Die neue Ausstellung ist von 21. Juni bis 7. Oktober 2018 zu sehen
Wien (rk) - Das Künstlerinnenduo RESANITA – Anita Fuchs und Resa Pernthaller – hat in einem eigens
für das Kunst Haus Wien, einem Museum der Wien Holding, konzipierten mehrmonatigen Projekt die am Museumsgebäude
angesiedelte Pflanzenwelt analysiert, fotografisch festgehalten und in Installationen verarbeitet. Die entstandenen
Arbeiten sind nun als Ausstellung mit dem Titel „Das Haus als Wirt", der sich auf das Kunst Haus Wien als
Organismus bezieht, in der Garage präsentiert. Das Kunst Haus Wien ist Aufenthaltsort und Schutzraum für
eine Vielzahl von Pflanzenarten und liefert ausreichend Möglichkeiten ihrer Verbreitung.
RESANITAs künstlerische Herangehensweise bedient sich wissenschaftlicher Erkenntnismodi, um die von Friedensreich
Hundertwasser – Gründer und Gestalter des Museums – vor 26 Jahren im Innenhof, an der Fassade und auf dem
Dach in sein Bauwerk integrierte Flora zu erforschen. Dabei spielt die Dokumentation mittels Fotografie, ein seit
seiner Erfindung in den Dienst der Wissenschaft gestelltes Medium, eine zentrale Rolle. Die englische Botanikerin
Anna Atkins (1799–1871) illustrierte ihre erste Publikation 1843 beispielsweise ausschließlich mit Cyanotypien,
einem frühen fotografischen Verfahren. Die Publikation Urformen der Kunst (1928) des deutschen Fotografen
Karl Blossfeldt (1865–1932) stellt das wohl bekannteste Werk der streng formalen Pflanzenfotografie dar.
Resa Pernthaller und Anita Fuchs betreiben künstlerische Forschung und verstehen sich als Forscherinnen und
Künstlerinnen. Viele ihrer Projekte bauen auf Synthese von Wissen auf. Für das Ausstellungsprojekt „Das
Haus als Wirt“ konnte RESANITA mehr als 260 verschiedene Pflanzenarten dokumentieren und in Zusammenarbeit mit
BotanikerInnen der Universität für Bodenkultur Wien, der Universität Wien und dem Naturhistorischen
Museum bestimmen. Pernthaller und Fuchs erforschten dabei auch die schwer zugänglichen Bereiche auf den Dächern
des Hauses und die sich dort angesiedelte Wildnis. Auf Bildschirmen zeigen sie die umfangreiche und vielfältige
fotografische Ausbeute ihrer Untersuchung. Der fotografische Anspruch ist dabei weniger formal-ästhetisch,
sondern ist der Vollständigkeit verpflichtet. Nichtsdestotrotz faszinieren diese „einfachen“ enzyklopädischen
Bilder durch ihre satte grüne Farbigkeit, die Formen der Pflanzen- und Blattstrukturen und durch den Blick
auf das sonst nicht Zugängliche und daher nicht Sichtbare.
Forschungsstation am Dach des Museums und Politische Pflanzen
Ähnlich einer Forschungsstation haben die beiden Künstlerinnen auf dem Dach des Kunst Haus Wien im
Zuge ihrer Studien ein Zelt aufgeschlagen, in dem sie auch nächtigten. Eine Fototapete in der Ausstellung
zeigt diese temporäre Behausung, daneben sind ein Dutzend Herbarien, Sammlungen gepresster und getrockneter
Pflanzen, zu sehen. Mit dieser Installation knüpft RESANITA an ihr langjähriges Projekt Observation Journal
in Zusammenarbeit mit dem Vavilov Institute of Plant Industry in St. Petersburg an. Dort sind eine der weltweit
größten Datenbanken für Getreide und Saatgut und hunderttausende Herbarien beherbergt. Im Kunst
Haus Wien zitiert RESANITA die Archivierungsweise der BotanikerInnen, und ergänzt die Arbeit mit sogenannten
„Politischen Pflanzen“, die als Symbole für politische Bewegungen oder Aktionen stehen. Darunter findet sich
beispielsweise ein Vergissmeinnicht, das den Armeniern zum Gedenken an den Genozid durch die Türken 1915 dient
und das seit der Zeit des Nationalsozialismus auch Symbol der Freimaurer ist. Oder eine rote Rose, die das Emblem
der Rosenrevolution im November 2003 in Georgien ist.
Climate Bouquet
RESANITA sind zwei von Neugierde und Abenteuerlust getriebene Künstlerinnen. Sie versuchen in ihrer Auseinandersetzung
mit der Natur, die Dinge im wörtlichen Sinn zu begreifen. Ihre Projekte führen sie an unterschiedlichste
Orte – zuletzt an das Observatoire Haute-Provence in SaintMichel-l’Observatoire, Frankreich, wo in dem Projekt
O(3)HP, einer Eichenwald-Feldstudie unter der Leitung von Ilja Reiter, die Auswirkungen des Klimawandels erforscht
werden. Aus dieser Zusammenarbeit entwickelten sie das als „Climate Bouquet“ benannte Werk: Hier sind 168 unterschiedlichen
Pflanzen lebensgroß als Blumenstillleben abgebildet, das eine klassische Gattung der Kunstgeschichte vor
allem im 17. und 18. Jahrhundert beliebt, zitiert. Der Titel der Arbeit verweist auf die wichtige Rolle von Pflanzen
für die Verbesserung des urbanen Klimas beziehungsweise auf das Thema der Stadtbepflanzung und Naturraums
in der Stadt, – eine wiederholt auch Friedensreich Hundertwasser schon im vergangenen Jahrhundert formulierte Idee.
Über die Künstlerinnen
Resa Pernthaller studierte Rechtswissenschaften und Kunstgeschichte und lebt in der Steiermark und in Wien. Anita
Fuchs studierte Biologie, Kunstgeschichte sowie Malerei an der Meisterschule für Kunst und Gestaltung Graz
und lebt in der Steiermark.
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