Grundsatzrede vor dem Europäischen Parlament – Prioritäten des österreichischen
EU-Ratsvorsitzes präsentiert
Brüssel/Wien (bka) - "Österreich übernimmt den Ratsvorsitz in der Europäischen
Union in einer herausfordernden Zeit. Innerhalb wie außerhalb Europas gibt es Umbrüche und Spannungen,
auf die wir reagieren müssen", sagte Bundeskanzler Sebastian Kurz am 3. Juli in seiner Grundsatzrede
vor dem Europäischen Parlament in Straßburg. Anlässlich der Übernahme des Vorsitzes mit 1.
Juli präsentierte der Bundeskanzler die Schwerpunkte der politischen Agenda für das kommende Halbjahr.
"Die Vorsitzführung bedeutet für uns nicht nur eine große Ehre, sondern auch eine große
Verantwortung", so Sebastian Kurz. Er dankte dem bulgarischen Ministerpräsidenten Bojko Borissow für
die Vorsitzführung im Rat und gratulierte zur "professionellen Arbeit" während der vergangenen
sechs Monate. "Diese Arbeit wollen wir nun fortsetzen und einen Beitrag für die Zukunft der EU leisten."
Österreich als Brückenbauer
Der Bundeskanzler erinnerte daran, dass Freiheit, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie keine Selbstverständlichkeit
seien: "Es ist ein Geschenk, Europäer sein zu dürfen. Wir wollen daher unseren Beitrag dazu leisten,
dass diese Werte und Freiheiten in der Europäischen Union erhalten bleiben. Sie sind das Herz unseres Zusammenlebens."
Darüber hinaus sei es auch wichtig, dass Europa seine Wettbewerbsfähigkeit erhält und "nicht
von anderen Regionen überholt wird." Schließlich sei es im Sinne der Subsidiarität notwendig,
dass sich die EU auf die großen Fragen konzentriert. "Daran wollen wir gemeinsam mit dem Europäischen
Parlament und der Kommission arbeiten", so Sebastian Kurz. In Fortsetzung der bisher guten Kooperation wolle
Österreich dabei helfen, Kompromisse zu finden und als Brückenbauer zwischen den Ländern und Institutionen
fungieren.
"Ein Europa, das schützt"
Das österreichische Motto für das kommende Halbjahr sei: "Ein Europa, das schützt."
Dies umfasse sowohl das Thema Sicherheit, als auch die Absicherung des Wohlstandes sowie Stabilität in der
Nachbarschaft. "Bei der Sicherheit liegt unser Fokus auf dem Außengrenzschutz, der Zusammenarbeit mit
Drittstaaten und dem Kampf gegen illegale Migration. Denn ein Europa ohne Binnengrenzen braucht einen funktionieren
Schutz der Außengrenzen", betonte Bundeskanzler Sebastian Kurz. Für den Erhalt des Wohlstandes
in Europa sei es notwendig, angesichts von zunehmender Digitalisierung und Automatisierung konkurrenzfähig
zu bleiben. "Große Internetkonzerne dürfen nicht nur in China und den USA möglich sein, sondern
müssen auch in Europa geeignete Rahmenbedingungen finden."
EU-Perspektive für Westbalkan
Schließlich sei es wichtig, "Frieden, Sicherheit und Stabilität auch in unserer Nachbarschaft
sicherzustellen." Österreich liege dabei besonders die Region Südosteuropa am Herzen: "Der
Westbalkan soll Teil des geeinten Europa sein. Sie haben sich eine Mitgliedschaft in der EU verdient. Was es braucht,
ist eine ehrliche Perspektive für diese Länder", so der Bundeskanzler. Auch die Zusammenarbeit mit
Afrika solle gestärkt werden, um die Lebensbedingungen vor Ort zu verbessern. Dafür seien ein fairer
Handel, Zusammenarbeit und europäische Investitionen sicherzustellen.
EU-Budget und Brexit
Neben diesen Schwerpunkten des österreichischen Ratsvorsitzes gäbe es auch weitere zentrale Themen
auf der europäischen Agenda, wie die Verhandlungen über den EU-Austritt des Vereinigten Königreichs
und den mehrjährigen Finanzrahmen. "Wir wollen die Kommission bei den Verhandlungen zum Finanzrahmen
unterstützen, auch wenn wir uns bewusst sind, dass diese noch sehr schwierige werden", versicherte Sebastian
Kurz. Angesichts der großen anstehenden Herausforderungen ersuchte der Bundeskanzler abschließend die
Abgeordneten um "bestmögliche Zusammenarbeit und Unterstützung, im Interesse der Europäerinnen
und Europäer, im Interesse unserer Europäischen Union."
Kooperation mit Parlament und Kommission
In einer anschließenden, gemeinsamen Pressekonferenz sprachen sich Bundeskanzler Sebastian Kurz, Parlamentspräsident
Antonio Tajani und Kommissionpräsident Jean-Claude Juncker für eine enge Kooperation in den anstehenden
Fragen aus. Insbesondere dem Thema Außengrenzschutz und Migration werde eine hohe Priorität zugeschrieben.
Dies schließe auch eine Strategie für Afrika mit ein, betonten Tajani und Juncker. Beide stimmen mit
dem österreichischen Bundeskanzler auch darin überein, dass ein Europa ohne Binnengrenzen sichergestellt
werden müsse. Bundeskanzler Kurz zeigte sich mit den Ergebnissen des EU-Gipfels vom 28./29. Juni zufrieden:
"Es ist erstmals gelungen, eine Trendwende einzuleiten. Die geplante Stärkung von Frontex, klare Regeln
für NGOs, die Möglichkeit zur Schaffung von Anlandeplattformen in Drittstaaten sowie mehr Hilfe für
Afrika sind Schritte in die richtige Richtung."
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