Tourismusbarometer von Deloitte und ÖHV
Wien (deloitte) - Der Tourismusbarometer 2018 von Deloitte und ÖHV verzeichnet eine überwiegend
gute Stimmung unter Österreichs Tourismusunternehmern. Nach der erfolgreichen Wintersaison blickt die Branche
zuversichtlich in den Sommer. Ein großes Manko stellt jedoch der immer drängendere Fachkräftemangel
dar. Knapp ein Drittel der heimischen Betriebe musste das Angebot aufgrund fehlender Mitarbeiter bereits reduzieren.
Das Beratungsunternehmen Deloitte und die Österreichische Hoteliervereinigung (ÖHV) haben erneut die
Stimmungslage im österreichischen Tourismus analysiert. Für den Tourismusbarometer wurden 206 Unternehmer
aus ganz Österreich befragt. Das Ergebnis: Die aktuell gute wirtschaftliche Gesamtsituation wirkt sich positiv
auf die heimische Tourismusbranche aus. Mit einem Indexwert von 2,83 nach Schulnotensystem lässt sich eine
leichte Verbesserung gegenüber dem Vorjahr (2,99) erkennen.
„Die wirtschaftliche Lage hat sich innerhalb des letzten Jahres für die Hälfte der Befragten verbessert.
Die rekordverdächtige Wintersaison brachte ein Nächtigungsplus von rund 5 %. Folglich waren österreichweit
69 % der Befragten mit den Winterumsätzen zufrieden. Entsprechend zuversichtlich blickt man auf die Sommersaison:
62 % rechnen mit einer Umsatzsteigerung“, analysiert Andreas Kapferer, Partner bei Deloitte Tirol.
Dringend benötigt: Konzepte zur Besetzung offener Stellen
Die Studie verweist aber auch auf ein latentes Risiko: Offene Stellen können nicht mit geeigneten Mitarbeitern
besetzt werden. Österreichweit hat bereits fast ein Drittel der Befragten das Angebot wegen unbesetzter Stellen
zurückgeschraubt. Manche mussten aufgrund des Mitarbeiterengpasses sogar einen Teil des Betriebes schließen.
„In 37 % der heimischen Tourismusbetriebe stehen weitere Arbeitsplätze auf dem Spiel. Sie können das
aktuelle Angebot aufgrund fehlender Mitarbeiter nicht aufrechterhalten“, erklärt Markus Gratzer, Generalsekretär
der ÖHV. „Viele Arbeitgeber versuchen den Mangel durch Digitalisierung auszugleichen. Bei der Rezeption und
im Reservierungsmanagement funktioniert das, in der Küche nicht. Hier braucht es gezielte Impulse von der
Politik.“
Am schwierigsten ist die Lage im Westen Österreichs: In Vorarlberg sehen die Betriebe rund die Hälfte
der Arbeitsplätze gefährdet, weil sie ihr Angebot zurückfahren müssen. In Tirol sind es 43
%. Die Situation in Wien oder im Burgenland ist hingegen deutlich entspannter.
Politik und Unternehmen gleichermaßen gefordert
Die Mitarbeitersituation hat sich österreichweit zugespitzt. Vom Gesetzgeber erhofft sich die Tourismusbranche
deshalb gezielte Arbeitsmarktoffensiven und entlastende Maßnahmen. So würden 72 % die Regionalisierung
der Mangelberufsliste befürworten. Doch auch die Unternehmen selbst schöpfen ihr Potenzial nicht zur
Gänze aus.
„Ein 17-jähriger Küchenlehrling hat andere Anforderungen an den Arbeitsplatz als eine teilzeitbeschäftigte
Mutter mit Betreuungspflichten im Service. Viele Touristiker bieten bereits individualisierte Mitarbeiterangebote
an. Das ist wichtig, um als Arbeitgeber attraktiv zu sein“, betont Andreas Kapferer. „Auch kooperative Zusammenschlüsse
einzelner Betriebe zahlen sich langfristig für die Unternehmen aus. Zahlreiche Erfolgsbeispiele aus der Praxis
beweisen das.“
Investitionsbereitschaft höher, Regularien zu eng
Der Zugang zu Krediten hat sich laut Umfrage kaum zum Positiven verändert. Dennoch geben 72 % der Studienteilnehmer
an, ihre geplanten Investitionen für 2018 durchführen zu wollen. Im Vorjahr wagten das nur 59 %. Während
2017 noch über 30 % von ursprünglich geplanten Investitionsvorhaben zurücktreten wollten, sind es
heuer nur mehr 16 %. Die Investitionsfreude lässt sich vor allem auf die hohe Zufriedenheit mit dem Wintergeschäft
zurückzuführen.
Insgesamt stellen das regulatorische Umfeld sowie die Steuer- und Abgabenlast aber nach wie vor eine große
Herausforderung für die Branche dar. Im Bundesländervergleich leiden Betriebe im Burgenland und in Salzburg
am meisten unter der Kostensituation. Die Wiener Touristiker bewerten die Lage weniger negativ.
„Die regulatorischen Rahmenbedingungen sind oft zu eng gesteckt und praxisfern. Eine Gewerbeordnung aus dem 19.
Jahrhundert kann weder mit den Herausforderungen der Sharing Economy noch mit den Bedürfnissen moderner Betriebe
mithalten. Da besteht dringender Handlungsbedarf seitens des Gesetzgebers“, fordert Markus Gratzer abschließend.
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