Exekutive erhält Zugriff auf Handydaten und Bargeld der Asylwerber
Wien (pk) - Mit den Stimmen der Koalitionsparteien billigte der Nationalrat am 5. Juli ein umfassendes
Fremdenrechtspaket, das unter anderem der Exekutive den Zugriff auf die Mobiltelefone und das Bargeld von AsylwerberInnen
ermöglicht. Außerdem werden Beschwerdefristen gegen bestimmte Entscheidungen des Bundesamts für
Fremdenwesen und Asyl verkürzt. Durch diese und weitere Maßnahmen soll die Effizienz der Verfahren gesteigert
und die Schutzbedürftigkeit der Personen rascher festgestellt werden, argumentierte Staatssekretärin
Karoline Edtstadler. Die VertreterInnen der SPÖ, NEOS und der Liste Pilz warfen der Regierung Symbolpolitik
vor, da viele Maßnahmen schon jetzt umsetzbar wären und zudem mit einem zusätzlichen Verwaltungsaufwand
zu rechnen sei.
Mit dem in der Fassung eines ÖVP-FPÖ-Abänderungsantrags beschlossenen Fremdenrechtsänderungsgesetz
2018 ( 189 d.B. ) werden darüber hinaus neue EU-Vorgaben in Bezug auf die Mobilität von ForscherInnen,
Studierenden und Freiwilligen umgesetzt sowie Vorkehrungen im Universitätsgesetz getroffen, um die missbräuchliche
Verwendung eines Aufenthaltstitels als Studierender zu unterbinden. Keine Zustimmung fand ein Antrag der NEOS,
in dem es um die rechtliche Bindungswirkung von Empfehlungen des UN-Menschenrechtsausschusses ging.
Sicherheitsbehörden erhalten Zugriff auf Handydaten und können Bargeld sicherstellen
Mit dem Gesetzespaket werden die Sicherheitsorgane u.a. ermächtigt, Mobiltelefone von AsylwerberInnen und
andere mitgeführte Datenträger auszuwerten, wenn Zweifel an der Identität der Betroffenen, ihrem
Herkunftsland oder an der angegebenen Fluchtroute bestehen. Zudem können die Flüchtlinge bereits im –
dem Asylverfahren vorgeschalteten - Zulassungsverfahren verpflichtet werden, in einer bestimmten Betreuungsstelle
des Bundes Unterkunft zu nehmen. Neu geschaffen wird darüber hinaus die Möglichkeit, den Flüchtlingen
im Zuge ihrer Antragstellung auf Asyl Bargeld abzunehmen. Damit soll eine Kostenbeteiligung an der vom Bund im
Zulassungsverfahren gewährten Grundversorgung sichergestellt werden. Als Maximalbetrag sind dabei 840 € pro
Person festgeschrieben.
Auf die Verhinderung von Verfahrensverschleppungen zielt eine "gesetzlich fingierte Asyl-Antragstellung"
für alle in Österreich aufhältigen minderjährigen Kinder von AsylwerberInnen ab. Adaptiert
werden auch die Bestimmungen in Bezug auf die Verhängung von Schubhaft. Anerkannte Flüchtlinge, die in
ihr Heimatland reisen bzw. einen Reisepass ihres Herkunftslandes beantragen, müssen künftig mit einem
beschleunigten Asylaberkennungsverfahren rechnen. Gleichzeitig wird Asylberechtigten die Erlangung der österreichischen
Staatsbürgerschaft erschwert, es gilt künftig eine mindestens zehnjährige Wartefrist.
Relativiert wird überdies die bisherige gesetzliche Verpflichtung, AsylwerberInnen mit hoher Anerkennungswahrscheinlichkeit
Zugang zu Deutschkursen zu gewähren. Sie sollen nur noch nach Maßgabe vorhandener finanzieller Mittel
und organisatorischer Ressourcen entsprechende Integrationshilfe erhalten.
Breite Ablehnung durch die Opposition: Mehr Inszenierung als Substanz
Ihre Fraktion werde dem Gesetzespaket nicht zustimmen, erklärten die SPÖ-Abgeordneten Nurten Yilmaz und
Angela Lueger, da es sich um einen "erneuten Showact" handle, der zusätzliche Verfahren und enorme
Kosten in der Höhe von fast 10 Millionen € verursache. Als Beleg zitierte Lueger aus diversen kritischen Stellungnahmen,
in denen u.a. die fehlende Neukodifikation der betreffenden Rechtsmaterien bemängelt wurde. Als weitere strittige
Punkte führte sie die Abnahme von Bargeld (maximal 840 € pro Person), die Auslese von Handydaten, die Reduktion
der Integrationshilfe, die Verstaatlichung der Rechtsberatung sowie die verkürzte Beschwerdefrist beim Bundesamt
für Fremdenrecht und Asyl an. Auch die zwei zusätzlichen Aufenthaltstitel, die durch die Umsetzung der
EU-Vorgaben in Bezug auf StudentInnen und ForscherInnen eingeführt werden, tragen nicht zur Vereinfachung
der Rechtsmaterie bei, monierte Lueger. Abgeordneter Rudolf Plessl (SPÖ) gab zu bedenken, dass alle angesprochenen
Maßnahmen schon auf Basis der jetzigen gesetzlichen Grundlage vollziehbar wären. Außerdem sei
wieder keine Begutachtung durchgeführt worden, was baldige Reparaturen erforderlich machen werde.
Seit 2005 wurde das Fremdenrecht bereits 17 Mal novelliert, zeigte Alma Zadic (PILZ) auf, eine Gesamtkodifikation
wäre dringend notwendig. Bei den vorgeschlagenen Maßnahmen, die einen strafrechtlichen Charakter haben,
gewinne man den Eindruck, dass von allen Asylsuchenden eine Gefahr ausgehe. Außerdem seien sie ihrer Ansicht
nach völlig ungeeignet, um die Effizienz zu steigern. Statt konsequent gegen die Menschenhändler und
Schlepper vorzugehen, die Milliardengeschäfte machen, nehme man jenen Menschen das Bargeld ab, die vor Tod,
Verfolgung und Folter flüchten. Auch die Abnahme der Handys sei der falsche Weg, da die darin enthaltenen
Daten völlig unzuverlässige Beweismittel darstellen.
Stephanie Krisper von den NEOS war ebenfalls der Meinung, dass es bei den zur Debatte stehenden Gesetzesänderungen
mehr um Inszenierung gehe als um Substanz. Auch wenn man über einige Punkte, wie z.B. in Bezug auf die bessere
Nachverfolgung der Fluchtroute oder die Verschärfungen bei Reisen in die Herkunftsländer, diskutieren
könne, werden die NEOS dem "Symbolpaket" nicht zustimmen, kündigte sie an. Völlig absurd
sei etwa die Abnahme von Bargeld, da Asylsuchende, die ihren Lebensunterhalt aus eigenen Mitteln bestreiten können,
ohnehin keinen Anspruch auf staatliche Leistungen haben. Außerdem befürchtete Krisper einen zusätzlichen
Verwaltungsaufwand, der sich nicht rechnet. Für problematisch hält sie auch die Abschiebung straffällig
gewordener Jugendlicher sowie die verlängerte Wartefrist auf die Staatsbürgerschaft für Flüchtlinge.
Schließlich ging die Rednerin noch auf den auf der Tagesordnung stehenden Antrag der NEOS auf Änderung
des Fremdenpolizeigesetzes ein, der im Ausschuss keine Mehrheit fand. Darin fordert ihre Fraktion, dass "Empfehlungen
einer vorläufigen Maßnahme" des UN-Menschenrechtsausschusses die gleiche Bindungswirkung entfalten
soll wie entsprechende Empfehlungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR).
Konsequente und effiziente Asyl- und Migrationspolitik wird durch ÖVP und FPÖ nun umgesetzt
Abgeordneter Werner Amom (ÖVP) sprach von notwendigen Anpassungen, die sich aus den Entwicklungen seit dem
Jahr 2015 ergeben haben. Es gehe im Wesentlichen um eine restriktive und effiziente Flüchtlingspolitik sowie
die strikte Trennung zwischen Migration und Asyl. Österreich habe sich in der letzten Zeit sehr großzügig
verhalten, war Amon überzeugt, aber Pull-Effekte müssen vermieden werden. Wenig Verständnis zeigte
er für die Kritik an der sogenannten Verstaatlichung der Rechtsvertretung, zumal es Pflichtverteidiger auch
in anderen Verfahren gibt.
Das Gesetzespaket sei eine konsequente Fortsetzung des österreichischen Wegs in der Asyl- und Migrationspolitik
und schlage sich auch im Schwerpunkt des Ratsvorsitzes nieder, meinte Karl Mahrer. Während an einer gesamteuropäischen
Lösung gearbeitet werde, müsse jedes Land seine Hausaufgaben machen. Aufgrund seiner langjährigen
beruflichen Erfahrungen sei er überzeugt davon, das nun wichtige Lücken geschlossen und die Asylverfahren
rascher erledigt werden können. Auch sein Fraktionskollege Nikolaus Prinz hob die positive Weiterentwicklung
des Fremdenrechts hervor und wiederholte die wichtigsten Änderungen.
Hans-Jörg Jenewein (FPÖ) betonte, dass die Regierung angetreten sei, den negativen Entwicklungen der
letzten Jahre im Migrationsbereich gegenzusteuern. Er hielt es auch für legitim, dass die Flüchtlinge
einen Beitrag leisten; dies sei in der Schweiz seit vielen Jahren gang und gäbe. Ein von ihm eingebrachter
Abänderungsantrag diente vor allem begrifflichen Klarstellungen. Wer Geld für Schlepper habe, der könne
auch für seine eigene Versorgung aufkommen, schloss sich FPÖ-Mandatar Philipp Schrangl der Argumentation
seines Fraktionskollegen an. Ebenso wie Günther Kumpitsch und Werner Herbert (beide FPÖ) ging er auf
einige Eckpunkte des Gesetzes ein, wie die Möglichkeit zur Überprüfung von Handydaten, die beschleunigte
Aberkennung des Asylstatus bei Heimreisen, die strengere Vorgangsweise bei rechtskräftig verurteilten Straftätern
oder die längere Wartefrist bei Anträgen auf Staatsbürgerschaft.
Edtstadler: Beschleunigung der Verfahren und Reduktion der Missbrauchsmöglichkeiten
Ziel der umfassenden Novelle sei die Steigerung der Effizienz von asyl- und fremdenrechtlichen Verfahren, erklärte
Staatssekretärin Karoline Edtstadler. Damit soll es zu einer rascheren Feststellung des Aufenthaltsrechts
kommen. Die Regierung habe versprochen, für eine geordnete und effiziente Asylpolitik sowie eine klare Trennung
zwischen illegaler Migration, legaler Zuwanderung und Asyl vorzunehmen; dies werde nun umgesetzt. Zudem setze man
ein wichtiges Signal an Schlepper. Mit dem vorliegenden Gesetzespaket würden im Wesentlichen Vollzugsdefizite
behoben und das Fremdenrecht an die Erfordernisse der Praxis angepasst.
In weiterer Folge erläuterte sie die wichtigsten Inhalte des Fremdenrechtsänderungs- gesetzes 2018, die
von der Möglichkeit zur Auslese von Handydaten, der Sicherstellung von Bargeld im Zuge der Einbringung von
Asylanträgen, der ex-lege Antragstellung für minderjährige Kinder von AsylwerberInnen, die Anhebung
der Wartefrist für die Staatsbürgerschaft bis hin zur beschleunigten Asylaberkennung bei Heimreisen reichen.
In allen Fällen seien stets Einzelprüfungen und eine sorgfältige Abwägung der Interessen vorgesehen.
Edtstadler stellte gleichzeitig mit Nachdruck fest, dass sich Österreich weiterhin seiner Pflichten, die sich
aus internationalen Abkommen ergeben, klar bewusst sei und all denjenigen Schutz bietet, die es brauchen. Den Antrag
der NEOS könne sie nicht unterstützen, da zwischen den beiden angesprochenen Rechtsinstitutionen erhebliche
Unterschiede liegen.
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