Sobotka: Enge Kooperation zwischen
 EU-Parlament und nationalen Parlamenten
 im Interesse Europas notwendig

 

erstellt am
20. 06. 18
13:00 MEZ

Meinungsaustausch mit EP-Präsident Tajani und Fraktionsvorsitzenden des Europäischen Parlaments im Vorfeld des EU-Ratsvorsitzes
Brüssel/Wien (pk) - Kurz vor der Übernahme des EU-Ratsvorsitzes durch Österreich, der auch eine wesentliche parlamentarische Dimension umfasst, hatten MandatarInnen aller fünf Parlamentsparteien am 19. Juni die Möglichkeit, mit dem Präsidenten des EU-Parlaments, Antonio Tajani, und den Fraktionsvorsitzenden einen Meinungsaustausch über die inhaltlichen Schwerpunkte für die kommenden sechs Monate zu führen. Die Aussprache fand unter dem Vorsitz von Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka und Bundesratspräsident Reinhard Todt statt.

NR-Präsident Sobotka: Parlament plant eigene Initiativen zur Stärkung von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit am Westbalkan
Sobotka unterstrich die zunehmende Bedeutung der parlamentarischen Dimension und einer engen Abstimmung zwischen dem Parlament des Vorsitzlandes und dem Europäischen Parlament, um Fortschritte im gemeinsamem europäischem Interesse zu erzielen. Der intensive parlamentarische Austausch unterschiedlicher Argumente sei wichtig und notwendig und trage wesentlich zum Gelingen eines bürgernahen Europas bei, so der allgemeine Tenor der Diskussion. Man könne sich durchaus weitere Formate im Interesse einer engeren Zusammenarbeit überlegen. Tajani bedauerte in diesem Zusammenhang, dass das Europäische Parlament im Gegensatz zu den nationalen Parlamenten noch immer über kein Initiativrecht verfügt.

Für Nationalratspräsident Sobotka bieten die geplanten interparlamentarische Tagungen im Herbst zur Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik sowie zur EU-Wirtschafts- und Finanzpolitik aber auch die Konferenz der Parlamentarischen Versammlung Europa-Lateinamerika (EuroLat-PV) eine gute Gelegenheit, parlamentarische Impulse zu geben. Als ein besonderes Anliegen unterstrich er die europäische Perspektive für die Staaten des Westbalkans und appellierte an die Gäste, diese Länder auch weiterhin aktiv auf ihrem Weg in die EU zu unterstützen. Am 9. Oktober wird sich eine Konferenz im Parlament mit diesem Thema befassen, wobei der Nationalratspräsident vor allem auch Initiativen zur Stärkung von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit am Westbalkan plant.

BR-Präsident Todt: Wir brauchen ein Europa, das den sozialen Zusammenhalt schützt
Der Bundesratspräsident griff das Motto des österreichischen Ratsvorsitzes "Europa, das schützt" auf und will dies nicht nur unter dem sicherheitspolitischen, sondern vor allem auch unter einem sozialpolitischen Aspekt sehen. "Wir brauchen ein Europa, das den sozialen Zusammenhalt der Gesellschaft in der EU und darüber hinaus schützt", sagte Todt. Europa stehe derzeit vor großen Herausforderungen und gerate durch äußere politische Umstände, aber auch durch Entwicklungen innerhalb der Union massiv unter Druck. Der Fokus müsse daher auf einem geeinten Europa liegen, man müsse einen Pol der Stabilität schaffen, von dem Sicherheit, Frieden und sozialer Wohlstand ausgehe. Diese Position wurde von vielen unterstützt, wobei sich einige vehement für eine Sozialunion einsetzten. Einigkeit bestand auch darin, dass man sich – auch im Zusammenhang mit der Frage der sozialen Sicherheit – dem Thema Digitalisierung noch mehr widmen müsse, vor allem auch auf der Ebene der Volksvertretungen. Der österreichische Bundesrat befasst sich seit längerer Zeit intensiv mit diesen Fragen.

Als Vorsitzender der Länderkammer ist Todt auch das Prinzip der Subsidiarität wichtig. Dieses dürfe aber nicht als Nationalismus-Keule missbraucht werden, warnte er.

EP-Präsident Tajani: Lösung der Migrationsfrage ist eine Überlebensfrage der EU
Als eine der wesentlichen Herausforderungen bezeichneten die österreichischen sowie die EU-ParlamentarierInnen die Lösung der Migrationsfrage, wenn auch mit unterschiedlichen Zugängen. Wenn es dafür keine europäische Lösung gibt, dann kommen nationale Lösungen, und das führt zu einem Konflikt zwischen den Mitgliedstaaten, der das Überleben der Union gefährdet, warnte Tajani eindringlich. Notwendig sei der Schutz der Außengrenzen sowie eine enge Kooperation mit Drittstaaten, wobei Solidarität mit Bestimmtheit zu verknüpfen sei. Tajani kann sich auch die Einrichtung sogenannter Hotspots vorstellen, dazu müssten aber auch finanzielle Entscheidungen getroffen werden. Die Einbindung der UNO und die strikte Gewährleistung der Menschenrechte sieht er dabei als unabdingliche Voraussetzung.

Große Sorge bereitet den ParlamentarierInnen auch die aggressive Handelspolitik, die eine klare Antwort der EU erfordert, zumal gerade der Stahlsektor als einer der Schlüsselbereiche europäischer Industriepolitik betroffen ist.

Tajani möchte auch einen Fokus auf den Klimaschutz legen und sieht dabei die Wirtschaftspolitik keineswegs als Gegner. Vielmehr bringe eine digitalisierte Wirtschaft und die Forcierung von E-Mobilität weniger Schadstoffausstoß. Europa sollte seine Vorreiterrolle weiter ausbauen, sagte Tajani, wenngleich er einräumte, dass die gegenwärtige Politik der USA den globalen Klimaschutz erschwere.

Thema war auch kurz der Mehrjährige Finanzrahmen, wobei Tajani die Position des Europäischen Parlaments nach einer Ausweitung auf 1,3% des Bruttonationaleinkommens bekräftigte. Das bedeute keineswegs, dass die Bürgerinnen und Bürger mehr zahlen müssen, vielmehr gehe es um mehr Eigenmittel, stellte er fest.

An dem Gespräch nahmen auch Zweite Nationalratspräsidentin Doris Bures, ÖVP-Klubobmann August Wöginger, NEOS-Klubobmann Matthias Strolz sowie die Abgeordneten Reinhold Lopatka (ÖVP), Georg Strasser (ÖVP), Simone Graf (ÖVP), Thomas Drozda (SPÖ), Jessi Lintl (FPÖ), Susanne Fürst (FPÖ), Claudia Gamon (NEOS), Martha Bißmann (PILZ) sowie die BundesrätInnen Ferdinand Tiefnig (ÖVP) und Elisabeth Grimling (SPÖ) und EU-Angeordneter Josef Weidenholzer (SPÖ) als Mitglied der EU-Delegation teil.

 

 

 

Allgemeine Informationen:
https://www.parlament.gv.at

 

 

 

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