Keine Mehrheit für Misstrauensantrag gegen Innenminister Kickl bei Sondersitzung des Nationalrats
Wien (pk) - Zu einem "nachrichtendienstlichen und sicherheitspolitischen Super-Gau" hat sich nach
Meinung der Opposition die Affäre rund um das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung
(BVT) entwickelt. Zahlreiche sensible Daten, die bei den Ende Februar durchgeführten Hausdurchsuchungen beschlagnahmt
wurden, würden sich mittlerweile unkontrolliert verbreiten, die Funktionsfähigkeit des BVT sei weitestgehend
zerstört, waren sich SPÖ, NEOS und Liste Pilz am 11. Juni in der von ihnen beantragten Sondersitzung
des Nationalrats einig. Dadurch sehen sie auch die Sicherheit der ÖsterreicherInnen gefährdet. Schuld
daran ist ihrer Meinung nach Innenminister Herbert Kickl, ein Misstrauensantrag gegen ihn blieb bei der Abstimmung
jedoch in der Minderheit.
Kickl selbst wies in der Sitzung erneut alle Vorwürfe zurück. Es sei die Justiz, die die Hausdurchsuchungen
durchgeführt habe und die Ermittlungen leite, machte er einmal mehr geltend. Zudem befinden sich die von der
Opposition angesprochenen sensiblen Daten ihm zufolge nicht mehr im Ermittlungsakt der Staatsanwaltschaft. Eine
Fortsetzung der Debatte ist durch den BVT-Untersuchungsausschuss jedenfalls garantiert, der Sitzungsfahrplan steht
noch nicht fest.
Krainer: Kickl gefährdet Sicherheit der ÖsterreicherInnen
Alarmiert ist die Opposition vor allem deshalb, weil bei den Hausdurchsuchungen laut Medienberichten auch eine
komplette Liste der MitarbeiterInnen und InformantInnen des BVT sowie Inhalte des Kommunikationsnetzwerkes "Neptun",
das Daten befreundeter Sicherheitsbehörden enthält, beschlagnahmt wurden. Zumindest Daten der letzten
drei Jahre sind laut Kai Jan Krainer (SPÖ), dem Erstantragsteller einer gemeinsam eingebrachten Dringlichen
Anfrage der Opposition, zur Staatsanwaltschaft gewandert. Derartige hochsensible Daten hätten das BVT aber
nie verlassen dürfen, betonte er. Schließlich gehe es auch um Klarnamen verdeckter ErmittlerInnen und
Privatadressen, die in "falsche Hände" zu gelangen drohten und damit die Sicherheit der Betroffenen
gefährden könnten.
Durch die Affäre sieht Krainer das Vertrauen anderer Geheimdienste in den österreichischen Geheimdienst
erschüttert. Kein Nachrichtendienst werde mehr mit dem BVT zusammenarbeiten wollen. Damit werde das Land aber
von wichtigen Informationen abgeschnitten. Kickl habe es geschafft, in sechs Monaten Amtszeit nicht nur die Sicherheit
der ÖsterreicherInnen zu gefährden, sondern Österreich auch im Vorfeld des EU-Ratsvorsitzes zu blamieren,
hält er diesen für rücktrittsreif.
Es liege in der Verantwortung Kickls, die MitarbeiterInnen des Innenressorts und sensible Daten zu schützen
und dafür zu sorgen, dass Namen von ErmittlerInnen nicht an die Öffentlichkeit gelangen, bekräftigte
Krainer. Ihm zufolge würden mittlerweile verschiedene Listen mit bis zu 300 Namen unter österreichischen
JournalistInnen kursieren. Eine Mitarbeiterin des BVT sei bereits unverhohlen von jenen bedroht worden, gegen die
sie ermittelt.
Als eigentlichen Grund für die Ermittlungen gegen das BVT vermutet Krainer parteitaktische Überlegungen
Kickls. Kickl gehe es nicht um die Sicherheit in Österreich, er wolle vielmehr Ermittlungen gegen Rechtsextreme
in der FPÖ unterbinden. Deshalb hätte auch die Einsatzgruppe zur Bekämpfung der Straßenkriminaltät
(EGS) "mit dem Rammbock unterm Arm" die Hausdurchsuchungen durchgeführt. Überdies verwies Krainer
auf ein im "Falter" veröffentlichtes Mail der Leiterin des Extremismusreferats beim BVT, wonach
ihr vom Innenministerium nahegelegt worden sei, in Pension zu gehen, ansonsten würde ihr etwas angehängt.
Als rechtswidrig bezeichnete Krainer die Suspendierung von BVT-Leiter Peter Gridling. Als sich eine nochmalige
Suspendierung als nicht machbar erwiesen habe, habe Kickl sich dazu entschlossen, das BVT in einzelne Stücke
zu zerlegen, um diese unter seine Kontrolle zu bringen, beklagte der Abgeordnete.
Kickl: Ermittlungen gegen BVT sind rechtsstaatlich einwandfreier Vorgang
Innenminister Herbert Kickl hält die an ihn gerichteten Vorwürfe allerdings für unberechtigt. Krainer
habe mit Halb- und Unwahrheiten agiert, zeigte er sich empört. Der SPÖ gehe es nicht um die Sicherheit,
sondern um ihr politisches Geschäft. Anders als immer wieder behauptet, sei die Causa BVT keine Umfärbeaktion,
sondern ein Kriminalfall, ist Kickl überzeugt.
Es sei überdies die zur Justiz gehörende Staatsanwaltschaft, die die Ermittlungen gegen das BVT leite
und die Hausdurchsuchungen angeordnet habe, betonte Kickl. Diese sei es daher auch gewesen, die entschieden habe,
welche Unterlagen mitgenommen werden. Offenbar würden StaatsanwältInnen und RichterInnen von der Opposition
jedoch als willfährige Erfüllungsgehilfen des Innenministeriums wahrgenommen. Für ihn handelt es
sich jedenfalls um einen rechtsstaatlich einwandfreien Vorgang. Dass die Causa erst durch MitarbeiterInnen des
Innenministeriums ins Rollen gebracht wurde, begründete der Minister damit, dass die Obersten Organe bei entsprechenden
Wahrnehmungen zur Anzeige verpflichtet seien.
Die von der Opposition angesprochenen sensiblen Daten sind laut Kickl inzwischen nicht mehr Teil des Ermittlungsakts
der Staatsanwaltschaft und unterliegen damit auch nicht der Akteneinsicht. Man habe die Daten sofort nach Bekanntwerden
ihrer Beschlagnahmung zurückgefordert und erhalten. Davon seien auch die "Partnerdienste" informiert
worden. Kickl stellte außerdem klar, dass die Liste der MitarbeiterInnen des BVT keine Klarnamen verdeckter
ErmittlerInnen enthalten habe und überdies deren Veröffentlichung verhindert werden konnte. Detailliertere
Informationen stellte Kickl für die nächste Sitzung des geheimen Unterausschusses des Innenausschusses
in Aussicht.
Warum zwar der Leiter des BVT, Peter Gridling, wegen laufender Ermittlungen der Staatsanwaltschaft vorläufig
suspendiert wurde, nicht aber etwa Generalsekretär Peter Goldgruber, gegen den ebenfalls eine Anzeige vorliegt,
begründete Kickl damit, dass seitens der Wirtschafts- und Korruptionsanwaltschaft bisher keine Aktenlage dazu
vorhanden sei und eine Suspendierung daher nicht geprüft werden könne. Ausdrücklich wies Kickl in
Beantwortung der Detailfragen der Dringlichen Anfrage außerdem darauf hin, dass sämtliche MitarbeiterInnen
seines Kabinetts sowie alle ExekutivbeamtInnen sicherheitsüberprüft seien.
Über die geplante Durchführung der Hausdurchsuchungen beim BVT und den Einsatz der EGS ist Kickl seinen
Angaben nach von Goldgruber vorab informiert worden. Die erste Kontaktaufnahme Goldgrubers mit der Staatsanwältin
zur Übergabe des ursächlichen anonymen "Konvoluts" gegen das BVT erfolgte hingegen ohne sein
Wissen. Auch über die Begleitung von Zeugen durch einen seiner Kabinettsmitarbeiter habe er erst im Nachhinein
erfahren.
Eine Gefährdung der Sicherheit Österreichs durch die Ermittlungen gegen das BVT kann Kickl nicht erkennen.
Würden die Vorwürfe der Opposition stimmen, wäre der russische Präsidenten Wladimir Putin wohl
nicht nach Österreich gekommen, meinte er. Ihm zufolge würden die ausländischen Partnerdienste zudem
die geplante Umorganisation des BVT begrüßen.
Strolz und Pilz orten Angriff auf Sicherheit der BürgerInnen
Unterstrichen wurden die Ausführungen von Krainer von seinem Fraktionskollegen Johannes Jarolim. Kickl vermittle
den Eindruck eines Ertrinkenden und würde aus dieser Situation heraus die SPÖ beschimpfen, sagte er.
Die Argumentation, dass das Innenministerium mit den Ermittlungen gegen das BVT rein gar nichts tun hat, ist seiner
Ansicht nach jedenfalls nicht aufrechtzuerhalten. Kickl habe das BVT auf Jahre hinaus "zerschmettert"
und Österreich zur internationalen Lachnummer gemacht. Jarolim wies überdies darauf hin, dass bisher
alle vom Innenministerium verfügten Suspendierungen in dieser Causa aufgehoben wurden.
Von einem großflächigen Angriff auf die Sicherheit der BürgerInnen sprach auch Matthias Strolz
(NEOS). Seiner Meinung nach ist es Absicht von Innenminister Kickl und der Ministeriumsspitze, die MitarbeiterInnen
des Ressorts mit Suspendierungen und Drohungen einzuschüchtern, damit sie es nicht wagen, gegen die FPÖ
aufzumucken. "Wir krallen uns die lästigen Ermittler", die gegen Rechtsextremismus vorgehen, sei
eine der Botschaften, die "mit der Brechstange" vermittelt würden. In diesem Sinn steht für
ihn auch der Verdacht im Raum, dass bei den Hausdurchsuchungen beim BVT bewusst auch Ermittlungsdaten des Rechtsextremismusreferats
mitgenommen wurden. Kickl sei innerhalb von sechs Monaten das größte Sicherheitsrisiko in diesem Land
geworden, so Strolz.
Scharfe Kritik übte der NEOS-Klubobmann in diesem Zusammenhang auch an Bundeskanzler Sebastian Kurz und Vizekanzler
Heinz-Christian Strache, die seiner Meinung nach Kickl umgehend von seiner Funktion als Innenminister entbinden
müssten. Durch ihr Nichtstun hätten die beiden "die Hand mit auf der Brechstange".
Peter Pilz (PILZ) ging in seiner ersten Rede nach der Angelobung vor allem auf den Umstand ein, dass die Einsatzgruppe
zur Bekämpfung der Straßenkriminalität offenbar bereits eine Woche vor den Hausdurchsuchungen beim
BVT über die bevorstehende Aktion informiert gewesen sei. Damit stellt sich für ihn umso mehr die Frage,
warum man "in einer Nacht- und Nebelaktion einen Journalrichter wecken musste" und sich die Hausdurchsuchungen
nicht auf herkömmlichem Weg von einem Richter genehmigen ließ. Dieser hätte den "Überfall
auf den österreichischen Verfassungsschutz" vermutlich genauer unter die Lupe genommen und schriftliche
Unterlagen verlangt, vermutet Pilz, dem habe man ausweichen wollen.
Wie die SPÖ glaubt auch Pilz, dass Kickl nicht an der Sicherheit der ÖsterreicherInnen interessiert ist,
sondern nur die Interessen der FPÖ im Fokus hat. Das sei auch der Hintergrund für die "Umfärbeaktion".
Kickl werde im Untersuchungsausschuss jedenfalls unter Wahrheitspflicht aussagen müssen, kündigte Pilz
intensive Befragungen an.
Amon und Rosenkranz: Ermittlungen werden von Staatsanwaltschaft geführt
Nicht glücklich mit den durchgeführten Hausdurchsuchungen ist auch ÖVP-Sicherheitssprecher Werner
Amon (ÖVP). Er habe diese bereits in der Vergangenheit als überschießend bezeichnet, erklärte
er. Man dürfe das Vertrauen in wichtige Institutionen nicht zerstören und damit die Sicherheit gefährden.
Allerdings stimmte Amon der Argumentation Kickls zu, wonach die Staatsanwaltschaft Herr des Verfahrens und damit
für sämtliche Ermittlungsschritte verantwortlich sei. Gleichzeitig warnte er vor Vorverurteilungen, noch
bevor die Ergebnisse des BVT-Untersuchungsausschusses vorliegen.
Für Amon ist es darüber hinaus unverständlich, dass die Hausdurchsuchungen gerade bei der SPÖ
auf derart scharfe Kritik stoßen. Schließlich sei es deren Parteianwalt Gabriel Lansky gewesen, der
Anzeige bei der Staatsanwaltschaft eingebracht und immer wieder nachgestoßen habe. Der geschäftsführende
SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder hält von dieser Argumentation allerdings nichts: Er stellte in einer
tatsächlichen Berichtigung zu den Ausführungen Amons klar, dass Lansky nicht Parteianwalt der SPÖ
sei.
Ebenfalls auf die Gewaltenteilung wies Walter Rosenkranz (FPÖ) hin. Der Innenminister habe keinen Einfluss
darauf, welche Unterlagen bei Hausdurchsuchungen mitgenommen werden, bekräftigte er. Zudem habe er nach Bekanntwerden
des Umfangs der beschlagnahmten Daten umgehend dafür gesorgt, dass die von der Opposition angesprochenen sensiblen
Daten so rasch wie möglich wieder zurückgegeben werden.
Verwundert äußerte sich Rosenkranz außerdem über die Prioritätensetzung der Opposition.
Diese vermittle den Eindruck, dass die Causa BVT das einzige Thema der Innenpolitik sei. In Wirklichkeit sorge
sich die SPÖ aber nicht um die Sicherheit der ÖsterreicherInnen, sondern darum, dass sie lange nicht
mehr auf der Regierungsbank sitzen werde, vermutet er. Kickl ist seiner Einschätzung nach deshalb "als
besonderes Feindbild" auserkoren worden, weil er dafür stehe, ein für alle Mal mit der verantwortungslosen
Asylpolitik der letzten Jahre Schluss zu machen.
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SPÖ: Innenminister gefährdet Sicherheit von MitarbeiterInnen des Verfassungschutzes
Die Opposition ließ sich allerdings auch im Verlauf der weiteren Debatte nicht in ihrer Kritik beirren.
So sieht SPÖ-Abgeordnete Angela Lueger durch die Anfragebeantwortung von Minister Kickl bestätigt, dass
die Hausdurchsuchungen von langer Hand geplant waren. Sie wertet die Vorgänge als einen schwerwiegenden Angriff
auf das BVT von innen, der noch aufzuklären sein werde. Durch die Beschlagnahme von wichtigen Daten sei der
Nachrichtendienst schwer beschädigt und in seiner Arbeit behindert worden. Der Innenminister komme seiner
Fürsorgepflicht als Dienstgeber der MitarbeiterInnen des Innenministeriums nicht nach, sagte Lueger. Insbesondere
der Kreis der InformantInnen des BVT habe Folgen für Leib und Leben zu fürchten. Dafür sowie für
die Gefährdung des österreichischen Rechtsstaats trage Minister Kickl die Verantwortung.
Ein Problem der FPÖ mit Rassismus, Antisemitismus und Rechtsextremismus vermutete Sabine Schatz (SPÖ)
als Hintergrund der Vorgänge im BVT. Für sie erklärt sich daraus unter anderem, warum bei der Razzia
im Büro der Leiterin der Extremismusabteilung Daten über rechtsextreme Aktivitäten beschlagnahmt
wurden. Schatz sieht einen Versuch, eine aktive Expertin für Rechtsextremismus einzuschüchtern und MitarbeiterInnen
und FunktionärInnen der FPÖ vor Ermittlungen zu bewahren. Kickl stelle damit die Interessen von Rechtsextremen
und potenziellen TäterInnen über den Schutz seiner MitarbeiterInnen, warf Schatz dem Minister vor. Er
sei aktuell Österreichs größtes Sicherheitsrisiko und müsse daher zurücktreten.
SPÖ-Abgeordneter Jörg Leichtfried warf Bundesminister Kickl vor, er habe in einer Weise, die an einen
Putsch erinnere, eine politische Umfärbung des Innenministeriums und des Verfassungsschutzes erreichen wollen.
Nun schiebe Kickl die Verantwortung dafür an seinen Generalsekretär ab. Als unpassend empfindet es Leichtfried,
dass der Minister in seiner Stellungnahme drohende Aussagen gegenüber Abgeordneten gemacht habe. Kickl agiere
in der gesamten Angelegenheit weiterhin gewissenlos und unverantwortlich und habe zudem den Verfassungsdienst schwer
beschädigt, sagte Leichtfried. Er stelle daher den Antrag, der Nationalrat möge dem Innenminister das
Misstrauen aussprechen.
NEOS fordern Entpolitisierung des BVT
Stephanie Krisper von den NEOS zeigte sich empört über die Vorgänge. Die Anfragebeantwortung des
Innenministers habe Widersprüche zur bisherigen Darstellung des Ablaufs der Affäre deutlich gemacht.
Krisper zog vor allem eine Reihe von Aussagen von Generalsekretär Goldgruber in Zweifel. Die Suspendierung
von BVT-Chef Gridling durch Innenminister Kickl sei eindeutig aufgrund machtpolitischer Interessen erfolgt, meinte
sie. Krisper interpretierte die Vorgänge rund um das BVT dahingehend, dass Kickl versucht habe, BVT-Chef Gridling
mit allen Mitteln loszuwerden. BMI-Generalsekretär Goldgruber habe dann in diesem Sinne Druck auf die ZeugInnen
ausgeübt und die Staatsanwaltschaft instrumentalisiert. Der Innenminister habe damit seine Befugnisse überschritten
und solle zurücktreten.
Irmgard Griss (NEOS) erklärte, die Vorgänge um das BVT würden zu Recht Wut, Zorn und Trauer auslösen.
Der Minister müsse aus seinem Verhalten die Konsequenzen ziehen. Bei den Hausdurchsuchungen, deren rechtliche
Grundlagen zudem fragwürdig waren, habe man nachweislich Daten mitgenommen, die mit dem Gegenstand der Untersuchung
nichts zu tun hatten. Das Verhalten des Innenministers gegenüber der Oberstaatsanwaltschaft zeige eine ausgesprochen
bedenkliche Auffassung vom Rechtsstaat. Griss forderte als Antwort die Schaffung einer unabhängigen Generalstaatsanwaltschaft,
die vom Parlament bestellt wird, wie es sie in anderen Ländern gibt.
Nikolaus Scherak (NEOS) wies die Vorwürfe der Koalitionsparteien zurück, die Opposition würde mit
der Sondersitzung nur eine "Show" veranstalten. Hier gehe es um die Wahrnehmung der Kontrollaufgaben
der Opposition. Innenminister Kickl stehe es nicht zu, in seiner Funktion als Minister Abgeordnete auf persönliche
Weise anzugreifen. Scherak brachte einen Entschließungsantrag seiner Fraktion ein, der den Innenminister
auffordert, eine Reform des BVT einzuleiten, um das Vertrauen in den Verfassungsschutz wiederherzustellen, dieser
blieb bei der Abstimmung jedoch in der Minderheit.
Liste Pilz: BVT-Affäre ist sicherheitspolitisches Desaster
Von einem Skandal und einem sicherheitspolitischen Desaster, dessen Ausmaße immer deutlicher würden,
sprach Alma Zadic (PILZ). Die InformantInnen des BVT seien nun gefährdet, die Behörde in ihrer Glaubwürdigkeit
beschädigt und das Funktionieren der Zusammenarbeit mit anderen Geheimdiensten in Gefahr. Der Innenminister
habe die Fragen, die sich daraus ergeben, nur unzureichend beantwortet, ihre Fraktion werde ihm das Misstrauen
aussprechen. Das BVT solle als zentrale Sicherheitsbehörde des Landes die BürgerInnen vor Angriffen terroristischer
und extremistischer Netzwerke schützen, sagte Zadic, die u.a. die Mitnahme hochsensibler Daten des BVT sowie
den Druck, der offenbar auf ZeugInnen ausgeübt wurde, scharf kritisierte. Die Abgeordnete sieht Anzeichen
für den Versuch einer systematischen parteipolitischen Einflussnahme auf den Verfassungsschutz. Dieser müsse
von parteipolitischen Interessen befreit werden.
U-Ausschuss: ÖVP setzt auf Sacharbeit und nicht auf politische Interessen
Einen Blick auf den bevorstehenden Untersuchungsausschuss zur Causa BVT warf die ÖVP. Johanna Jachs (ÖVP)
rief dazu auf, gemeinsam und abseits parteipolitischer Diskussionen Aufklärungsarbeit zu betreiben. Es gelte,
einerseits die politische Verantwortung zu klären und andererseits auch den BVT weiter zu unterstützen,
um den internationalen Ruf des Dienstes zu wahren. Die österreichische Bevölkerung habe großes
Interesse an der Aufklärung des Falls.
Nikolaus Prinz (ÖVP) schloss sich seiner Fraktionskollegin darin an, dass Sacharbeit beim Untersuchungsausschuss
von allen Fraktionen betrieben werden sollte. Politische Interessen oder persönliches Profilieren dürften
nicht in den Vordergrund geraten. Die Sicherheit von den in Österreich ansässigen internationalen Organisationen
sei wichtig und die Bevölkerung erwarte eine klare Position zum politischen Islam. In beidem leiste der BVT
Wichtiges und daher müsse diese Arbeit auch in Zukunft gesichert sein.
"Wir leben in einem der sichersten Länder", unterstrich Gabriel Obernosterer (ÖVP). Dies sei
die Leistung der vergangenen Regierungen und die aktuelle habe es sich zum Ziel gesetzt, diese Position zu erhalten
und auszubauen. Die Untersuchung der politischen Verantwortung rund um die Hausdurchsuchungen beim BVT sei bereits
im Parlament angekommen und nun stehe ein Untersuchungsausschuss bevor. Daher könne er die neuerliche Abhaltung
einer Sondersitzung zu diesem Thema nicht nachvollziehen. Sicherheit dürfe kein Showprogramm werden, sagte
Obernosterer in Richtung der Opposition. Vielmehr müsse es gelten, auch in Hinblick auf den EU-Ratsvorsitz
Österreichs Sensibilität bei den Themen Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung walten zu lassen.
FPÖ ortet Diskreditierung von Innenminister Kickl
Kritische Worte an der erneuten Einberufung einer Sondersitzung kamen auch von der FPÖ. Hans-Jörg
Jenewein (FPÖ) vermisste etwa im Anliegen der Opposition inhaltliche Beweggründe. Stattdessen sei die
Dringliche Anfrage lediglich parteipolitisch motiviert und gegen den Innenminister gerichtet. Innen- und Justizminister
haben in der Angelegenheit auf rechtlicher Grundlage gehandelt, ist er überzeugt.
Weder Jenewein noch sein Fraktionskollege Günther Kumpitsch konnten die Kritik nachvollziehen, dass die Hausdurchsuchung
durch die EGS durchgeführt wurde. Auch würden internationale Dienste die Zusammenarbeit mit dem BVT nach
wie vor sehr schätzen. Der Opposition gehe es nicht um seriöse Aufklärung, sondern darum, Innenminister
Kickl zu diskreditieren. Ähnlich sieht dies auch Johann Gudenus (FPÖ). Er ortete schon im Titel der Dringlichen
Anfrage einen Widerspruch. Kickl gefährde nicht die Sicherheit der ÖsterreicherInnen, sondern baue diese
aus, brach er eine Lanze für die Leistungen des Ministers. Dieser habe es geschafft, binnen eines halben Jahres
die seiner Ansicht nach verloren gegangene Sicherheit wieder herzustellen, indem er das Budget des Innenressorts
erhöhen konnte.
Kickl: An Vorwürfen der Opposition ist nichts dran
In einer zweiten Stellungnahme betonte Innenminister Kickl, an den Vorwürfen der Opposition sei "nichts
dran", das zeige sich aus den Wortmeldungen. Offenbar versuche die Opposition, aus den Vorgängen politisches
Kapital zu schlagen. Tatsache sei, dass gegen den Chef des BVT bei der Staatsanwaltschaft relevante Anschuldigungen
vorliegen. Daher war es geboten, ihn vorläufig zu suspendieren, um das Vertrauen in die Behörde nicht
zu beschädigen. Die Aufhebung einer Suspendierung bedeute noch nicht, dass diese rechtswidrig gewesen sei.
Eine neuerliche Prüfung der Vorwürfe gegen Gridling sei ebenfalls im Sinne der Sorgfalt geboten gewesen,
wenn sich daraus nichts ergebe, werde er das selbstverständlich zur Kenntnis nehmen.
Der Vorwurf, er habe sich Akten gesichert, ist laut Kickl konstruiert, denn als Minister hätte er jederzeit
Einsicht in diese Unterlagen nehmen können. Er könne aus Sicherheitsgründen nicht alle Einzelheiten
öffentlich machen, werde aber im Unterausschuss des Innenausschusses detaillierte Auskunft über die Gründe
geben, warum bestimmte Akten beschlagnahmt wurden. Den Vorwurf von "geheimen Planungen" vor der Hausdurchsuchung
im BVT wertete Kickl als eine bewusste Fehlinterpretation seiner Aussagen in diesem Zusammenhang. Die Vorwürfe
in Bezug auf die Datenbank "Neptun" habe er bereits entkräftet, die Opposition wolle seine Darstellung
aber offenbar nicht zur Kenntnis nehmen. Zur Möglichkeit der Akteneinsicht merkte Kickl an, es werde nur ein
sehr begrenzter Personenkreis Zugang erhalten, der sich seiner Verantwortung selbstverständlich bewusst sein
müsse.
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