Transparency International – Austrian Chapter empfiehlt die Einrichtung von Hinweisgebersystemen
in allen Bereichen der Politik, Wirtschaft und Verwaltung
Wien (ti-austria) - Die Stadt Salzburg diskutiert derzeit über die Einrichtung einer Plattform für
anonyme Hinweise hinsichtlich Missständen in der Verwaltung. Transparency International – Austrian Chapter
(TI-AC) ist davon überzeugt, dass anonyme Hinweisgebersysteme eine wesentliche Rolle in der Förderung
korruptionsresistenter Integritätssysteme im öffentlichen wie auch privaten Sektor spielen.
„Durchwegs positive Erfahrungen mit anonymen Meldesystemen in öffentlichen Institutionen wie der Wirtschafts-
und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA), des Bundesamts zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung
(.BAK), der Finanzmarktaufsicht (FMA) sowie zuletzt der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) zeigen, dass anonyme
Hinweisgeber einen wichtigen Beitrag zur Offenlegung von Missständen leisten und die Befürchtung eines
Denunziantentums in der Praxis unbegründet bleibt“, so Prof. Eva Geiblinger, Vorstandsvorsitzende von TI-AC.
Mag. Beatrix Winkler, stellvertretende Leiterin der WKStA und TI-AC Beiratsmitglied, ergänzt: „Durch die Kommunikation
mit Hinweisgebern wird die Ermittlung bei der WKStA präziser und die Wahrheitsfindung gefördert. Im Gegensatz
zu anonymen Anzeigen, die als Brief übermittelt werden, sind durch die Whistleblowing-Hotline der WKStA Verleumdungen
außerdem leichter zu entlarven, da direkte Rückfragen unter Wahrung der Anonymität möglich
sind. Das elektronische Hinweisgebersystem bietet daher nur eine zusätzliche Leistung, die Gefahr falscher
Anzeigen war schon immer gegeben.“
Für österreichische Banken besteht seit 2014 bereits die Verpflichtung zur Einrichtung eines Hinweisgebersystems
für Mitarbeiter, wobei ausdrücklich die Anonymität des Hinweisgebers gewahrt sein muss. TI-AC Vorstandsmitglied
Prof. DI Friedrich Rödler betont: „Die bisherigen Erfahrungen der Banken mit solchen anonymen Hinweisgebersystemen
sind durchwegs positiv und helfen, mögliche Schwachstellen in den Prozessen der Bank zu identifizieren. Zudem
tragen sie zur Schadensminimierung bei Compliance-Verstößen bei.“
Auch im Privatsektor erschließen sich zahlreiche Vorteile durch die Implementierung von anonymen Meldesystemen.
Diese lohnen sich nicht zuletzt auch finanziell. Laut dem internationalen Bericht „ACFE Report to the Nations on
Occupational Fraud and Abuse 2016“ verlieren Unternehmen jährlich 5% des Umsatzes aufgrund von Wirtschaftsdelikten,
wobei Unternehmen mit einem Meldesystem durchschnittlich 54% weniger Verlust zu verzeichnen haben und Missstände
doppelt so schnell aufdecken können.
„Im Wissen um den wertvollen Beitrag von Hinweisgebern in der Korruptionsbekämpfung setzt sich TI-AC dafür
ein, dass Whistleblower entsprechend geschützt werden und klare Strukturen vorfinden, um Missstände korrekt
melden zu können. Meldesysteme müssen in allen Bereichen des öffentlichen und privaten Sektors zum
allgemeinen Standard werden“, fordert Prof. Eva Geiblinger.
Eine langjährige Forderung von TI-AC ist es, eine allgemeingültige Regelung zum Schutz für Hinweisgeber
aus dem Privatsektor rechtlich zu verankern wie sie bereits für Beamte besteht. Die Europäische Kommission
arbeitet erfreulicherweise derzeit an einer EU-weiten Regelung zum Schutz von Personen, die Fälle von Korruption,
Betrug oder Fahrlässigkeit melden.
TI-AC hat im Juni 2018 einen Leitfaden für Hinweisgeber und Unternehmen veröffentlicht, welcher eine
Hilfestellung und verschiedene Handlungsvorschläge im Umgang mit Whistleblowing bieten soll. Die angeführten
Best Practice Beispiele im Leitfaden sollen Mitarbeitern eine realistische Vorstellung möglicher Szenarien
geben, in denen sie mit Missständen im Unternehmen konfrontiert sein könnten. Weiters sollen sie Hilfestellung
bieten, wie Hinweise auf mögliches Fehlverhalten am besten gemeldet werden und welche Schritte dabei zu beachten
sind. Demgegenüber sollen Unternehmen und Institutionen, die Missstände im eigenen Unternehmen aufdecken
wollen, den Mehrwert von Meldungen durch Hinweisgeber erkennen und durch den Leitfaden ermutigt werden, bestmögliche
Voraussetzungen zu schaffen, um einen vertrauensvollen Umgang mit Hinweisgebermeldungen zu gewährleisten.
„Keine Organisation ist vor illegalen Aktivitäten und Machtmissbrauch gefeit. Dabei spielt es keine Rolle,
ob eine Organisation privat oder öffentlich, groß oder klein ist. Die Verwaltung stellt in dieser Hinsicht
keine Ausnahme dar“, stellt Prof. Eva Geiblinger klar.
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