Von der Bodendatenbank bis zum Wetterbericht – immer mehr Daten stehen der Landwirtschaft zur
Verfügung. Aber werden sie auch genutzt? TU Wien und BOKU stoßen eine IT-Revolution auf unseren Feldern
an.
Wien (tu) - Die Anforderungen an die moderne Landwirtschaft sind hoch: Eine zuverlässige, billige Bereitstellung
gesunder Nahrungsmittel wird gewünscht, gleichzeitig soll nachhaltig produziert werden, mit möglichst
geringem CO2-Ausstoß. Um das zu erreichen, muss man unterschiedlichste Daten im Blick behalten – von der
Beschaffenheit des Bodens bis zu den Eigenheiten der ausgesäten Pflanzensorten, von Satelliten-Beobachtungsdaten
bis zum aktuellen Wetterbericht.
Im Forschungsprojekt „Farm/IT“ haben sich TU Wien und BOKU zusammengeschlossen, um diese Daten zu sammeln, zu verknüpfen
und auf einfache Weise verfügbar zu machen. Die Informationstechnologie soll auf diese Weise Einzug in die
Landwirtschaft halten und bei wichtigen Entscheidungen helfen – für eine ressourceneffizientere, produktivere
und umweltfreundlichere Landwirtschaft. Die bisherigen Tests zeigen jetzt schon das Potenzial der IT-Revolution,
die der Landwirtschaft bevorsteht.
Mit dem Computer die Felder simulieren
„Wer seit vielen Jahren Landwirtschaft betreibt, hat natürlich selbst einen reichen Erfahrungsschatz und
trifft viele Entscheidungen intuitiv richtig. Aber heute hat die moderne Landwirtschaft ein Maß an Komplexität
erreicht, dass Bauchgefühl alleine oft nicht mehr ausreicht“, sagt Thomas Neubauer vom Institut für Information
Systems Engineering der TU Wien. Er leitet den IT-Aspekt des Projekts, sein Kollege Prof. Ahmad Manschadi von der
Universität für Bodenkultur (BOKU) leitet den agrarwissenschaftlichen Teil. Das Ziel ist, Daten aus ganz
unterschiedlichen Quellen zu integrieren, um möglichst genaue Simulationen zu ermöglichen. Damit lässt
sich Landwirtschaft nun viel besser planen – von der Auswahl der passenden Pflanzen bis zum Erntezeitpunkt.
Das Projekt läuft noch bis 2021, doch in vielen Bereichen ist es bereits gelungen, durch Computer-Tools wertvolle
Prognosen zur Verfügung zu stellen: Mit Hilfe von Pflanzenwachstumsmodellen und Satellitendaten lässt
sich das aktuelle Entwicklung der Kulturpflanzen erfassen, sodass man den Ertrag und den optimalen Erntezeitpunkt
vorherberechnen kann. Spektralsensoren geben Auskunft, wann man am besten mit Stickstoff düngen soll. Der
Computer kann verschiedene Fruchtfolge-Szenarien miteinander vergleichen und die optimalen Kulturpflanzen für
ein bestimmtes Feld vorschlagen.
Gerade für die Umwelt können elektronische Landwirtschafts-Beratungs-Tools nützlich sein: So lässt
sich berechnen, wieviel CO2-Ausstoß verursacht wird, wieviel Wasser verbraucht wird und wie groß die
abgegebene Menge an Nitraten ist. „Wer Landwirtschaft betreibt, steht heute immer öfter vor dem Problem, solche
Umweltdaten angeben zu müssen, etwa um öffentliche Förderungen zu erhalten“, sagt Prof. Ahmad Manschadi
von der BOKU. „Farm/IT ermöglicht die Erhebung und Optimierung dieser Daten, für ein Feld, eine Fruchtfolge
oder den ganzen Betrieb.“
Flexibel und einfach zu benutzen
Ein wichtiges Ziel des Projektes ist es, ein möglichst einfaches Tool zu schaffen, das extrem flexibel einsetzbar
ist. Genutzt wird es über einen gewöhnlichen Web-Browser. Einerseits stehen typische Basisanwendungen
zur Verfügung, mit denen man gewöhnliche Aufgaben mit geringem Aufwand lösen kann, andererseits
kann man zusätzlich eigene Daten eingeben und die Modelle ganz spezifisch an die eigenen Anforderungen anpassen,
um noch bessere Ergebnisse zu erhalten. „In jedem Fall kann man mit unseren Tools ganz einfach simulieren, welche
Auswirkungen bestimmte landwirtschaftliche Entscheidungen haben werden. Die Vielzahl an Wechselwirkungen zwischen
gesetzlichen Vorgaben, natürlichen Prozessen und Produktionsentscheidungen wird lückenlos nachvollziehbar“,
sagt Thomas Neubauer. Der Computer wird zum fachkundigen Berater – und bald wird er wohl in der Landwirtschaft
genauso selbstverständlich sein wie ABS oder Einparkhilfen im Auto.
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