62 Gesetzesbeschlüsse seit Konstituierung des neuen Nationalrats – Neue Gesetzgebungsperiode,
neues Präsidium, neue Abgeordnete
Wien (pk) - Die erste Tagung in der neuen XXVI. Gesetzgebungsperiode geht am 9. Juli zu Ende. 37 Mal ist
der neue Nationalrat seit seiner Konstituierung vergangenen November zusammengetreten, gedauert haben seine Sitzungen
187 Stunden und 22 Minuten. Das sind 184 Debatten oder rund 1.100 Seiten an Stenografischen Protokollen. 62 Gesetze,
davon die ersten im Dezember, hat er dabei beschlossen. 22,58% der Gesetzesbeschlüsse fielen einstimmig aus,
was einen Rückgang gegenüber der letzten Tagung noch unter der alten rot-schwarzen Regierung (2016/2017:
rund 35%) mit damals sechs anstelle von nunmehr fünf Fraktionen im Parlament bedeutet.
Auf das Konto der wie immer nach Neuwahlen verkürzten ersten Nationalratstagung gehen außerdem 143 Ausschusssitzungen,
22 Unterausschusssitzungen, 4 Untersuchungsausschusssitzungen und eine parlamentarische Enquete zur Klima- und
Energiestrategie der Bundesregierung. Erstmals wurden vom Nationalrat zudem zwei nebeneinander laufende Untersuchungsausschüsse
eingesetzt: Eine Neuauflage zu den Eurofightern sowie einer zur Aufklärung der Affäre rund um die Hausdurchsuchungen
im Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung auf Basis eines Minderheitsverlangens der
Opposition.
Die Causa BVT hat die Wogen im Parlament in der abgelaufenen Tagung am meisten hochgehen lassen. In gleich zwei
Sondersitzungen innerhalb von vier Monaten verlangte die Opposition von Innenminister Herbert Kickl Rede und Antwort
zu den umstrittenen Vorkommnissen in seinem Ressort. Gegen keinen anderen Minister der neuen Regierung wurde ein
Misstrauensantrag eingebracht. Für rücktrittsreif hielt die Opposition Kickl bereits im März, ein
weiteres Mal im Juni. Auch sonst für viel Aufregung sorgten das CETA-Freihandelsabkommen zwischen der EU und
Kanada, die Aufhebung des generellen Rauchverbots in der Gastronomie durch die Regierung, das Sicherheitspaket
samt staatlicher Spionagesoftwarte sowie der zuletzt beschlossene 12-Stunden-Tag.
Das waren die Gesetzesbeschlüsse 2017/2018
Nach der Konstituierung des Nationalrats im November werden im Dezember zum Jahresende noch die ersten Gesetze
beschlossen, u.a. eine Nullohnrunde für PolitikerInnen, die neue Ressortaufteilung im Bundesministeriengesetz
und das Budgetprovisorium für 2018.
Im Februar beschließt der Nationalrat mehr Geld für die Unis und weitere Zugangsbeschränkungen.
Im März folgt die Senkung der Mehrwertsteuer für Nächtigungen auf erneut 10% sowie die Ratifizierung
des Atomwaffenverbotsvertrags. Der April steht dann ganz im Zeichen des Doppelbudgets 2018/2019, das von der Opposition
massiv kritisiert wird. Im Mai gibt der Nationalrat grünes Licht für das umstrittene Sicherheitspaket
der Regierung samt staatlicher Spionagesoftware zur Überwachung von verschlüsselten Nachrichten in Messengerdiensten
wie Whatsapp oder Skype sowie anlassbezogener Vorratsdatenspeicherung. Mit mehreren Datenschutzpaketen wird Österreich
zudem für die EU-Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) fit gemacht und das Bestbieterprinzip im Vergaberecht
weiter gestärkt. Beschlossen werden zudem eigene Deutschklassen für Kinder mit zu geringem Deutschsprachniveau
sowie Maßnahmen gegen das Schulschwänzen.
Im Juni wird das Feihandelsabkommen CETA zwischen der EU und Kandada genehmigt, ein weitgehendes Verbot von Quecksilber
implementiert, das SchülerInnenparlament gesetzlich verankert und eine rechtliche Grundlage für die temporäre
Freigabe von Pannenstreifen auf den Autobahnen geschaffen.
Zum Tagungsendspurt im Juli wird noch der von der Regierung versprochene Familienbonus Plus befürwortet, außerdem
gibt es eine Neuregelung für das Rücktrittsrecht bei Lebensversicherungen und den Grundsatz "Beraten
statt strafen" im Verwaltungsstrafrecht. Darüber hinaus werden rund 2.500 Gesetze und Verordnungen aus
dem Rechtsbestand gestrichen, durch eine Klarstellung im Urheberrecht können Plenarsitzungen künftig
On Demand angeboten werden.
Großen Protest von der Opposition gibt es im Juli zudem für die Arbeitszeitflexibilisierung der Regierung
mit der Ermöglichung des 12-Stunden-Tags. Zudem wird der Kreis der Anspruchsberechtigten für die Heimopferrente
ausgeweitet. Mit einer Geldstrafe von bis zu 500 Euro müssen uneinsichtige Schaulustige rechnen. Weitere Verschärfungen
im Fremdenrecht ermächtigen Sicherheitsorgane außerdem, Flüchtlingen im Zuge der Einbringung von
Asylanträgen Bargeld abzunehmen und Handydaten auszuwerten. Fluggastdaten werden zudem künftig auch in
Österreich gesammelt und verarbeitet.
Neuer Nationalrat, Präsidium wird zweimal gewählt
In der konstituierenden Sitzung des neu gewählten Nationalrats am 9. November 2017 werden 85 der 183 Abgeordneten
zum ersten Mal angelobt. Der neue Nationalrat ist jünger und eine Spur weiblicher (35,52%), Abschied nehmen
heißt es nach über dreißig Jahren von den Grünen und parlamentarischen Urgesteinen wie Jakob
Auer und Josef Cap.
Vertreten sind im Parlament nunmehr fünf Fraktionen: Die ÖVP mit 62 Mandaten als stimmenstärkste
Kraft, gefolgt von der SPÖ mit 52 und der FPÖ mit 51 Mandaten. Die NEOS sind mit 10 Abgeordneten vertreten,
die Liste Pilz hat es mit 8 Sitzen ins Parlament geschafft. Den Grünen gelingt es hingegen nicht, bei den
Neuwahlen die 4%-Hürde zu überspringen. Dass es während der Gesetzgebungsperiode nicht zu mehr als
den fünf Klubs kommen kann, dafür sorgt eine Neuregelung des §7 in der Geschäftsordnung. Demnach
ist der Zusammenschluss zu einem Klub nur mehr am Beginn der Gesetzgebungsperiode möglich.
Zu Unruhen innerhalb eines Klubs kam es allerdings dennoch recht schnell. Noch vor der konstituierenden Sitzung
im November verzichtete Listengründer Peter Pilz auf sein Mandat, nachdem Vorwürfe sexueller Belästigung
öffentlich geworden waren. Schließlich zog er Mitte Juni doch noch in das Parlament ein, nachdem Peter
Kolba zunächst seine Funktion als Klubobmann zurückgelegt und dann auf sein Mandat verzichtet hat. Pilz'
Rückkehr ins Parlament geht dann aber nicht ganz friktionsfrei über die Bühne, fast alle weiblichen
Abgeordneten verlassen bei seiner Angelobung den Saal.
In seiner konstituierenden Sitzung im November wählte der Nationalrat außerdem ein neues Präsidium.
Präsidentin des Nationalrats wird zunächst Elisabeth Köstinger, Doris Bures Zweite Nationalratspräsidentin,
Norbert Hofer wird erneut Dritter Nationalratspräsident. Im Dezember hat Österreich eine neue Regierung
und Köstinger sowie Hofer verabschieden sich aus dem Parlament. An die Spitze des Nationalrats wird Wolfgang
Sobotka gewählt, der sich in seiner Antrittsrede zu Äquidistanz, lebendigem Parlamentarismus und einem
Parlament als Ort des Dialogs bekennt. Das Amt der Dritten Nationalratspräsidentin übernimmt Anneliese
Kitzmüller.
10 Dringliche Anfragen bzw. Anträge, 11 Kurze Debatten der Opposition
Auf Verlangen der Opposition hielt der Nationalrat 3 Sondersitzungen außerhalb des regulären Sitzungsplans
ab, diskutierte über 7 Dringliche Anfragen, über 3 Dringliche Anträge sowie über 11 Kurzdebatten
zu schriftlichen Anfragebeantwortungen von einzelnen Regierungsmitgliedern und Fristsetzungsanträgen. Das
Interpellationsrecht im Plenum wurde so etwa genutzt, um das Hochhausprojekt am Wiener Heumarkt, eine Schuldenbremse
in der Verfassung, eine Reform der Zentralmatura, einen Rechtsrahmen für Blockchain und Kryptowährungen,
Lohn- und Sozialdumping sowie den
Diskriminierungsschutz oder die Lage des Rechtsextremismus in Österreich auf die tagesaktuelle politische
Agenda zu heben. 4 mal gab die Regierung eine Erklärung ab, zuletzt zum EU-Ratsvorsitz Österreichs.
Neben den 62 Gesetzesbeschlüssen, von denen fünf eine Zweidrittelmehrheit erforderten, hat der Nationalrat
zudem 13 Staatsverträge genehmigt, u.a. das Anti-Atomwaffen-Abkommen der UNO, womit Österreich zu einem
der ersten Unterzeichner-Länder wurde.
Die meisten schriftlichen Anfragen gehen an Innenminister Kickl
Die Abgeordneten haben in ihrem ersten Tagungsjahr rund 1400 schriftliche Anfragen eingebracht. Ganz oben auf der
Liste der befragten Ressorts liegt in diesem Jahr erneut das Innenministerium (167), gefolgt vom Sozialministerium
(139) und dem Finanzministerium (138). An den Präsidenten des Nationalrats gingen 12 Anfragen. Mit mehr als
der Hälfte der eingebrachten schriftlichen Anfragen, nämlich 762, hat die SPÖ der Regierung am häufigsten
auf den Zahn gefühlt, gefolgt von den NEOS mit 386 und der Liste Pilz mit 223 Anfragen. Die ÖVP hat 8
Anfragen gestellt. Schlusslicht ist die FPÖ mit 4, die im Tagungsjahr davor als Oppositionsfraktion im Parlament
noch auf über 1.500 kam.
95 Gesetzesinitiativen der Parlamentsfraktionen
Ihre politischen Anliegen haben die fünf Parlamentsfraktionen seit Tagungsbeginn in 95 konkrete Gesetzesanträge
gegossen, die je nach Materie an die zuständigen Fachausschüsse zugewiesen wurden. Mit 41 selbstständigen
Anträgen hat die SPÖ die Nase vorne, wobei mitberücksichtigt werden muss, dass einige von ihnen
gemeinsam mit anderen Fraktionen vorgelegt wurden. Die NEOS kommen auf 31 Initiativen, die Liste Pilz auf 16. ÖVP
und FPÖ haben ebenfalls jeweils 16 Anträge eingebracht, die entweder als gemeinsame Koalitionsanträge
oder als Mehrparteienanträge vorgelegt wurden, wie etwa die Ausweitung der Anspruchsberechtigten für
die Heimopferrente.
Die letzte reguläre Nationalratssitzung in der vorzeitig zu Ende gegangenen XXV. Gesetzgebungsperiode ist
im Oktober mit einer 17-stündigen Debatte über die Bühne gegangen. Im September und Oktober wurden
noch 18 Gesetze beschlossen.
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