Causa BVT: Opposition ortet
 "sicherheitspolitischen Super-Gau"

 

erstellt am
12. 06. 18
13:00 MEZ

Keine Mehrheit für Misstrauensantrag gegen Innenminister Kickl bei Sondersitzung des Nationalrats
Wien (pk) - Zu einem "nachrichtendienstlichen und sicherheitspolitischen Super-Gau" hat sich nach Meinung der Opposition die Affäre rund um das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) entwickelt. Zahlreiche sensible Daten, die bei den Ende Februar durchgeführten Hausdurchsuchungen beschlagnahmt wurden, würden sich mittlerweile unkontrolliert verbreiten, die Funktionsfähigkeit des BVT sei weitestgehend zerstört, waren sich SPÖ, NEOS und Liste Pilz am 11. Juni in der von ihnen beantragten Sondersitzung des Nationalrats einig. Dadurch sehen sie auch die Sicherheit der ÖsterreicherInnen gefährdet. Schuld daran ist ihrer Meinung nach Innenminister Herbert Kickl, ein Misstrauensantrag gegen ihn blieb bei der Abstimmung jedoch in der Minderheit.

Kickl selbst wies in der Sitzung erneut alle Vorwürfe zurück. Es sei die Justiz, die die Hausdurchsuchungen durchgeführt habe und die Ermittlungen leite, machte er einmal mehr geltend. Zudem befinden sich die von der Opposition angesprochenen sensiblen Daten ihm zufolge nicht mehr im Ermittlungsakt der Staatsanwaltschaft. Eine Fortsetzung der Debatte ist durch den BVT-Untersuchungsausschuss jedenfalls garantiert, der Sitzungsfahrplan steht noch nicht fest.

Krainer: Kickl gefährdet Sicherheit der ÖsterreicherInnen
Alarmiert ist die Opposition vor allem deshalb, weil bei den Hausdurchsuchungen laut Medienberichten auch eine komplette Liste der MitarbeiterInnen und InformantInnen des BVT sowie Inhalte des Kommunikationsnetzwerkes "Neptun", das Daten befreundeter Sicherheitsbehörden enthält, beschlagnahmt wurden. Zumindest Daten der letzten drei Jahre sind laut Kai Jan Krainer (SPÖ), dem Erstantragsteller einer gemeinsam eingebrachten Dringlichen Anfrage der Opposition, zur Staatsanwaltschaft gewandert. Derartige hochsensible Daten hätten das BVT aber nie verlassen dürfen, betonte er. Schließlich gehe es auch um Klarnamen verdeckter ErmittlerInnen und Privatadressen, die in "falsche Hände" zu gelangen drohten und damit die Sicherheit der Betroffenen gefährden könnten.

Durch die Affäre sieht Krainer das Vertrauen anderer Geheimdienste in den österreichischen Geheimdienst erschüttert. Kein Nachrichtendienst werde mehr mit dem BVT zusammenarbeiten wollen. Damit werde das Land aber von wichtigen Informationen abgeschnitten. Kickl habe es geschafft, in sechs Monaten Amtszeit nicht nur die Sicherheit der ÖsterreicherInnen zu gefährden, sondern Österreich auch im Vorfeld des EU-Ratsvorsitzes zu blamieren, hält er diesen für rücktrittsreif.

Es liege in der Verantwortung Kickls, die MitarbeiterInnen des Innenressorts und sensible Daten zu schützen und dafür zu sorgen, dass Namen von ErmittlerInnen nicht an die Öffentlichkeit gelangen, bekräftigte Krainer. Ihm zufolge würden mittlerweile verschiedene Listen mit bis zu 300 Namen unter österreichischen JournalistInnen kursieren. Eine Mitarbeiterin des BVT sei bereits unverhohlen von jenen bedroht worden, gegen die sie ermittelt.

Als eigentlichen Grund für die Ermittlungen gegen das BVT vermutet Krainer parteitaktische Überlegungen Kickls. Kickl gehe es nicht um die Sicherheit in Österreich, er wolle vielmehr Ermittlungen gegen Rechtsextreme in der FPÖ unterbinden. Deshalb hätte auch die Einsatzgruppe zur Bekämpfung der Straßenkriminaltät (EGS) "mit dem Rammbock unterm Arm" die Hausdurchsuchungen durchgeführt. Überdies verwies Krainer auf ein im "Falter" veröffentlichtes Mail der Leiterin des Extremismusreferats beim BVT, wonach ihr vom Innenministerium nahegelegt worden sei, in Pension zu gehen, ansonsten würde ihr etwas angehängt.

Als rechtswidrig bezeichnete Krainer die Suspendierung von BVT-Leiter Peter Gridling. Als sich eine nochmalige Suspendierung als nicht machbar erwiesen habe, habe Kickl sich dazu entschlossen, das BVT in einzelne Stücke zu zerlegen, um diese unter seine Kontrolle zu bringen, beklagte der Abgeordnete.

Kickl: Ermittlungen gegen BVT sind rechtsstaatlich einwandfreier Vorgang
Innenminister Herbert Kickl hält die an ihn gerichteten Vorwürfe allerdings für unberechtigt. Krainer habe mit Halb- und Unwahrheiten agiert, zeigte er sich empört. Der SPÖ gehe es nicht um die Sicherheit, sondern um ihr politisches Geschäft. Anders als immer wieder behauptet, sei die Causa BVT keine Umfärbeaktion, sondern ein Kriminalfall, ist Kickl überzeugt.

Es sei überdies die zur Justiz gehörende Staatsanwaltschaft, die die Ermittlungen gegen das BVT leite und die Hausdurchsuchungen angeordnet habe, betonte Kickl. Diese sei es daher auch gewesen, die entschieden habe, welche Unterlagen mitgenommen werden. Offenbar würden StaatsanwältInnen und RichterInnen von der Opposition jedoch als willfährige Erfüllungsgehilfen des Innenministeriums wahrgenommen. Für ihn handelt es sich jedenfalls um einen rechtsstaatlich einwandfreien Vorgang. Dass die Causa erst durch MitarbeiterInnen des Innenministeriums ins Rollen gebracht wurde, begründete der Minister damit, dass die Obersten Organe bei entsprechenden Wahrnehmungen zur Anzeige verpflichtet seien.

Die von der Opposition angesprochenen sensiblen Daten sind laut Kickl inzwischen nicht mehr Teil des Ermittlungsakts der Staatsanwaltschaft und unterliegen damit auch nicht der Akteneinsicht. Man habe die Daten sofort nach Bekanntwerden ihrer Beschlagnahmung zurückgefordert und erhalten. Davon seien auch die "Partnerdienste" informiert worden. Kickl stellte außerdem klar, dass die Liste der MitarbeiterInnen des BVT keine Klarnamen verdeckter ErmittlerInnen enthalten habe und überdies deren Veröffentlichung verhindert werden konnte. Detailliertere Informationen stellte Kickl für die nächste Sitzung des geheimen Unterausschusses des Innenausschusses in Aussicht.

Warum zwar der Leiter des BVT, Peter Gridling, wegen laufender Ermittlungen der Staatsanwaltschaft vorläufig suspendiert wurde, nicht aber etwa Generalsekretär Peter Goldgruber, gegen den ebenfalls eine Anzeige vorliegt, begründete Kickl damit, dass seitens der Wirtschafts- und Korruptionsanwaltschaft bisher keine Aktenlage dazu vorhanden sei und eine Suspendierung daher nicht geprüft werden könne. Ausdrücklich wies Kickl in Beantwortung der Detailfragen der Dringlichen Anfrage außerdem darauf hin, dass sämtliche MitarbeiterInnen seines Kabinetts sowie alle ExekutivbeamtInnen sicherheitsüberprüft seien.

Über die geplante Durchführung der Hausdurchsuchungen beim BVT und den Einsatz der EGS ist Kickl seinen Angaben nach von Goldgruber vorab informiert worden. Die erste Kontaktaufnahme Goldgrubers mit der Staatsanwältin zur Übergabe des ursächlichen anonymen "Konvoluts" gegen das BVT erfolgte hingegen ohne sein Wissen. Auch über die Begleitung von Zeugen durch einen seiner Kabinettsmitarbeiter habe er erst im Nachhinein erfahren.

Eine Gefährdung der Sicherheit Österreichs durch die Ermittlungen gegen das BVT kann Kickl nicht erkennen. Würden die Vorwürfe der Opposition stimmen, wäre der russische Präsidenten Wladimir Putin wohl nicht nach Österreich gekommen, meinte er. Ihm zufolge würden die ausländischen Partnerdienste zudem die geplante Umorganisation des BVT begrüßen.

Strolz und Pilz orten Angriff auf Sicherheit der BürgerInnen
Unterstrichen wurden die Ausführungen von Krainer von seinem Fraktionskollegen Johannes Jarolim. Kickl vermittle den Eindruck eines Ertrinkenden und würde aus dieser Situation heraus die SPÖ beschimpfen, sagte er. Die Argumentation, dass das Innenministerium mit den Ermittlungen gegen das BVT rein gar nichts tun hat, ist seiner Ansicht nach jedenfalls nicht aufrechtzuerhalten. Kickl habe das BVT auf Jahre hinaus "zerschmettert" und Österreich zur internationalen Lachnummer gemacht. Jarolim wies überdies darauf hin, dass bisher alle vom Innenministerium verfügten Suspendierungen in dieser Causa aufgehoben wurden.

Von einem großflächigen Angriff auf die Sicherheit der BürgerInnen sprach auch Matthias Strolz (NEOS). Seiner Meinung nach ist es Absicht von Innenminister Kickl und der Ministeriumsspitze, die MitarbeiterInnen des Ressorts mit Suspendierungen und Drohungen einzuschüchtern, damit sie es nicht wagen, gegen die FPÖ aufzumucken. "Wir krallen uns die lästigen Ermittler", die gegen Rechtsextremismus vorgehen, sei eine der Botschaften, die "mit der Brechstange" vermittelt würden. In diesem Sinn steht für ihn auch der Verdacht im Raum, dass bei den Hausdurchsuchungen beim BVT bewusst auch Ermittlungsdaten des Rechtsextremismusreferats mitgenommen wurden. Kickl sei innerhalb von sechs Monaten das größte Sicherheitsrisiko in diesem Land geworden, so Strolz.

Scharfe Kritik übte der NEOS-Klubobmann in diesem Zusammenhang auch an Bundeskanzler Sebastian Kurz und Vizekanzler Heinz-Christian Strache, die seiner Meinung nach Kickl umgehend von seiner Funktion als Innenminister entbinden müssten. Durch ihr Nichtstun hätten die beiden "die Hand mit auf der Brechstange".

Peter Pilz (PILZ) ging in seiner ersten Rede nach der Angelobung vor allem auf den Umstand ein, dass die Einsatzgruppe zur Bekämpfung der Straßenkriminalität offenbar bereits eine Woche vor den Hausdurchsuchungen beim BVT über die bevorstehende Aktion informiert gewesen sei. Damit stellt sich für ihn umso mehr die Frage, warum man "in einer Nacht- und Nebelaktion einen Journalrichter wecken musste" und sich die Hausdurchsuchungen nicht auf herkömmlichem Weg von einem Richter genehmigen ließ. Dieser hätte den "Überfall auf den österreichischen Verfassungsschutz" vermutlich genauer unter die Lupe genommen und schriftliche Unterlagen verlangt, vermutet Pilz, dem habe man ausweichen wollen.

Wie die SPÖ glaubt auch Pilz, dass Kickl nicht an der Sicherheit der ÖsterreicherInnen interessiert ist, sondern nur die Interessen der FPÖ im Fokus hat. Das sei auch der Hintergrund für die "Umfärbeaktion". Kickl werde im Untersuchungsausschuss jedenfalls unter Wahrheitspflicht aussagen müssen, kündigte Pilz intensive Befragungen an.

Amon und Rosenkranz: Ermittlungen werden von Staatsanwaltschaft geführt
Nicht glücklich mit den durchgeführten Hausdurchsuchungen ist auch ÖVP-Sicherheitssprecher Werner Amon (ÖVP). Er habe diese bereits in der Vergangenheit als überschießend bezeichnet, erklärte er. Man dürfe das Vertrauen in wichtige Institutionen nicht zerstören und damit die Sicherheit gefährden. Allerdings stimmte Amon der Argumentation Kickls zu, wonach die Staatsanwaltschaft Herr des Verfahrens und damit für sämtliche Ermittlungsschritte verantwortlich sei. Gleichzeitig warnte er vor Vorverurteilungen, noch bevor die Ergebnisse des BVT-Untersuchungsausschusses vorliegen.

Für Amon ist es darüber hinaus unverständlich, dass die Hausdurchsuchungen gerade bei der SPÖ auf derart scharfe Kritik stoßen. Schließlich sei es deren Parteianwalt Gabriel Lansky gewesen, der Anzeige bei der Staatsanwaltschaft eingebracht und immer wieder nachgestoßen habe. Der geschäftsführende SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder hält von dieser Argumentation allerdings nichts: Er stellte in einer tatsächlichen Berichtigung zu den Ausführungen Amons klar, dass Lansky nicht Parteianwalt der SPÖ sei.

Ebenfalls auf die Gewaltenteilung wies Walter Rosenkranz (FPÖ) hin. Der Innenminister habe keinen Einfluss darauf, welche Unterlagen bei Hausdurchsuchungen mitgenommen werden, bekräftigte er. Zudem habe er nach Bekanntwerden des Umfangs der beschlagnahmten Daten umgehend dafür gesorgt, dass die von der Opposition angesprochenen sensiblen Daten so rasch wie möglich wieder zurückgegeben werden.

Verwundert äußerte sich Rosenkranz außerdem über die Prioritätensetzung der Opposition. Diese vermittle den Eindruck, dass die Causa BVT das einzige Thema der Innenpolitik sei. In Wirklichkeit sorge sich die SPÖ aber nicht um die Sicherheit der ÖsterreicherInnen, sondern darum, dass sie lange nicht mehr auf der Regierungsbank sitzen werde, vermutet er. Kickl ist seiner Einschätzung nach deshalb "als besonderes Feindbild" auserkoren worden, weil er dafür stehe, ein für alle Mal mit der verantwortungslosen Asylpolitik der letzten Jahre Schluss zu machen.

   

SPÖ: Innenminister gefährdet Sicherheit von MitarbeiterInnen des Verfassungschutzes
Die Opposition ließ sich allerdings auch im Verlauf der weiteren Debatte nicht in ihrer Kritik beirren. So sieht SPÖ-Abgeordnete Angela Lueger durch die Anfragebeantwortung von Minister Kickl bestätigt, dass die Hausdurchsuchungen von langer Hand geplant waren. Sie wertet die Vorgänge als einen schwerwiegenden Angriff auf das BVT von innen, der noch aufzuklären sein werde. Durch die Beschlagnahme von wichtigen Daten sei der Nachrichtendienst schwer beschädigt und in seiner Arbeit behindert worden. Der Innenminister komme seiner Fürsorgepflicht als Dienstgeber der MitarbeiterInnen des Innenministeriums nicht nach, sagte Lueger. Insbesondere der Kreis der InformantInnen des BVT habe Folgen für Leib und Leben zu fürchten. Dafür sowie für die Gefährdung des österreichischen Rechtsstaats trage Minister Kickl die Verantwortung.

Ein Problem der FPÖ mit Rassismus, Antisemitismus und Rechtsextremismus vermutete Sabine Schatz (SPÖ) als Hintergrund der Vorgänge im BVT. Für sie erklärt sich daraus unter anderem, warum bei der Razzia im Büro der Leiterin der Extremismusabteilung Daten über rechtsextreme Aktivitäten beschlagnahmt wurden. Schatz sieht einen Versuch, eine aktive Expertin für Rechtsextremismus einzuschüchtern und MitarbeiterInnen und FunktionärInnen der FPÖ vor Ermittlungen zu bewahren. Kickl stelle damit die Interessen von Rechtsextremen und potenziellen TäterInnen über den Schutz seiner MitarbeiterInnen, warf Schatz dem Minister vor. Er sei aktuell Österreichs größtes Sicherheitsrisiko und müsse daher zurücktreten.

SPÖ-Abgeordneter Jörg Leichtfried warf Bundesminister Kickl vor, er habe in einer Weise, die an einen Putsch erinnere, eine politische Umfärbung des Innenministeriums und des Verfassungsschutzes erreichen wollen. Nun schiebe Kickl die Verantwortung dafür an seinen Generalsekretär ab. Als unpassend empfindet es Leichtfried, dass der Minister in seiner Stellungnahme drohende Aussagen gegenüber Abgeordneten gemacht habe. Kickl agiere in der gesamten Angelegenheit weiterhin gewissenlos und unverantwortlich und habe zudem den Verfassungsdienst schwer beschädigt, sagte Leichtfried. Er stelle daher den Antrag, der Nationalrat möge dem Innenminister das Misstrauen aussprechen.

NEOS fordern Entpolitisierung des BVT
Stephanie Krisper von den NEOS zeigte sich empört über die Vorgänge. Die Anfragebeantwortung des Innenministers habe Widersprüche zur bisherigen Darstellung des Ablaufs der Affäre deutlich gemacht. Krisper zog vor allem eine Reihe von Aussagen von Generalsekretär Goldgruber in Zweifel. Die Suspendierung von BVT-Chef Gridling durch Innenminister Kickl sei eindeutig aufgrund machtpolitischer Interessen erfolgt, meinte sie. Krisper interpretierte die Vorgänge rund um das BVT dahingehend, dass Kickl versucht habe, BVT-Chef Gridling mit allen Mitteln loszuwerden. BMI-Generalsekretär Goldgruber habe dann in diesem Sinne Druck auf die ZeugInnen ausgeübt und die Staatsanwaltschaft instrumentalisiert. Der Innenminister habe damit seine Befugnisse überschritten und solle zurücktreten.

Irmgard Griss (NEOS) erklärte, die Vorgänge um das BVT würden zu Recht Wut, Zorn und Trauer auslösen. Der Minister müsse aus seinem Verhalten die Konsequenzen ziehen. Bei den Hausdurchsuchungen, deren rechtliche Grundlagen zudem fragwürdig waren, habe man nachweislich Daten mitgenommen, die mit dem Gegenstand der Untersuchung nichts zu tun hatten. Das Verhalten des Innenministers gegenüber der Oberstaatsanwaltschaft zeige eine ausgesprochen bedenkliche Auffassung vom Rechtsstaat. Griss forderte als Antwort die Schaffung einer unabhängigen Generalstaatsanwaltschaft, die vom Parlament bestellt wird, wie es sie in anderen Ländern gibt.

Nikolaus Scherak (NEOS) wies die Vorwürfe der Koalitionsparteien zurück, die Opposition würde mit der Sondersitzung nur eine "Show" veranstalten. Hier gehe es um die Wahrnehmung der Kontrollaufgaben der Opposition. Innenminister Kickl stehe es nicht zu, in seiner Funktion als Minister Abgeordnete auf persönliche Weise anzugreifen. Scherak brachte einen Entschließungsantrag seiner Fraktion ein, der den Innenminister auffordert, eine Reform des BVT einzuleiten, um das Vertrauen in den Verfassungsschutz wiederherzustellen, dieser blieb bei der Abstimmung jedoch in der Minderheit.

Liste Pilz: BVT-Affäre ist sicherheitspolitisches Desaster
Von einem Skandal und einem sicherheitspolitischen Desaster, dessen Ausmaße immer deutlicher würden, sprach Alma Zadic (PILZ). Die InformantInnen des BVT seien nun gefährdet, die Behörde in ihrer Glaubwürdigkeit beschädigt und das Funktionieren der Zusammenarbeit mit anderen Geheimdiensten in Gefahr. Der Innenminister habe die Fragen, die sich daraus ergeben, nur unzureichend beantwortet, ihre Fraktion werde ihm das Misstrauen aussprechen. Das BVT solle als zentrale Sicherheitsbehörde des Landes die BürgerInnen vor Angriffen terroristischer und extremistischer Netzwerke schützen, sagte Zadic, die u.a. die Mitnahme hochsensibler Daten des BVT sowie den Druck, der offenbar auf ZeugInnen ausgeübt wurde, scharf kritisierte. Die Abgeordnete sieht Anzeichen für den Versuch einer systematischen parteipolitischen Einflussnahme auf den Verfassungsschutz. Dieser müsse von parteipolitischen Interessen befreit werden.

U-Ausschuss: ÖVP setzt auf Sacharbeit und nicht auf politische Interessen
Einen Blick auf den bevorstehenden Untersuchungsausschuss zur Causa BVT warf die ÖVP. Johanna Jachs (ÖVP) rief dazu auf, gemeinsam und abseits parteipolitischer Diskussionen Aufklärungsarbeit zu betreiben. Es gelte, einerseits die politische Verantwortung zu klären und andererseits auch den BVT weiter zu unterstützen, um den internationalen Ruf des Dienstes zu wahren. Die österreichische Bevölkerung habe großes Interesse an der Aufklärung des Falls.

Nikolaus Prinz (ÖVP) schloss sich seiner Fraktionskollegin darin an, dass Sacharbeit beim Untersuchungsausschuss von allen Fraktionen betrieben werden sollte. Politische Interessen oder persönliches Profilieren dürften nicht in den Vordergrund geraten. Die Sicherheit von den in Österreich ansässigen internationalen Organisationen sei wichtig und die Bevölkerung erwarte eine klare Position zum politischen Islam. In beidem leiste der BVT Wichtiges und daher müsse diese Arbeit auch in Zukunft gesichert sein.

"Wir leben in einem der sichersten Länder", unterstrich Gabriel Obernosterer (ÖVP). Dies sei die Leistung der vergangenen Regierungen und die aktuelle habe es sich zum Ziel gesetzt, diese Position zu erhalten und auszubauen. Die Untersuchung der politischen Verantwortung rund um die Hausdurchsuchungen beim BVT sei bereits im Parlament angekommen und nun stehe ein Untersuchungsausschuss bevor. Daher könne er die neuerliche Abhaltung einer Sondersitzung zu diesem Thema nicht nachvollziehen. Sicherheit dürfe kein Showprogramm werden, sagte Obernosterer in Richtung der Opposition. Vielmehr müsse es gelten, auch in Hinblick auf den EU-Ratsvorsitz Österreichs Sensibilität bei den Themen Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung walten zu lassen.

FPÖ ortet Diskreditierung von Innenminister Kickl
Kritische Worte an der erneuten Einberufung einer Sondersitzung kamen auch von der FPÖ. Hans-Jörg Jenewein (FPÖ) vermisste etwa im Anliegen der Opposition inhaltliche Beweggründe. Stattdessen sei die Dringliche Anfrage lediglich parteipolitisch motiviert und gegen den Innenminister gerichtet. Innen- und Justizminister haben in der Angelegenheit auf rechtlicher Grundlage gehandelt, ist er überzeugt.

Weder Jenewein noch sein Fraktionskollege Günther Kumpitsch konnten die Kritik nachvollziehen, dass die Hausdurchsuchung durch die EGS durchgeführt wurde. Auch würden internationale Dienste die Zusammenarbeit mit dem BVT nach wie vor sehr schätzen. Der Opposition gehe es nicht um seriöse Aufklärung, sondern darum, Innenminister Kickl zu diskreditieren. Ähnlich sieht dies auch Johann Gudenus (FPÖ). Er ortete schon im Titel der Dringlichen Anfrage einen Widerspruch. Kickl gefährde nicht die Sicherheit der ÖsterreicherInnen, sondern baue diese aus, brach er eine Lanze für die Leistungen des Ministers. Dieser habe es geschafft, binnen eines halben Jahres die seiner Ansicht nach verloren gegangene Sicherheit wieder herzustellen, indem er das Budget des Innenressorts erhöhen konnte.

Kickl: An Vorwürfen der Opposition ist nichts dran
In einer zweiten Stellungnahme betonte Innenminister Kickl, an den Vorwürfen der Opposition sei "nichts dran", das zeige sich aus den Wortmeldungen. Offenbar versuche die Opposition, aus den Vorgängen politisches Kapital zu schlagen. Tatsache sei, dass gegen den Chef des BVT bei der Staatsanwaltschaft relevante Anschuldigungen vorliegen. Daher war es geboten, ihn vorläufig zu suspendieren, um das Vertrauen in die Behörde nicht zu beschädigen. Die Aufhebung einer Suspendierung bedeute noch nicht, dass diese rechtswidrig gewesen sei. Eine neuerliche Prüfung der Vorwürfe gegen Gridling sei ebenfalls im Sinne der Sorgfalt geboten gewesen, wenn sich daraus nichts ergebe, werde er das selbstverständlich zur Kenntnis nehmen.

Der Vorwurf, er habe sich Akten gesichert, ist laut Kickl konstruiert, denn als Minister hätte er jederzeit Einsicht in diese Unterlagen nehmen können. Er könne aus Sicherheitsgründen nicht alle Einzelheiten öffentlich machen, werde aber im Unterausschuss des Innenausschusses detaillierte Auskunft über die Gründe geben, warum bestimmte Akten beschlagnahmt wurden. Den Vorwurf von "geheimen Planungen" vor der Hausdurchsuchung im BVT wertete Kickl als eine bewusste Fehlinterpretation seiner Aussagen in diesem Zusammenhang. Die Vorwürfe in Bezug auf die Datenbank "Neptun" habe er bereits entkräftet, die Opposition wolle seine Darstellung aber offenbar nicht zur Kenntnis nehmen. Zur Möglichkeit der Akteneinsicht merkte Kickl an, es werde nur ein sehr begrenzter Personenkreis Zugang erhalten, der sich seiner Verantwortung selbstverständlich bewusst sein müsse.

 

 

 

Allgemeine Informationen:
https://www.parlament.gv.at

 

 

 

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