleiter
am IST Austria sind Carl-Philipp Heisenberg und Johann Danzl
Paris/Bordeaux/Klosterneuburg ist) - Zwei vom Wissenschaftsfonds FWF und der Agence Nationale de la Recherche
ANR geförderte gemeinsame Projekte von Labors am Institute of Science and Technology (IST) Austria und an
französischen Forschungsinstituten starten. Das Labor von Carl-Philipp Heisenberg am IST Austria wird zusammen
mit dem Labor von Alex MacDougall am Centre national de la recherche scientifique (CNRS) untersuchen, wie Polarität,
Form und Mechanik der Zellen die Zellteilung steuern. Johann Danzl vom IST Austria arbeitet mit dem Labor von Olivier
Thoumine am Interdisciplinary Institute for Neuroscience in Bourdeaux zusammen, um zu untersuchen, welche Rolle
synaptische Adhäsionsmoleküle in der Funktion von Synapsen spielen, indem sie optisch kontrollierte Moleküle
und hochauflösende optische Bildgebung verwenden. Die bilateralen französisch-österreichischen Joint
Research Projects werden für drei Jahre mit jeweils rund 250.000 Euro gefördert.
Welche Regeln gelten für die Zellteilung?
Ascidien, oder Seescheiden, sind eng mit Wirbeltieren verwandt, sehen aber eher unscheinbar aus. Ihr Name leitet
sich vom griechischen Wort für "kleine Tasche" ab, und tatsächlich ähneln die 1 mm bis
10 cm langen Meerestiere seltsamen Klumpen. Während sie als Erwachsene unscheinbar aussehen, haben die Embryonen
eine bemerkenswerte Eigenschaft: Sie bestehen nur aus einer kleinen Anzahl von Zellen, und Positionierung und Zeitpunkt
der Zellteilung sind zwischen verschiedenen Individuen der gleichen Art - und sogar zwischen den Arten - identisch.
Doch welche Regeln gelten für diesen so genannten "unveränderlichen Furchungstyp"? In dem gemeinsamen
Projekt werden die Labore von Heisenberg und MacDougall diese Frage an der Seescheide Phallusia mammillata untersuchen.
Es ist bekannt, dass mütterliche Faktoren und genregulatorische Netzwerke die Zellteilung und Zellposition
im Embryo von Ascidien beeinflussen. Die Zellen im Embryo existieren jedoch nicht isoliert, sondern drücken
gegeneinander. Signale können sich zwischen den Zellen durch Adhäsion ausbreiten, welche mechanische
Kräfte zwischen den Zellen überträgt. Aber wie beeinflussen diese physikalischen Kräfte das
Spaltmuster und die Zellposition? Die Gruppen von Heisenberg und MacDougall werden ihre Kompetenzen bündeln,
um diese Frage zu beantworten.
MacDougall und seine Gruppe haben zuvor gezeigt, dass das Zellteilungsmuster der Ascidien von der Positionierung
der sogenannten Spindel entlang der Zellachse abhängt. Die Spindel ist die Struktur innerhalb einer teilenden
Zelle, die Kopien des genetischen Materials der Zelle zwischen den neuen Zellen verteilt. Ihre Position entlang
der sogenannten apikobasalen Zellachse beeinflusst die Position der Teilung. In dem neuen Projekt werden die Labore
molekulare, zelluläre und biophysikalische Experimente kombinieren, um zu untersuchen, wie die apikobasale
Zellpolarisation mit der Zellform interagiert, um die Zellteilung zu orientieren und dem Embryo Form zu geben.
Dieses Projekt kombiniert die Expertise des Ascidien-Labors unter der Leitung von MacDougall mit der Expertise
des Heisenberg-Labors bei der Messung der mechanischen Eigenschaften von Zellen, um das komplexe Zusammenspiel
von apikobasaler Polarität und Zellform zu entschlüsseln.
Welche Rolle spielen Adhäsionsmoleküle für synaptische Verbindungen?
Signale in unserem Gehirn werden über ihre Verbindungen, die Synapsen, von einem Neuron zum anderen gesendet.
Die Nachricht selbst wird durch Chemikalien, sogenannte Neurotransmitter, gesendet, die vom präsynaptischen
Neuron freigesetzt und über Rezeptoren auf dem postsynaptischen Neuron erfasst werden. Aber die prä-
und postsynaptischen Neuronen sind durch so genannte Adhäsionsmoleküle auch strukturell verbunden. Diese
neuronalen Adhäsionsmoleküle, wie Neurexine auf dem präsynaptischen Neuron und Neuroligine auf dem
postsynaptischen Neuron, spielen eine wichtige Rolle bei der Verschaltung, Modellierung und Aufrechterhaltung synaptischer
Verbindungen. Doch wie steuern synaptische Adhäsionsmoleküle die Bildung von Synapsen? Johann Danzl vom
IST Austria und Olivier Thoumine untersuchen diese Frage, indem sie die Adhäsionsmoleküle mit Licht kontrollieren.
Das verhilft zu einem besseren Verständnis der synaptischen Entwicklung und Funktion.
Danzl und Thoumine werden in dem Projekt optogenetisch gesteuerte synaptische Adhäsionsmoleküle verwenden,
die zu genau definierten Zeitpunkten mit Licht ein- und ausgeschaltet werden können. Auf diese Weise können
die Forscher die Bildung von Synapsen in lebenden Neuronen verfolgen, indem Adhäsionsmoleküle vom Aus-
in den Ein-Zustand geschaltet werden. Das Thoumine Labor ist spezialisiert auf neuronale Adhäsionsproteine,
mit Expertise in Einzelmolekül-Imaging, Berechnung und Elektrophysiologie, um Adhäsionsmoleküle
und ihre Dynamik auf Einzelmolekülebene zu untersuchen. Das Labor von Johann Danzl am IST Austria verfügt
über Expertise in der Bildgebung mittels hochauflösender Nanoskopie, die eine wesentlich höhere
Auflösung als die konventionelle Lichtmikroskopie hat, und der optischen Kontrolle von photoschaltbaren Molekülen.
So können sie die feinen Strukturmerkmale neuronaler Zellen und Synapsen abbilden. Durch die Zusammenführung
der Expertise dieser Labore werden die Wissenschaftler in die Lage versetzt, Adhäsionsprotein-Clustering und
-Funktion in Synapsen dynamisch und quantitativ zu beschreiben und zu regulieren.
Über das IST Austria
Das Institute of Science and Technology (IST Austria) in Klosterneuburg ist ein Forschungsinstitut mit eigenem
Promotionsrecht. Das 2009 eröffnete Institut widmet sich der Grundlagenforschung in den Naturwissenschaften,
Mathematik und Computerwissenschaften. Das Institut beschäftigt ProfessorInnen nach einem Tenure-Track-Modell
und Post-DoktorandInnen sowie PhD StudentInnen in einer internationalen Graduate School. Neben dem Bekenntnis zum
Prinzip der Grundlagenforschung, die rein durch wissenschaftliche Neugier getrieben wird, hält das Institut
die Rechte an allen resultierenden Entdeckungen und fördert deren Verwertung. Der erste Präsident ist
Thomas Henzinger, ein renommierter Computerwissenschaftler und vormals Professor an der University of California
in Berkeley, USA, und der EPFL in Lausanne, Schweiz.
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