Von 23. Juni 2018 bis 11. November 2018 im mumok
Wien (mumok) - Gaby und Wilhelm Schürmann sehen ihre Sammlung keineswegs nur als ihren privaten Besitz
oder als ein Prestigeobjekt an, sondern vielmehr als ein Kulturgut, das einen öffentlichen Austausch verlangt.
Ihre seit Ende der 1970er-Jahre kontinuierlich gewachsene Sammlung gibt einen einmaligen Blick auf die Entwicklung
der Gegenwartskunst seit den 1980er-Jahren. Sie stellt ein avanciertes Statement für eine Kunst der Gegenwart
dar, die sich im Gesellschaftlichen verankert und als Kommunikationsangebot versteht.
Der Ansatz der in Herzogenrath bei Aachen und Berlin ansässigen Sammlung ist kreativ-produktiv: Die Praxis
des Sammlerpaars kann als eine besonders freigeistige Form der Kulturproduktion beschrieben werden. Denn der Akt
des Sammelns realisiert sich weniger im Bewahren und Vervollständigen, sondern wird primär als Einladung
zur Teilnahme an der öffentlichen Produktion von Zusammenhängen begriffen. Diese zupackende Haltung manifestiert
sich in lustvollen und unkonventionellen Gesten des Zeigens – einschließlich des Prinzips des „vergleichenden
Sehens“. In diesem Sinne wird die Ausstellung Klassentreffen, deren Titel sich auf eine gleichnamige raumbezogene
Installation der Künstlerin Nairy Baghramian aus dem Jahr 2008 bezieht, einen spannenden, humorvollen und
aufregenden Dialog zwischen den einzelnen künstlerischen Positionen der Sammlung entspinnen und überraschende
inhaltliche und formale Bezüge etablieren. Einen Schwerpunkt bilden dabei Wiener Einflüsse auf die international
ausgerichtete Sammlung und ihre Vernetzungen.
Die Kunst – wie die Praxis des Sammelns auch – wird von Gaby und Wilhelm Schürmann intellektuell „in Anspruch“
genommen und einer fortwährenden kritischen Prüfung unterzogen. Das impliziert eine dynamische Sammlungsphilosophie.
„Kunst und der Umgang mit ihr“, erklärt Wilhelm Schürmann, „sind für mich ein Dauerprozess, den
man kontinuierlich verändern kann und muss. In der Öffentlichkeit bin ich Interpret, Übersetzer
und somit Co-Produzent. Ich bin also als Sammler mit im Boot.“ Nicht zuletzt deshalb lehnen Gaby und Wilhelm Schürmann
das Sammeln entlang eines „Gegenwartskanons“ oder im Sinne der „Reliquienpflege“ ab. Wichtiger sind ihnen Kunst-Eigenschaften
wie Wirklichkeitsbezug, Offenheit und Humor, Glaubwürdigkeit und Notwendigkeit. Auch das Nicht-Offensichtliche
wird als Qualität geschätzt: „Mich hat immer sehr interessiert, was man einem Bild nicht ansieht“, so
Schürmann. Willkommen sind dem Sammlerpaar zudem auch den privaten Rahmen überfordernde Großinstallationen.
Zwischen 1973 und 1977 führte Wilhelm Schürmann gemeinsam mit Rudolf Kicken die Galerie Schürmann
& Kicken in Aachen – eine der ersten Fotogalerien in Europa. Zwischen 1981 und 2011 lehrte er als Professor
für visuelle Kommunikation und Fotografie im Fachbereich Design an der Fachhochschule Aachen. Gaby Schürmann
arbeitete langjährig als Lehrerin für Biologie, Mathematik und Chemie an der städtischen Realschule
Herzogenrath, wo sie zeitweilig auch Konrektorin war.
Teile der Sammlung Schürmann wurden in der Vergangenheit in zahlreichen Museen und Galerien ausgestellt, so
unter anderem im Ludwig Forum Aachen, in den Deichtorhallen Hamburg sowie in der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen
K21 Düsseldorf und im Museum Abteiberg Mönchengladbach.
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