Neue Technik zur Flugverkehrskontrolle erforschen
St. Pölten (fh) - Der Flugverkehr in Europa nimmt zu. Durch eine Neuorganisation der Flugrouten und
des Flugverkehrsmanagements sollen mehr Flüge im dichten Luftraum möglich sein und gleichzeitig die Sicherheit
erhöht werden. Das österreichische Forschungsprojekt VAST – Virtual Airspace and Tower experimentiert
mit neuen visuellen und akustischen Darstellungsformen zur Flugverkehrskontrolle für Fluglotsinnen und -lotsen,
um den Technologiesprung in der europäischen Luftfahrt zu unterstützen.
„Flugverkehrskontrolle ist ein komplexer, sicherheitskritischer Arbeitsbereich mit wenig Spielraum für große
Innovationen. Fluglotsinnen und -lotsen arbeiten seit Jahrzehnten mit einer Technologie, die den Luftraum abstrahiert
und zweidimensional darstellt: dem Radar und dessen grafischen Benutzeroberflächen“, sagt Gernot Rottermanner,
Junior Researcher der Forschungsgruppe Media Computing am Institut für Creative\Media/Technologies der FH
St. Pölten.
Wichtige Informationen wie Flughöhe und Zeit werden am Radarschirm nur durch eingeblendeten Text angezeigt.
Dies zwinge die Lotsinnen und Lotsen die Situationsübersicht durch geistige Extraktion der angezeigten Informationen,
zu erlangen und zu behalten. Erschwerend komme hinzu, dass die Interpolation der Flugzeugpositionsdaten nur alle
ein bis vier Sekunden aktualisiert wird. Die kognitive Belastung der Lotsinnen und Lotsen sei dadurch sehr hoch.
Virtueller 3D-Flugraum
Gemeinsam mit Forscherinnen und Forschern der Fraunhofer Austria Research GmbH, der Firma Frequentis AG Wien und
Kolleginnen und Kollegen an der FH St. Pölten hat Rottermanner daher neue Verfahren zur Darstellung des Luftraums
entwickelt: Das Projekt „VAST – Virtual Airspace and Tower“ nutzt dafür modernste Visualisierungstechniken
und -konzepte (Visual Computing) aus unterschiedlichen Gebieten der Medientechnik und akustische Komponenten. Dadurch
soll der Flugverkehr in einem virtuellen Raum so abgebildet werden, dass die Situationsübersicht besser und
einfacher zu erlangen ist als mit der bisherigen Technik.
Um das neue Verfahren zu testen und den Bedarf danach zu erfragen, hat das Projektteam Interviews mit deutschen,
österreichischen und bulgarischen Fluglotsinnen und -lotsen durchgeführt, mehrere Prototypen zur zwei-
und dreidimensionalen Darstellung des Luftraums entwickelt und diese mit Lotsinnen und Lotsen getestet. Das Projekt
hat auch erhoben, wie die neue Technik die Effizienz im Sinne einer schnelleren Entscheidungsfindung und die Sicherheit
beeinflusst. Der Test zeigte in Bezug auf das Situationsbewusstsein und die Konflikterkennung, dass die dreidimensionale
Darstellung in der subjektiven Bewertung der Lotsinnen und Lotsen schlechter abgeschnitten hat als die zweidimensionale,
die objektiven Messungen aber genau umgekehrte Ergebnisse lieferten. Die Erkenntnisse daraus fließen derzeit
in die Entwicklung eines voll funktionalen Prototypen ein, der im Herbst 2018 mit Fluglotsinnen und -lotsen getestet
wird.
Mehr Effizienz und Sicherheit
Hintergrund für das Projekt ist der Masterplan des Single European Sky ATM Research Programme (SESAR), dessen
Ziele für den europäischen Luftraum eine Verdoppelung des Luftverkehrs, eine 30-prozentige Reduktion
der Verspätungen und eine Verbesserung der Sicherheit um den Faktor vier vorsehen. SESAR ist eine von der
Europäischen Kommission und von EUROCONTROL ins Leben gerufene Initiative zur Vereinheitlichung, Harmonisierung
und Synchronisierung der Dienste im Rahmen des europäischen Flugverkehrsmanagements.
„Flugzeuge sollen sich in Zukunft auf einer perfekten Wurflinie in Form einer Parabel von A nach B bewegen statt
wie bisher in Korridoren, bei denen Flugrouten einzelner Flugzeuge je nach Aufkommen immer wieder geändert
werden müssen. Das ermöglicht mehr Flugzeuge im Luftraum und reduziert den Treibstoffverbrauch, erhöht
aber die Anforderungen an die Flugverkehrskontrolle“, sagt Rottermanner.
Das Projekt VAST entwickelte somit eine Technik, die den Technologiesprung der europäischen Luftfahrt auf
diese sogenannten „4D-Trajektorien“ unterstützt und dem österreichischen Luftfahrtindustriestandort einen
Wettbewerbsvorteil sichern könnte, indem es für den zukünftigen, flächendeckenden Einsatz neuer
Technologien vorbereitet.
Projekt VAST – Virtual Airspace and Tower
Das Projekt wird gefördert vom Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie im Rahmen
des österreichischen FTI-Programm TAKE OFF für die Luftfahrt. Koordiniert wird das Projekt von der Fraunhofer
Austria Research GmbH in Graz.
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