Forum Neusiedlersee Veranstaltung war voller Erfolg
Gauting bei München/Jennersdorf/Neusiedl am See (forum-neusiedlersee) - Im Umfeld der aktuellen, österreichischen
EU-Ratspräsidentschaft, durfte der südlichste Bezirk des Burgenlandes am 14. Juli niemand geringeren
als den deutschen Starökonom Professor DDr. Hans-Werner Sinn begrüßen. Flankiert wurde Prof. Sinn,
welcher in einer bemerkenswerten Keynote über „die Weltwirtschaft im Kontext von Trump, Brexit und der Eurokrise“
sprach, vom österreichischen Ökonomen Dr. Stephan Schulmeister und dem Schweizer Unternehmer Claudio
Cocca. „Eine beeindruckende Runde, welche im Burgenland sicher ihresgleichen sucht“, freut sich auch der Präsident
des ökonomischen Forums Neusiedler See, KommR. Ing. Günther Michlits.
In seinem etwa eine Stunde dauernden Eröffnungsstatement brachte Prof. Sinn die Kernthemen in seiner unnachahmlichen
Art präzise auf den Punkt. Trump brächte mit seiner protektionistischen Politik viel Unheil. Würde
sich die Situation aufschaukeln und Maßnahmen der USA und Gegenmaßnahmen der EU sich weiterhin aufschaukeln,
so gäbe es bald Zölle auf für die europäische Automobilindustrie. „Spätestens dann stecken
wir allen in massiven Schwierigkeiten“, so Sinn. Auch Österreich, denn als Zulieferland für den deutschen
Automobilsektor stecken hier viele Gefahren.
Für den Brexit wünscht sich Sinn, dass dieser idealer Weise gar nicht erst stattfindet. England ist die
zweitgrößte EU-Volkswirtschaft nach Deutschland. „Sein Austritt wiegt so schwer, als würden die
19 kleinsten Volkswirtschaften – darunter auch Österreich – austreten“, analysiert der Professor. Wenn es
nicht anders geht, dann solle Großbritannien eben die eine oder andere Vergünstigung bekommen. Hier
verkenne die EU ihre Macht.
In Punkto Eurokrise sieht Sinn vor allem Italien in einer schwierigen Lage. „Italien habe sein Preisniveau in den
letzten Jahren massiv erhöht, steckt aber im gleichen Währungskorsett wie beispielsweise Deutschland“,
so Sinn. Das das nicht mehr lange gut gehen kann erklärt sich faktisch von selbst. Insgesamt gäbe es
nur vier Möglichkeiten, Italien noch zu retten:
- Italien bräuchte eine relativ zu den anderen Euro-Ländern
höhere Deflation
- Deutschland (und Österreich) müssten die Preise
im Vergleich zu Italien (Frankreich, Spanien, Portugal,…) relativ erhöhen – also sich inflationieren.
Beide Punkte sind aber geradezu illusorisch. Denn weder würde die deutsche oder österreichische Bevölkerung
eine 10-Jahres Inflationsrate von über 35% dulden, noch würde Italien als drittgrößte Volkswirtschaft
des Euro-Raums ein dafür notwendige Austeritätspolitik durchhalten. Es nicht einmal angedacht, wenn man
den Worten der frisch gewählten, italienischen Regierung hört. Und somit gäbe es nur noch zwei weitere
Varianten:
- Die Transferunion und
- Der Austritt Italiens aus dem Euro
Die Transferunion wünschen sich vor allem der französische Präsident Macron und die Mediterranen
Staaten. Dies würde bedeuten, dass die Schulden eines Staates von den Überschüssen eines anderen
Staates gedeckt werden. Deutschland und Österreich würden also die Schulden anderer Staaten zahlen. Eventuell
ergäbe sich trotzdem ein negativer Euro-Saldo. Und somit bliebe nur noch die Möglichkeit des Austritts
aus dem Euro-Raum, welcher aber in den Statuten gar nicht vorgesehen ist.
„Ich wünsche mir keine dieser vier Varianten, doch kenne weder ich noch andere Ökonomen andere Möglichkeiten
wir Italien da wieder rauskommt“, fährt der Professor fort.
In der darauffolgenden, vom „diePresse“-Wirtschaftsredakteur Mag. Nikolaus Jilch sachlich und ruhig moderierten
Debatte, wurde es dann doch emotional als die beiden Kontrahenten Sinn und Schulmeister über die Grundsätze
der Wirtschaftstheorie zu debattieren begannen. Schlussendlich konnte Jilch beide aber „einfangen“ und ein lehrreicher
und aufregender Abend ging zu Ende.
Im Vorfeld des Diskussionsabend wurde zu einer „kleinen Runde“ geladen in welcher burgenländischen Opinion-Leader
die Möglichkeit hatten, mit Professor Sinn in gemütlicher Atmosphäre sprechen konnten. Mit dabei
waren unter anderem der Präsident der Industriellenvereinigung, Manfred Gerger, der Stellvertretende Direktor
der Wirtschaftskammer Burgenland, Dr. Harald Schermann, sowie die Landesräte von FPÖ, MMag. Alexander
Petschnig, und SPÖ, Mag. Hans Peter Doskozil.
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