Wachstum im Tourismus gefährdet –
 Mitarbeiterbedarf nicht gedeckt

 

erstellt am
06. 07. 18
13:00 MEZ

Tourismusbarometer von Deloitte und ÖHV
Wien (deloitte) - Der Tourismusbarometer 2018 von Deloitte und ÖHV verzeichnet eine überwiegend gute Stimmung unter Österreichs Tourismusunternehmern. Nach der erfolgreichen Wintersaison blickt die Branche zuversichtlich in den Sommer. Ein großes Manko stellt jedoch der immer drängendere Fachkräftemangel dar. Knapp ein Drittel der heimischen Betriebe musste das Angebot aufgrund fehlender Mitarbeiter bereits reduzieren.

Das Beratungsunternehmen Deloitte und die Österreichische Hoteliervereinigung (ÖHV) haben erneut die Stimmungslage im österreichischen Tourismus analysiert. Für den Tourismusbarometer wurden 206 Unternehmer aus ganz Österreich befragt. Das Ergebnis: Die aktuell gute wirtschaftliche Gesamtsituation wirkt sich positiv auf die heimische Tourismusbranche aus. Mit einem Indexwert von 2,83 nach Schulnotensystem lässt sich eine leichte Verbesserung gegenüber dem Vorjahr (2,99) erkennen.

„Die wirtschaftliche Lage hat sich innerhalb des letzten Jahres für die Hälfte der Befragten verbessert. Die rekordverdächtige Wintersaison brachte ein Nächtigungsplus von rund 5 %. Folglich waren österreichweit 69 % der Befragten mit den Winterumsätzen zufrieden. Entsprechend zuversichtlich blickt man auf die Sommersaison: 62 % rechnen mit einer Umsatzsteigerung“, analysiert Andreas Kapferer, Partner bei Deloitte Tirol.

Dringend benötigt: Konzepte zur Besetzung offener Stellen
Die Studie verweist aber auch auf ein latentes Risiko: Offene Stellen können nicht mit geeigneten Mitarbeitern besetzt werden. Österreichweit hat bereits fast ein Drittel der Befragten das Angebot wegen unbesetzter Stellen zurückgeschraubt. Manche mussten aufgrund des Mitarbeiterengpasses sogar einen Teil des Betriebes schließen.

„In 37 % der heimischen Tourismusbetriebe stehen weitere Arbeitsplätze auf dem Spiel. Sie können das aktuelle Angebot aufgrund fehlender Mitarbeiter nicht aufrechterhalten“, erklärt Markus Gratzer, Generalsekretär der ÖHV. „Viele Arbeitgeber versuchen den Mangel durch Digitalisierung auszugleichen. Bei der Rezeption und im Reservierungsmanagement funktioniert das, in der Küche nicht. Hier braucht es gezielte Impulse von der Politik.“

Am schwierigsten ist die Lage im Westen Österreichs: In Vorarlberg sehen die Betriebe rund die Hälfte der Arbeitsplätze gefährdet, weil sie ihr Angebot zurückfahren müssen. In Tirol sind es 43 %. Die Situation in Wien oder im Burgenland ist hingegen deutlich entspannter.

Politik und Unternehmen gleichermaßen gefordert
Die Mitarbeitersituation hat sich österreichweit zugespitzt. Vom Gesetzgeber erhofft sich die Tourismusbranche deshalb gezielte Arbeitsmarktoffensiven und entlastende Maßnahmen. So würden 72 % die Regionalisierung der Mangelberufsliste befürworten. Doch auch die Unternehmen selbst schöpfen ihr Potenzial nicht zur Gänze aus.

„Ein 17-jähriger Küchenlehrling hat andere Anforderungen an den Arbeitsplatz als eine teilzeitbeschäftigte Mutter mit Betreuungspflichten im Service. Viele Touristiker bieten bereits individualisierte Mitarbeiterangebote an. Das ist wichtig, um als Arbeitgeber attraktiv zu sein“, betont Andreas Kapferer. „Auch kooperative Zusammenschlüsse einzelner Betriebe zahlen sich langfristig für die Unternehmen aus. Zahlreiche Erfolgsbeispiele aus der Praxis beweisen das.“

Investitionsbereitschaft höher, Regularien zu eng
Der Zugang zu Krediten hat sich laut Umfrage kaum zum Positiven verändert. Dennoch geben 72 % der Studienteilnehmer an, ihre geplanten Investitionen für 2018 durchführen zu wollen. Im Vorjahr wagten das nur 59 %. Während 2017 noch über 30 % von ursprünglich geplanten Investitionsvorhaben zurücktreten wollten, sind es heuer nur mehr 16 %. Die Investitionsfreude lässt sich vor allem auf die hohe Zufriedenheit mit dem Wintergeschäft zurückzuführen.

Insgesamt stellen das regulatorische Umfeld sowie die Steuer- und Abgabenlast aber nach wie vor eine große Herausforderung für die Branche dar. Im Bundesländervergleich leiden Betriebe im Burgenland und in Salzburg am meisten unter der Kostensituation. Die Wiener Touristiker bewerten die Lage weniger negativ.

„Die regulatorischen Rahmenbedingungen sind oft zu eng gesteckt und praxisfern. Eine Gewerbeordnung aus dem 19. Jahrhundert kann weder mit den Herausforderungen der Sharing Economy noch mit den Bedürfnissen moderner Betriebe mithalten. Da besteht dringender Handlungsbedarf seitens des Gesetzgebers“, fordert Markus Gratzer abschließend.

 

 

 

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