Wien (pk) - Auch das Fremdenrechtsänderungsgesetz 2018 hat am 12. Juli den Bundesrat passiert. Damit
haben Sicherheitsorgane künftig die Möglichkeit, Flüchtlingen im Zuge der Einbringung von Asylanträgen
Bargeld bis zu 840 € als Beitrag zur Grundversorgung abzunehmen. Zudem können Handys von AsylwerberInnen ausgewertet
werden, wenn Zweifel an ihrer Identität oder an ihrer Fluchtroute bestehen. Die Mindestwartefrist auf die
österreichische Staatsbürgerschaft für anerkannte Flüchtlinge wird von sechs auf zehn Jahre
verlängert. Kritik an der weiteren Verschärfung des Fremdenrechts kam vor allem von den Grünen,
aber auch die SPÖ äußerte sich skeptisch.
In Europa werde es immer finsterer, kommentierte Ewa Dziedzic (Grüne/W) die gegenwärtige Stimmung gegenüber
Flüchtlingen. Auf dem Spiel stehe nichts anderes als die Menschlichkeit, meinte sie. "Wir lassen die
Flüchtlinge im Mittelmeer ertrinken, obwohl wir sie retten können." Jene, die es nach Europas schaffen,
würden in Lager gesteckt. Mit dem vorliegenden Paket werde man Menschen aber nicht davon abhalten zu flüchten,
glaubt Dziedzic, vielmehr würden sie nur weiteren Schikanen ausgesetzt.
Konkrete Kritik übte Dziedzic unter anderem an der verlängerten Wartefrist für anerkannte Flüchtlinge
auf die österreichische Staatsbürgerschaft, der Möglichkeit zur Bargeldabnahme und der verpflichtenden
Unterkunftnahme in bestimmten Betreuungseinrichtungen des Bundes. Auch für die Bestimmung, wonach Fremde,
die trotz eines rechtskräftigen Einreise- oder Aufenthaltsverbots wieder in Österreich einreisen oder
sich hier aufhalten, künftig – alternativ zu einer Geldstrafe von 5.000 € bis 15.000 € - bis zu sechs Wochen
in Haft genommen werden können, hat sie wenig Verständnis.
Als weiteren "Showact" der schwarz-blauen Regierung, der enorme Kosten für die SteuerzahlerInnen
verursacht, wertete Martin Weber (SPÖ/St) den Gesetzentwurf. Ihm zufolge werden die neuen Bestimmungen Gesamtkosten
von 9,4 Mio. € zur Folge haben. Mit diesen Mitteln könnte man viel an sinnvoller Ausrüstung für
die Exekutive wie Stichschutzwesten ankaufen oder zusätzliches Personal finanzieren, sagte er. Weber zitierte
außerdem aus drei kritischen Stellungnahmen zum Regierungsentwurf, in denen unter anderem die Unlesbarkeit
des Fremdenrechts und das allgemeine Misstrauen gegenüber Flüchtlingen beklagt werden.
Auch Webers Wiener Fraktionskollege Stefan Schennach äußerte sich kritisch. Er erwartet sich von den
neuen Bestimmungen weder mehr Effizienz bei Asylverfahren noch mehr Rechtssicherheit. Einem Land wie Österreich
steht es seiner Meinung nach außerdem nicht gut an, wenn man Flüchtlingen, die unglaubliche Entbehrungen
erleiden mussten, "den letzten Notgroschen abnimmt". Schennach verwies überdies wie Weber auf den
hohen Aufwand, den die Bargeldabnahme und die Handyauswertung verursachen werden. Hier tue sich auch ein neues
Geschäft mit fingierten Handys für Schlepper auf.
FPÖ erwartet sich von Gesetz Ende der "ungezügelten Massenzuwanderung"
Wem es in Österreich nicht gefalle, könne das Land jederzeit verlassen, hielt Georg Schuster (FPÖ/W)
Dziedzic und den anderen KritikerInnen entgegen. Der Großteil der Flüchtlinge suche nicht Schutz in
Österreich, sondern komme aus wirtschaftlichen Gründen, ist er überzeugt. Österreich müsse
endlich handlungsfähiger werden. Die Auswertung von Handydaten erleichtere es, Missbrauch entgegenzutreten.
Schuster begrüßte außerdem die neue Möglichkeit, AsylwerberInnen bereits während des
Zulassungsverfahrens zu verpflichten, Unterkunft in einer bestimmten Betreuungseinrichtung des Bundes zu beziehen,
und die Wartefrist für anerkannte Flüchtlinge auf die Staatsbürgerschaft zu verlängern. Insgesamt
ortet er ein wichtiges Signal an Schlepper, dass es in Österreich mit der "Refugees-Welcome-Politik"
vorbei sei.
Ein Ende "der ungezügelte Massenzuwanderung in unser schönes Österreich" erwartet sich
der Tiroler FPÖ-Bundesrat Christoph Steiner vom Gesetz. Die Regierung stelle sicher, dass sich das Jahr 2015
nicht mehr wiederholen werde. An den Grenzen würden künftig wieder Gesetze gelten und keine "links-linke
Willkommenshysterie". "Mit diesem Gesetz ist die Zeit der falschen Toleranz endgültig vorbei."
Es werde klar gemacht, dass in Österreich nicht Milch und Honig fließen, so Steiner. Auch könnten
Flüchtlinge künftig nicht mehr sanktionslos Urlaub in ihrem Heimatland machen. Was die Möglichkeit
der Bargeldabnahme betrifft, meinte Steiner, wer tausende Euro für Schlepper ausgebe, könne auch ein
wenig zur eigenen Versorgung beisteuern.
Seitens der ÖVP machte der steirische Bundesrat Armin Forstner geltend, dass es Ziel der im Gesetzespaket
verankerten Maßnahmen sei, Verfahren zu beschleunigen. Damit würden die Kosten für die SteuerzahlerInnen
minimiert. Auch sein Vorarlberger Fraktionskollege Edgar Mayer sprach von einem guten Gesetz.
Edtstadler: Gesetz bringt Effizienzsteigerung im Asylbereich
Das Gesetz sei ein wichtiges für die Österreicherinnen und Österreicher, erklärte Staatssekretärin
Karoline Edtstadler. Sie erwartet sich von den neuen Bestimmungen eine deutliche Effizienzsteigerung von Verfahren
im Bereich des Asyl- und Fremdenrechts. Ihrer Meinung nach ist es gerechtfertigt, AsylwerberInnen Bargeld abzunehmen,
die Wartefrist auf die Staatsbürgerschaft auf zehn Jahre zu verlängern und gegen anerkannte Flüchtlinge,
die in ihre Heimat reisen, ein beschleunigtes Asylaberkennungsverfahren einzuleiten. Es werde aber immer eine Einzelfallprüfung
geben, versicherte sie. Generell mahnte Edtstadler eine scharfe Trennung zwischen legaler Migration, illegaler
Migration und Asyl ein.
Umgesetzt werden mit dem Fremdenrechtsänderungsgesetz 2018 darüber hinaus neue EU-Vorgaben zur Förderung
der Mobilität von ForscherInnen, Studierenden und Freiwilligen. Zudem werden Vorkehrungen im Universitätsgesetz
getroffen, um die missbräuchliche Verwendung eines Aufenthaltstitels als Studierender zu unterbinden. Es sei
zielführend, dass Studierende künftig schon vor der Einreise nach Österreich Deutschkenntnisse nachweisen
müssen, unterstrich ÖVP-Bundesrat Forstner in diesem Zusammenhang. Hinterfragt wurde diese Bestimmung
hingegen von SPÖ-Bundesrat Schennach.
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