Vibrationen im Nanometerbereich detektiert ein neuartiger Sensor, entwickelt an der TU Wien.
Damit lassen sich Kräfte und Längenänderungen hochpräzise messen.
Wien (tu) - Kräfte messen ist etwas ganz Alltägliches – jede handelsübliche Küchenwaage
macht das. Kompliziert werden Kraftmessungen aber, wenn man auch die Richtung der Kraft messen möchte, wenn
hochpräzise gemessen werden muss, und wenn der Sensor auch noch auf Mikrometergröße verkleinert
werden soll. An der TU Wien ist es nun gelungen, all diese Anforderungen zu erfüllen: Ein winziger Sensor-Chip
mit einem Durchmesser von weniger als einem Zehntelmillimeter wurde entwickelt. Er soll Rasterkraftmikroskope verbessern
und könnte vielleicht auch Roboter mit hochsensiblem Fingerspitzengefühl ausstatten.
Messen in alle Richtungen
„Die meisten Kraft-Sensoren können Kräfte nur in einer Richtung messen“, sagt Alexander Dabsch, Dissertant
im Team von Prof. Franz Keplinger am Institut für Sensor- und Aktuatorsysteme der TU Wien. „Für viele
Anwendungen reicht das aber nicht aus – zum Beispiel, wenn man in einem Rasterkraftmikroskop eine dünne Spitze
Atom für Atom über eine raue Oberfläche gleiten lässt. Dann treten Kräfte in unterschiedliche
Richtungen auf, aus denen man wertvolle Information gewinnen kann.“
Daher entwickelte man an der TU Wien nun einen Kraft-Sensor, der deutlich mehr kann: Er misst nicht nur die Richtung
der Kraft in allen drei Raumdimensionen, er kann auch noch Torsion – also räumliche Verdrehungen – präzise
detektieren. Der Chip hat einen quadratischen Rahmen, der durch Krafteinwirkung von außen leicht verbogen
werden kann. In der Mitte befindet sich eine kreuzförmige Struktur aus Siliziumdrähten, dünn wie
Fliegenbeine.
„Genau wie eine Gitarrensaite kann auch diese Silizium-Struktur vibrieren“, erklärt Alexander Dabsch. „Wir
können diese Vibrationen gezielt anregen, indem wir ein äußeres Magnetfeld anlegen und dann Strom
durch die Struktur fließen lassen. Dabei entsteht eine Kraft, die Schwingungen auslöst.“
Wenn man eine Gitarre stimmt, ändert man die Spannung der Saite und hört plötzlich einen anderen
Ton – und genau dasselbe Prinzip nutzt der Sensor, um Krafteinwirkungen und Verbiegungen am Rahmen zu messen. Die
Schwingungsfrequenzen der Silizium-Struktur ändern sich, wenn eine äußere Kraft den Sensor verbiegt.
„Die Schwingungsfrequenz lässt sich auf wenige Hertz genau messen, das ermöglicht uns, die Verbiegungen
am Chip mit einer Präzision im Nanometerbereich anzugeben“, erklärt Dabsch.
Prototyp erfolgreich fertiggestellt
Unterstützt wurde das Projekt von der PRIZE Prototypenförderung des Bundesministeriums für Wissenschaft,
Forschung und Wirtschaft – einem Förderprogramm, das die Umsetzung von Ideen aus der akademischen Forschung
in markttaugliche Prototypen ermöglicht. Der neuartige Kraft-Sensor wurde nun bereits mit Unterstützung
des Forschungs- und Transfersupports der TU Wien zum Patent angemeldet, die Messmethode und erste Ergebnisse wurden
im Fachjournal „Journal of Micromechanics and Microengineering“ publiziert.
Die neue Messtechnik bietet vielfältige Anwendungsmethoden: „Nachdem unser Sensor extrem kompakt ist, liegt
es nahe über einen Einsatz in Rasterkraftmikroskopen nachzudenken“, sagt Alexander Dabsch. „Aber es gibt natürlich
auch noch viele andere Möglichkeiten – von der Überwachung mechanischer Verbiegungen in Bauwerken bis
hin zur Präzisions-Robotik, etwa wenn eine Maschine mit besonders empfindlichen Objekten hantieren soll, auf
die nur eine ganz bestimmte Maximalkraft ausgeübt werden darf.“
Video:
https://www.youtube.com/watch?v=LcLGrN1hwlg
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