Wien (oenb) - Anlässlich der EU-Ratspräsidentschaft Österreichs widmet die Oesterreichische Nationalbank
(OeNB) die aktuelle Ausgabe von Monetary Policy & the Economy dem Thema „Europe 2030: building a more resilient European
Monetary Union”. In sieben Beiträgen fassen Expertinnen und Experten aus OeNB, BMF und FMA aktuelle Fragestellungen
zur Zukunft der Europäischen Währungsunion zusammen und diskutieren mögliche Lösungsvorschläge.
EU-Reformmaßnahmen
Ausgelöst durch die Finanz-, Wirtschafts- und Staatsschuldenkrise hat die EU ein umfassendes Reformbündel
umgesetzt. Die vorliegende Publikation evaluiert, ob diese Reformen ausreichen, um künftige Wirtschaftskrisen
zu vermeiden oder zumindest deren Kosten einzugrenzen. Weist die EU/WWU nunmehr eine hinreichend verbesserte Widerstandsfähigkeit
auf? Was braucht es noch, um bereits getätigte Reformen effektiv werden zu lassen? Welche Auswirkungen haben
die Krisenerfahrungen und die getätigten Reformen für die Notenbanken?
Europäische Bankenunion
Aufgrund der Bedeutung eines funktionsfähigen, stabilen Banken- und Finanzsektors für die Übertragung
der Geldpolitik im Eurosystem sowie für die Finanzierung der Wirtschaft wurde 2011 die Schaffung einer Europäischen
Bankenunion in Angriff genommen. Durch die verschärfte Bankenregulierung und -aufsicht wird die Widerstandsfähigkeit
der Banken und des Finanzsystems gestärkt. Bis zur Umsetzung eines weiteren Pfeilers der Bankenunion, der
gemeinsamen Einlagensicherung, sind jedoch noch Hürden zu überwinden. In Diskussion steht auch die Proportionalität
der Bankenregulierung, d. h., wie regulatorische Anforderungen auf kleine, weniger komplexe und nicht international
tätige Banken zugeschnitten sein sollen. Die Reformen im Finanzsektor verbessern die Finanzmarktstabilität,
die erhöhte Komplexität der Regulierung wird jedoch zunehmend als Problem wahrgenommen. Wie kann man
die Finanzmarktstabilität weiter stärken, ohne das Regelsystem noch komplexer werden zu lassen? Muss
der Fokus noch stärker auf die Korrektur fehlerhafter Anreize für Banken und Finanzmärkte gelegt
werden, um etwa das Problem des „too big to fail“ in den Griff zu bekommen?
Kapitalmarktunion
Einen weiteren Meilenstein in der Weiterentwicklung der EU bildet die Kapitalmarktunion. Dabei geht es zum einen
um eine Ergänzung der in Europa stark bankbasierten Unternehmensfinanzierung durch Kapitalmarktinstrumente.
Zum anderen geht mit der Kapitalmarktunion auch die Erwartung einer verstärkten Risikoteilung im privaten
Sektor zwischen den EU-Mitgliedstaaten bei länderspezifischen Schocks einher, so wie sie in den USA zu beobachten
ist. Die Verwirklichung der Kapitalmarktunion und die Vervollständigung der Bankenunion bergen erhebliches
Potenzial, künftige Schocks innerhalb der EU besser abzufedern.
Wirtschafts- und Fiskalpolitik
Als Antwort auf die Krise wurde die wirtschaftspolitische Steuerung der EU 2011 umfassend gestärkt. Aktuell
werden in der Wissenschaft und auf EU-Ebene weitere fiskalische Mechanismen zur Risikoabfederung zwischen den Ländern
des Euroraums diskutiert, um künftigen Schocks besser begegnen zu können. Wie sind die in Diskussion
stehenden Vorschläge zu bewerten, welche Vor- und Nachteile sind mit ihnen verbunden? Reichen womöglich
die bestehenden Instrumente bereits aus, wenn sie vollständig umgesetzt würden?
Langfristig hängt der Wohlstand und dessen Sicherung davon ab, dass die EU-Mitgliedstaaten ihre Wirtschaftsstrukturen
laufend und entschlossen so anpassen, dass Schocks abgefedert werden können und das Wachstumspotenzial gestärkt
wird. Was kann getan werden, um die Produktivitätsentwicklung zu verbessern? Wie kann die Funktionsweise der
Güter-, Dienstleistungs- und Arbeitsmärkte verbessert werden, um Anpassungen an sich laufend ändernde
Rahmenbedingungen dauerhaft zu erleichtern und zu sichern?
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