Abgeordnete genehmigen einstimmig auch Anpassungen zum 2. Erwachsenenschutzgesetz
Wien (pk) - Durch entsprechende Klarstellungen im Urheberrechtsgesetz sollen künftig Plenarsitzungen
von Nationalrat und Bundesrat zu Informationszwecken über Video-on-Demand zur Verfügung gestellt werden
können. Darüber hinaus beschloss der Nationalrat am 4. Juli mit einer entsprechenden Urheberrechts-Novelle
einstimmig die Umsetzung von EU-Vorgaben zur erleichterten Werknutzung für blinde, sehbehinderte oder anderweitig
lesebehinderte Personen. Nicht durchsetzen konnten sich die NEOS mit einem Entschließungsantrag zum Schutz
der Meinungs- und Pressefreiheit im Internet im Zusammenhang mit der aktuellen europäischen Urheberrechtsreform.
Aktuelle Anpassungen zum 2. Erwachsenenschutzgesetz für den Zuständigkeitsbereich des Justizministeriums
fanden die einhellige Zustimmung aller Abgeordneten.
Urheberrechtliche Klarstellungen für Plenarsitzungen On Demand
Durch Klarstellungen im Urheberrecht sollen künftig Plenarsitzungen von Nationalrat und Bundesrat zu Informationszwecken
über Video-on-Demand zur Verfügung gestellt werden können. Entsprechende Änderungen im Urheberrechtsgesetz
befürwortete der Nationalrat heute einstimmig. Derzeit sei die Zulässigkeit der Nutzung aus urheberrechtlicher
Perspektive noch unklar, da die freie Werknutzung im Zusammenhang mit öffentlichen Reden nur "zu Zwecken
der Berichterstattung" möglich ist. Nun wird das Wort "Berichterstattung" durch "Informationszwecke"
ersetzt und damit die notwendige Klarstellung vorgenommen. Das Gesetz soll am 12. Oktober in Kraft treten, eine
On-Demand-Verfügbarkeit der Sitzungen auf der Parlamentswebsite ist ab dem Frühjahr 2019 geplant.
Die Novelle stieß bei allen Fraktionen auf positive Resonanz. Ihr Kernpunkt ist die erleichterte Werknutzung
für blinde, sehbehinderte oder anderweitig lesebehinderte Personen. Diese sollen nun in Umsetzung einer auf
dem Vertrag von Marrakesch basierenden EU-Richtlinie einen freien Zugang zu bestimmten veröffentlichten Werken
wie Büchern in einem barrierefreien Format - etwa Braille-Schrift - erhalten.
Als Repräsentantin sei ihr wichtig, Menschen über die Meinungen in diesem Plenum informiert zu halten,
betonte Michaela Steinacker (ÖVP). Ebenso wie Harald Stefan (FPÖ) begrüßte sie die rechtliche
Klarstellung zur Möglichkeit, Plenarsitzungen künftig über Video on demand zur Verfügung zu
stellen. Einig waren sich die beiden Abgeordneten mit Harald Troch und Petra Bayr (beide SPÖ), dass es gut
und wichtig sei, in der Umsetzung des Vertrags von Marrakesch den barrierefreien Zugang etwa zu Büchern oder
Hörbüchern zu erleichtern. Troch und Bayr appellierten darüber hinaus, Menschen mit Behinderungen
insgesamt mehr Aufmerksamkeit zu widmen, etwa auch im Rahmen der Ratspräsidentschaft mehr Augenmerk auf Barrierefreiheit
zu legen und zu ermöglichen, dass Menschen mit Einschränkungen auch aktiv in den Medien vorkommen.
NEOS: Upload-Filter und neues Leistungsschutzrecht grundrechtlich problematisch
Der vorliegenden Novelle für barrierefreie Formate könne er nur zustimmen, sagte Nikolaus Scherak (NEOS).
Sorgen machen sich die NEOS allerdings um die Meinungs- und Pressefreiheit im Internet auf EU-Ebene. Im Zuge der
aktuellen europäischen Urheberrechtsreform sollen Online-PlattformbetreiberInnen dazu verpflichtet werden,
Urheberrechtsverletzungen durch sogenannte "Upload-Filter" bereits vor ihrer Veröffentlichung zu
prüfen. Das sei grundrechtlich höchst problematisch und käme einer Zensur gleich, appellierte Nikolaus
Scherak an die Bundesregierung, sich in der besonderen Rolle des EU-Ratsvorsitzes in den Verhandlungen klar für
die Meinungs-, Informations- und Pressefreiheit auszusprechen, diese innerstaatlich und auf europäischer Ebene
vor allem auch im Internet zu schützen und sich gegen die unverhältnismäßigen Upload-Filter
einzusetzen. Darüber hinaus sei ein ebenfalls in der Reform enthaltenes Leistungsschutzrecht für Presseverleger
aus grundrechtlicher und demokratiepolitischer Sicht abzulehnen, wonach Suchmaschinenanbieter Vorschautexte nicht
mehr kostenlos anzeigen dürfen. Am Beispiel Deutschland und Spanien zeige sich nämlich, dass es dadurch
nicht zu den erhofften Lizenzzahlungen von Marktführern wie Google, sondern zu einer Schwächung der kleineren
und unabhängigen Medien und damit zu einer Einschränkung der Medienvielfalt komme. Ein entsprechender
Entschließungsantrag der NEOS fand im Plenum allerdings keine Mehrheit.
Anpassungen zum 2. Erwachsenenschutzgesetz
Einhellig befürworteten die Abgeordneten das Erwachsenenschutz-Anpassungsgesetz für den Zuständigkeitsbereich
des Justizministeriums, mit dem eine reibungslose Anwendung des neuen Erwachsenenschutzrechts durch einheitliche
Terminologie und Berücksichtigung der neuen Vertretungsformen erzielt werden soll. Durch das 2. Erwachsenenschutz-Gesetz
wurden demzufolge in anderen Bundesgesetzen terminologische Adaptionen, beispielsweise die Ersetzung von Begriffen
wie "Sachwalter" und "Pflegebefohlener", und vereinzelt inhaltliche Anpassungen erforderlich.
Zudem soll etwa eine Erwachsenenvertretung nicht mehr automatisch, sondern nur mehr dann im Firmenbuch und im Grundbuch
eingetragen werden, wenn ein Genehmigungsvorbehalt erteilt wird. Die Eltern wiederum sind von der Rechnungslegungspflicht
ausgenommen. Berücksichtigt werden durch die Anpassungen auch die neue Vertretungsform "gewählte
Erwachsenenvertretung" und das neue Recht zur Entscheidungs-, Handlungs- und Geschäftsfähigkeit.
Friedrich Ofenauer (ÖVP) bezeichnete das Erwachsenenschutzgesetz, das seit 1. Juli gilt, insgesamt als Meilenstein,
auch die Finanzierung sei sichergestellt worden. Ebenso wie Karl Mahrer (ÖVP) und Volker Reifenberger (FPÖ)
lobte er die Ziele der Selbstbestimmung und Autonomie bei größtmöglichem Schutz der Betroffenen.
In den vier Säulen Vorsorgevollmacht und gewählte, gesetzliche sowie gerichtliche Erwachsenenvertretung
sei die gerichtliche Ebene nur mehr das allerletzte Mittel, hob Reifenberger die Autonomie als leitendes Prinzip
hervor. Hinsichtlich Bedenken, dass Schutzmechanismen zu sehr reduziert werden könnten, sprach er sich für
eine Evaluierung nach einem Beobachtungszeitraum aus. Bestehende Sachwalterschaften würden jedenfalls bis
2023 auf ihre Notwendigkeit geprüft, so Ofenauer. Für Mahrer stellt das Gesetz einen wesentlichen Paradigmenwechsel
dar. Den Erwachsenenschutzvereinen den Rücken zu stärken sollte darüber hinaus ein besonderes Anliegen
sein.
Irmgard Griss (NEOS) kann sich im Wesentlichen anschließen, ortet aber auch eine Gratwanderung zwischen Selbstbestimmung
und Schutz sowie den Bedarf der Evaluierung nach einer gewissen Zeit. Zur Überprüfung der Sachwalterschaften
bemängelte sie allerdings, dass eine entsprechende personelle Ausstattung der Gerichte nicht berücksichtigt
worden sei.
Johannes Jarolim (SPÖ) zeigte sich erfreut, dass insgesamt mit dem Erwachsenenschutzgesetz eine Lösung
zustande gebracht wurde. Die jetzigen Anpassungen tragen dem demographischen und gesellschaftlichen Wandel Rechnung,
sagte Ruth Becher (SPÖ). Die Formulierungen seien zeitgemäß, zeigte sie sich erfreut über
den Konsens, Menschen unter die Arme zu greifen, ohne ihre Freiheit über die Maße zu beschneiden.
Auch Justizminister Josef Moser sprach von einem Paradigmenwechsel weg von der Entmündigung in Richtung Selbstbestimmung
und Autonomie für Betroffene. Er verwies auf zahlreiche Aktivitäten seines Ministeriums zur Kommunikation
des neuen Gesetzes. Auch die Erwachsenenschutzvereine mussten sich personell neu aufstellen, um das Gesetz zugänglicher
und verständlicher zu machen. Die vorliegende Anpassung betreffend sein Ressort umfasse vor allem terminologische
Bereinigungen, aber auch Klarstellungen, etwa im Vermögensverwaltungsrecht. Moser unterstrich, dass Erwachsenenschutz
alle angehe und ermunterte, sich darauf einzulassen und Menschen zu unterstützen, eigene Entscheidungen zu
treffen
|