Austausch mit Sozialpartnern über Verhandlungen zu Großbritanniens Austritt aus
der EU - WKÖ durch Ehrenpräsident Leitl und Vizepräsidentin Rabmer-Koller vertreten
Brüssel/Wien (pwk) - Die Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) war am Abend des 18. Juni
Gastgeber eines Austauschs von EU-Chefverhandler Michel Barnier und Vertretern der österreichischen Sozialpartner
sowie von WIFO und IHS. Barnier informierte über den Sachstand und Knackpunkte der laufenden Gespräche
über den Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union. Die WKÖ war bei dem
Treffen durch Ehrenpräsident Christoph Leitl, auch Präsident der Europäischen Wirtschaftskammern
EUROCHAMBRES, sowie Vizepräsidentin Ulrike Rabmer-Koller, auch Präsidentin des europäischen KMU-
und Handwerkverbands UEAPME, vertreten.
Der Abschluss der Brexit-Verhandlungen und die Vorlage des finalen Vorschlags für ein Austrittsabkommen ist
für Oktober 2018 unter österreichischem EU-Ratsvorsitz vorgesehen. Zwar sind nur noch 25 Prozent der
Verhandlungspunkte offen, die haben es allerdings in sich: Politisch besonders heikel ist die 500 Kilometer lange
Grenze zwischen Irland und Nordirland.
Aus Sicht der WKÖ müssen sich österreichische Unternehmen auf alle Eventualitäten einstellen
- auch den „worst case“ eines Scheiterns der Austrittsverhandlungen ohne Nachfolgedeal. Dann würden die Beziehungen
zwischen der EU und Großbritannien auf WTO-Niveau zurückfallen. Der grenzüberschreitende Handel
mit Waren, Dienstleistungen und Investitionen wäre dann wie mit jedem Drittland zu regeln. Aber auch wenn
ein Austritts- und Nachfolgeabkommen gelingt, scheiden die Briten aller Voraussicht nach aus dem Binnenmarkt aus.
Durch die damit verbundene Wiedereinführung von Zollformalitäten ist nach Schätzung der WKÖ
mit zusätzlich 340.000 Zollanmeldungen pro Jahr und erhebliche Mehrkosten zu rechnen. Hinzu kommen ein höherer
Mehraufwand für Unternehmer und längeren Stehzeiten an den Grenzen, wodurch „just-in-time“-Lieferungen
massiv erschwert werden.
WKÖ-Ehrenpräsident und EUROCHAMBRES-Präsident Leitl betonte gegenüber EU-Chefverhandler Michel
Barnier, dass „Schadensbegrenzung für die österreichischen und europäischen Unternehmen nun oberste
Priorität haben muss: Gerade die vielen kleinen und mittleren Unternehmen, die direkt oder indirekt mit Großbritannien
Geschäfte machen, sind anfällig für die Auswirkungen des Brexit. Ihre Bedürfnisse müssen
bei einem Nachfolgedeal ganz besonders berücksichtigt werden. Ziel muss sein, dass die europäischen Unternehmen
auch in Zukunft einen möglichst weitreichenden Zugang zum britischen Markt haben - ohne Bürokratie und
ohne ungerechtfertigte Handelshürden!“
WKÖ-Vizepräsidentin und UEAPME-Präsidentin Rabmer-Koller betonte gegenüber Michel Barnier ebenfalls,
die Anliegen der KMU genau im Auge zu behalten: „Die Unternehmen wissen nicht, was sie erwartet und sind daher
verunsichert. Gerade KMU haben keine Brexit-Notfallpläne. Die absehbare Wiedereinführung von Zollformalitäten
ist aus heutiger Sicht die größte Belastung, denen die Unternehmen - und dabei vor allem KMU - im Zusammenhang
mit dem EU-Austritt des Vereinigten Königreichs gegenüberstehen. Jetzt kommt es darauf an, rasch Klarheit
über die künftigen Beziehungen zwischen der EU27 und Großbritannien zu schaffen, damit die Betriebe
entsprechend planen können.“
Das Vereinigte Königreich ist seit 2017 nur noch Österreichs neuntwichtigster Exportmarkt, wobei der
negative Trend mit dem Referendum begonnen hat. Rückgänge gibt es nicht nur im Warenhandel (- 4,8% bei
den österreichischen Warenexporten, - 8,4% bei den Importen aus UK), sondern auch bei den Investitionen (-9,5%
beim Bestand österreichischer Direktinvestitionen in UK).
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