Opposition spricht von Frontalangriff auf die ArbeitnehmerInnen und Kniefall vor der Wirtschaft
Wien (pk) - Das heftig umstrittene neue Arbeitszeitgesetz, das nun schon am 1. September 2018 in Kraft
treten wird, nahm am 12. Juli im Bundesrat die letzte Hürde. Die Regierung brachte somit ihr Vorhaben
durch, dass die Betriebe im Bedarfsfall die Maximalarbeitszeit auf zwölf Stunden pro Tag und 60 Stunden die
Woche ausdehnen können. Während ÖVP und FPÖ die neuen Bestimmungen als zeitgemäße
Antwort auf die moderne Arbeitswelt sahen, befürchteten die RednerInnen der SPÖ sowie der Grünen
massive Verschlechterungen für die Bediensteten. Es handle sich um einen Rückschritt in frühindustrielle
Zeiten, der zu einem Lohn-, Freizeit- und Gesundheitsraub führe, lauteten die Argumente der SozialdemokratInnen.
Für Empörung sorgte vor allem die parlamentarische Vorgangsweise der Beschlussfassung ohne Ausschussberatung
sowie das vorverlegte Inkrafttreten des Gesetzes auf Anfang September.
Die emotionale Debatte zeichnete sich auch wieder durch Aktionismus in Form von Taferln auf beiden Seiten sowie
durch ein "Geschenk" der Grünen an die VertreterInnen der Regierung aus, das für viel Empörung
sorgte. Bundesrätin Ewa Dziedzic (GRÜNE/W) brachte nämlich Pflastersteine mit, die die Last veranschaulichen
sollten, die mit dem heutigen Beschluss den österreichischen ArbeitnehmerInnen zugemutet werde.
Nach einer mehr als vier Stunden dauernden Debatte passierten schließlich die Änderungen im Arbeitszeitgesetz,
dem Arbeitsruhegesetz und dem ASVG mit den Stimmen von ÖVP und FPÖ mehrheitlich den Bundesrat. Das Anliegen
der SPÖ-Fraktion, dagegen Einspruch zu erheben, fand keine ausreichende Unterstützung. Bundesrat Reinhard
Todt (SPÖ/W) beantragte auch, jeweils eine geheime Abstimmung vorzunehmen, kam damit aber nicht durch. Ebenso
wenig Erfolg hatte er mit seinen beiden Entschließungsanträgen betreffend "Rechtsanspruch der ArbeitnehmerInnen
auf einseitige Festlegung des Verbrauchs von Zeitguthaben" sowie betreffend "gerechte Erreichbarkeit
einer 6. Urlaubswoche".
Die Eckpunkte des Gesetzes: Mehr Flexibilität, Freiwilligkeitsgarantie und Benachteiligungsverbot
Durch die Neuerungen im Arbeitszeitgesetz – sie gehen auf einen gemeinsamen Initiativantrag der Regierungsparteien
zurück – finden der 12-Stunden-Tag und die 60-Stunden-Woche als Maximalvarianten Einzug in das österreichische
Arbeitsleben. Grundsätzlich bleiben aber der 8-Stunden-Tag und die 40-Stunden-Woche bestehen. Die durchschnittliche
Wochenarbeitszeit darf jedenfalls 48 Stunden nicht überschreiten. Der Rahmen für die Gleitzeit wiederum
kann von derzeit zehn Stunden auf zwölf Stunden ausgedehnt werden. Erweitert wird überdies der Kreis
jener Personen, auf die das Arbeitszeitgesetz keine Anwendung findet. Waren bisher nur leitende Angestellte ausgenommen,
treffen die Ausnahmebestimmungen nunmehr auch ArbeitnehmerInnen mit maßgeblicher selbständiger Entscheidungsbefugnis.
Für den Tourismus wiederum besteht die Möglichkeit, die tägliche Ruhezeit von derzeit elf auf acht
Stunden für alle Betriebe mit geteilten Diensten zu verkürzen. Auch soll es die Möglichkeit der
Ausnahme von der Wochenend- und Feiertagsruhe geben, dies allerdings beschränkt auf vier Ausnahmefälle
pro Jahr.
Ein im Zuge der Nationalratsdebatte vorgelegter Abänderungsantrag von ÖVP und FPÖ brachte noch eine
ausdrückliche Freiwilligkeitsgarantie, die im Wesentlichen darauf hinausläuft, dass die Beschäftigten
die elfte und die zwölfte Überstunde jederzeit ohne Angabe von Gründen ablehnen können. Flankiert
wird dieser Passus von einem Diskriminierungsverbot. Weiters wird nunmehr klargestellt, dass die beiden zusätzlichen
Überstunden jedenfalls in Geld oder Freizeit abgegolten werden müssen. Zum Thema Betriebsvereinbarungen
hält der Abänderungsantrag fest, dass für die ArbeitnehmerInnen günstige Vereinbarungen weiterhin
bestehen bleiben.
SPÖ warnt vor zahlreichen negativen Auswirkungen des Arbeitszeitgesetzes
Die Regierung habe überfallsartig ein Gesetz vorgelegt, das die ArbeitnehmerInnen extrem benachteiligt, kritisierte
Reinhardt Todt (SPÖ/W). Niemand bestreite, dass sich die Arbeitsbedingungen in den letzten Jahrzehnten massiv
geändert haben. Durch das Erfolgsmodell Sozialpartnerschaft, das Wohlstand für alle gebracht und den
sozialen Zusammenhalt befördert hat, konnten aber immer wieder gute Lösungen für beide Seiten gefunden
werden. Er verstehe daher nicht, warum dieses Mal kein Einvernehmen mit den ArbeitnehmervertreterInnen gesucht
und der Entwurf ohne ordentliche Beratungen beschlossen wurde. Die Wiedereinführung des 12-Stunden-Tages,
der vor über 100 Jahren abgeschafft wurde, sei ein Rückschritt in frühindustrielle Zeiten und führe
zu einem Lohn-, Freizeit- und Gesundheitsraub, beklagte er. Reinhard Todt appellierte an den Bundesrat, das Gesetz
an den Nationalrat zurückzuschicken, damit die Materie noch einmal ausführlich im Sozialausschuss behandelt
werden könne.
In einer Zeit, wo der Druck enorm steige und die Grenzen zwischen Beruf und Privatleben immer mehr verschwimmen,
sei es fatal, die Arbeitszeit noch auszuweiten und die Ruhezeiten zu verkürzen, argumentierte auch Korinna
Schumann (SPÖ/W). Schon jetzt würden 250 Millionen Überstunden geleistet, 50 Millionen davon sogar
unbezahlt. Besonders negativ werde sich das Gesetz auf die Frauen auswirken, die schon jetzt den Großteil
der Betreuungs- und Pflegearbeit leisten. Sie müssen nämlich nun weiterhin in Teilzeit arbeiten bzw.
vielleicht sogar ganz aus dem Berufsleben ausscheiden, was zu noch mehr Altersarmut führe. Schumann wies darauf
hin, dass nur 2% der Kinderbetreuungseinrichtungen außerhalb von Wien zwölf Stunden lang geöffnet
sind. Es fehlen einfach die Strukturen, um überhaupt einer Vollzeitbeschäftigung nachgehen zu können,
sagte er.
Eva Prischl (SPÖ/N) machte darauf aufmerksam, dass auch die Bischofskonferenz negative Auswirkungen auf das
Familienleben befürchtet. GesundheitsexpertInnen warnen zudem davor, dass überlange Arbeitszeiten zu
mehr Herzinfarkten und Schlaganfällen führen können und die Unfallgefahr erhöhen. Enorme Belastungen
kommen insbesondere auf die älteren ArbeitnehmerInnen hinzu. Auch werde der Fachkräftemangel im Tourismus
noch zunehmen, wenn die Ruhezeit von elf auf acht Stunden reduziert wird, prognostizierte Gerhard Leitner (SPÖ/K).
Ebenso werde die Vereinbarkeit von Pflege und Erwerbsarbeit verunmöglicht.
Bundesrat Hubert Koller (SPÖ/St) gab noch zu bedenken, dass die Nettoarbeitszeiten in der Debatte völlig
außer Acht gelassen werden. Viele ArbeitnehmerInnen haben lange Anfahrtswege und kehren daher oft sehr spät
zu ihren Familien zurück. Es bleibe weder Zeit für die Freizeit noch für die ehrenamtliche Mitarbeit
in verschieden Organisationen und Vereinen. In Zeiten der Digitalisierung sollte man vielmehr über eine bessere
Verteilung der Arbeit sowie über eine Reduktion der Wochenarbeitszeit nachdenken.
Ja, es gebe Betriebe, wo zwölf Stunden gearbeitet wird, räumte Stefan Zaggl (SPÖ/T) ein, aber dort
gebe es auch Betriebsvereinbarungen mit zeitlicher Befristung, finanzieller Abgeltung und Freizeitausgleich. Nach
dem Regierungsmodell müsse man aber jederzeit damit rechnen, zwölf Stunden zu arbeiten, und das bedeute
einen generellen 12-Stunden-Tag. Die Freiwilligkeit sei nur fiktiv. Kein einziger Punkt bringe etwas Positives
für die ArbeitnehmerInnen, ergänzte Jürgen Schabhüttl (SPÖ/B) und warf seinerseits der
Regierung Polemik und Unwahrheit vor. Im Zeitalter der Digitalisierung, der Umstellung auf dem Arbeitsmarkt sei
die Arbeitszeitverlängerung menschen-, wirtschafts- und familienfeindlich sowie gesundheitsschädlich.
Elisabeth Grossmann (SPÖ/St) sprach von einem "Frontalangriff" auf die ArbeitnehmerInnen, auf die
Familien und vor allem auf die Frauen. Wie Michael Lindner (SPÖ/O) kritisierte sie das parlamentarische Procedere.
Die Regierung sei zu feig, sich der offenen politischen Debatte zu stellen, stellte Lindner fest, sie wolle sich
nicht den Kritiken und den Betroffenen stellen. Lindner sprach auch von einem "Arbeitsüberfall, der durchgepeitscht
und auf den September vorgezogen" worden sei. Günther Novak (SPÖ/K) bedauerte, dass im Fall dieses
Gesetzes der Weg der Sozialpartnerschaft verlassen worden sei. Auch er sah eine Diskussionsverweigerung seitens
der Regierung und fürchtete zudem eine Aufweichung der Zumutbarkeitsbestimmungen, wodurch aufgrund längerer
Berufswege ein 17-Stunden-Tag möglich werden könne.
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Grüne: Vor allem die Frauen sind die Leidtragenden der neuen Bestimmungen
Auch die RednerInnen der Grünen ließen kein gutes Haar an der Neuregelung der Arbeitszeit. Ewa Dziedzic
(GRÜNE/W) führte die Ausschaltung der Betriebsräte sowie die Beschränkung der Überstundenzuschläge
als Hauptkritikpunkte an. Überdies werde der Zugriff auf die Bediensteten erleichtert und die Vereinbarkeit
von Beruf und Familie massiv behindert. Dies zeigen auch viele Mails von besorgten BürgerInnen, die sich große
Sorgen darüber machen, wie sie etwa in Zukunft ihre Kinder betreuen können. Gleichzeitig werden noch
die Mittel für die Kinderbetreuung um ein Viertel gekürzt. Vor allem die Frauen, die ohnehin schon 27
Stunden pro Woche unbezahlte Arbeit leisten, seien daher die Leidtragenden. Nach Ansicht von Dziedzic habe insbesondere
die Sozialministerin, die eigentlich die Interessen der 3,7 Millionen ArbeitnehmerInnen und nicht jene von einigen
betuchten Sponsoren vertreten sollte, in den ersten 200 Tagen ihrer Amtszeit vollkommen ihre politische Glaubwürdigkeit
verloren.
Aufgrund seiner beruflichen Erfahrungen als Saisonnier und im Rettungsdienst wisse er sehr wohl, was ein 12-Stunden-Tag
bzw. eine 60-Stunden-Woche in der Praxis bedeuten, erklärte David Stögmüller (GRÜNE/O). Schon
jetzt leisten viele ArbeitnehmerInnen manchmal mehr als nötig ist, weil eben Notfälle auftreten, weil
sie KollegInnen aushelfen oder Angst vor dem Verlust des Arbeitsplatzes haben. In Zukunft können die ArbeitgeberInnen
aber einfach überlange Arbeitszeiten anordnen ohne Zustimmung mit dem Betriebsrat bzw. mit den Betroffenen;
von Freiwilligkeit könne keine Rede sein. Er sei nicht grundsätzlich gegen eine flexiblere Arbeitszeit,
betonte Stögmüller, aber entsprechende gesetzliche Änderungen müssten auch Vorteile für
die ArbeitnehmerInnen bringen. Die jetzigen Regelungen stellen jedoch nicht nur eine Zerreißprobe für
die Familien dar, sondern gefährden auch das Ehrenamt.
Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit und flexiblere Gestaltung der Arbeitszeit
Von notwendigen und zeitgemäßen Anpassungen an die moderne Arbeitswelt sprachen hingegen die RednerInnen
der ÖVP und der FPÖ. Laut einer aktuellen Market-Umfrage seien 78% der heimischen ArbeitnehmerInnen bereit,
flexibel und phasenweise länger zu arbeiten, hob Bundesrat Christian Buchmann (ÖVP/St) hervor. Gleichzeitig
gebe es auch den Wunsch der Betriebe nach mehr Flexibilität sowie die Forderung an die Politik, einen sicheren
Rechtsrahmen dafür zu schaffen. Völlig unbestritten sei jedoch, dass der 8-Stunden-Tag und die 40-Stunden-Woche
weiterhin die Regel bleiben. Nur in Ausnahmefällen soll es möglich sein, auf Auftragsspitzen entsprechend
reagieren zu können, unterstrich Buchmann. Besonders wichtig sei ihm das Prinzip der Freiwilligkeit, das ausdrücklich
im Gesetz verankert wurde. Bedauerlicherweise konnte die Gewerkschaft nicht über ihren Schatten springen und
der notwendigen Arbeitszeitflexibilisierung im Rahmen der Sozialpartnerverhandlungen zustimmen. Die nun vorliegende
Lösung sehe er jedenfalls als wichtigen Beitrag zu Absicherung des Wirtschaftsstandorts Österreich sowie
zur besseren Vereinbarkeit von Arbeit, Familie, Freizeit und soziales Engagement. Auch die Sorgen von Seiten der
Kirche, dass die Öffnungszeiten der Handelsbetriebe an Sonn- und Feiertagen ausgeweitet werden könnten,
wurden ausgeräumt, stellte Bundesrat Karl Bader (ÖVP/N) mit Nachdruck fest. Er halte es für einen
Treppenwitz der Geschichte, dass überlange Arbeitszeiten in staatsnahen Betrieben bereits seit langem erlaubt
sind, bei den kleinen und mittleren Unternehmen aber verboten werden sollen, stellte Robert Seeber (ÖVP/N)
in Richtung der SPÖ fest.
"Zutiefst betroffen" zeigte sich Sonja Zwazl (ÖVP/N), da die SPÖ einen Keil hineintreibe und
die Wirtschaft in ein falsches Licht stelle. Niemand rede einem generellen 12-Stunden-Tag das Wort, es gehe nur
darum, Auftragsspitzen abzudecken. Wenn dann Überstunden anfallen, dann werden sie auch korrekt bezahlt. Der
Wirtschaft sei das Miteinander ein großes Anliegen, es werden laufend Dialoge mit den Betroffenen geführt,
berichtete die Rednerin, "wir sitzen in einem Boot mit unseren MitarbeiterInnen". Viele seien bereit,
länger zu arbeiten, wenn es mal notwendig ist. Außerdem können es sich die Bediensteten selbst
aussuchen, ob sie die elfte oder zwölfte Arbeitsstunde bezahlt haben wollen oder ob sie lieber Freizeitausgleich
nehmen. Ähnlich argumentierte Ferdinand Tiefnig (ÖVP/O), ihm zufolge bringt das Gesetz mehr Rechtssicherheit.
FPÖ wirft SPÖ Hetzkampagne und Verunsicherung der Bevölkerung vor
Der steirische FPÖ-Bundesrat Gerd Krusche (FPÖ/St) verteidigte die "gute und für die Wirtschaft
wichtige" Flexibilisierungsregelung, da sie Vorteile für beide Seiten bringe. Einerseits schaffe sie
die rechtliche Basis für die Betriebe, rasch und unbürokratisch auf Auftragsspitzen zu reagieren, und
anderseits erlaube sie es den ArbeitnehmerInnen, ihre Arbeitszeit in Absprache mit den Arbeitgebern flexibel zu
gestalten. Die Unternehmen hätten schon längst erkannt, dass in den "human ressources" das
wichtigste Kapital liege, das nicht leichtfertig aufs Spiel gesetzt werden darf. Es würde ja den Betrieben
selbst massiv schaden, wenn sie die ArbeitnehmerInnen zu etwas zwingen, was sie nicht wollen, war Krusche überzeugt.
Diese Fakten würden von der SPÖ, die offensichtlich in der modernen Arbeitswelt noch nicht angekommen
ist, aber völlig ignoriert.
Das Bild der "ausbeuterischen Unternehmer", das ständig von den Sozialdemokraten an die Wand gemalt
werde, entspreche einfach nicht der Realität, hielt Bundesrat Josef Ofner (FPÖ/K) den Kritikern entgegen.
Außerdem gebe es jetzt schon viele Berufsgruppen, die zwölf Stunden und länger oder am Wochenende
arbeiten müssen. Als Beispiel führte er die Gemeinde- und Landesbediensteten in Kärnten an, denen
laut Gesetz bis zu 13-Stunden-Dienste pro Tag angeordnet werden können. Als die FPÖ einen Antrag auf
Reduktion der Höchstarbeitszeit auf zwölf Stunden eingebracht hat, sei dies von der SPÖ aber abgelehnt
worden, stellte Ofner empört fest. Auch bei der Arbeitszeitflexibilisierung habe die SPÖ zu lange geschlafen,
weshalb nun die aktuelle Regierung das Problem in die Hand genommen hat, erinnerte Bernhard Rösch (FPÖ/W).
Der SPÖ gehe es nur um das Zerstören, sie bringe keine konstruktiven Vorschläge, wetterte auch Andreas
Arthur Spanring (FPÖ/N) und prangerte das Verhalten der SPÖ im Parlament als "unwürdig für
das Haus" an.
Schramböck: Einheitlicher Rechtsrahmen für die gelebte Praxis
Bundesministerin Margarete Schramböck appellierte an alle, die Emotionen zurückzuschrauben und zu einer
sachlichen Diskussion zurückzukehren. Erst vor kurzem hätten ExpertInnen des Wifo und des IHS die Notwendigkeit
dieser vergleichsweisen kleinen Reform bestätigt und vor Übertreibungen in der politischen Debatte gewarnt.
Weder Superlative noch Angstszenarien seien angebracht, es werde lediglich ein einheitlicher Rahmen für die
gelebte Praxis geschaffen. Damit sei sichergestellt, dass die Regelung auch für ArbeitnehmerInnen gelte, wo
es keine Betriebsräte gibt. Das Gesetz reagiere auf die Realität der Arbeitswelt im Jahr 2018 und hole
die Betriebe aus der Illegalität, betonte Wirtschaftsministerin Schramböck. Sie sei vollkommen dagegen,
wenn etwa Überstunden nicht ausbezahlt werden. Jeder könne die elfte und zwölfte Überstunde
ablehnen, ohne dass dadurch Nachteile entstehen dürfen. Alle Zuschläge werden weiterhin ausbezahlt, wobei
es eine Wahlfreiheit zwischen Geld und Zeit geben wird. Ein zentraler Aspekt der Novelle ist für die Ministerin
überdies der Umstand, dass die Menschen nun mehr Freiheit erhalten, über ihre Arbeitszeit selbst zu bestimmen.
Hartinger-Klein: Interessen beider Seiten wurden ausgewogen berücksichtigt
Sozialministerin Beate Hartinger-Klein begrüßte das Gesetz als praxisgerechte Gestaltung der Arbeitszeit
zur Stärkung des Wirtschaftsstandortes und der Selbstbestimmung der ArbeitnehmerInnen. Der "Luxus von
längerer Freizeit" sei dadurch für jedermann besser leistbar. Es bringe zudem den Vorteil, dass
der Vergütungsanspruch auf bisher nicht bezahlte Überstunden nun rechtlich durchsetzbar sei. Das vorliegende
Modell mit der Ausweitung der Höchstarbeitsstunden – 12 Stunden pro Tag und 60 Stunden in der Woche - biete
vor allem die Möglichkeit, auf unbürokratische Weise auf Arbeitsspitzen zu reagieren. Den Vorwurf, dabei
würden die Interessen der ArbeitnehmerInnen verletzt, wies die Ressortchefin aufs Schärfste zurück.
Das Gegenteil sei der Fall – besonders jene Bediensteten, die nicht durch einen Betriebsrat vertreten werden, werden
am stärksten geschützt. Außerdem werde kein Unternehmer aus Jux und Tollerei eine 60-Stunden-Arbeitswoche
vorschreiben, da die Überstundenzuschläge eine Kostenbremse darstellen.
Längere Arbeitszeiten können nun zeitnah durch längere Freizeiträume ausgeglichen werden, erläuterte
die Ressortchefin. Dadurch komme es zu keiner Gesundheitsgefährdung, da die notwendige Erholung gewährleistet
ist. An der Anzahl der jährlich zulässigen Arbeitsstunden werde sich nichts ändern, betonte Hartinger-Klein
abermals. Wichtig war aus Sicht der Ministerin die im Abänderungsantrag festgelegte Freiwilligkeitsgarantie,
die neben dem Benachteiligungsverbot sicherstellt, dass ArbeitnehmerInnen nicht gegen ihren Willen zur Leistung
von mehr als zehn Stunden pro Tag oder 50 Stunden pro Woche herangezogen werden können. Mit Nachdruck betonte
Hartinger-Klein zudem, dass die bestehenden Betriebsvereinbarungen und Kollektivverträge durch die vorliegende
Novelle nicht aufgehoben werden.
Strache: Am 8-Stunden-Tag und der 40-Stunden-Woche wird nicht gerüttelt
Angesichts der seitens der SPÖ vorgebrachten "Polemiken und Unwahrheiten" müsse er das Wort
ergreifen, betonte Vizekanzler Heinz-Christian Strache. "Der 8-Stunden-Tag bleibt und die 40-Stunden-Woche
bleibt", bekräftigte er gegenüber der Opposition. Im Gesetz sei die Freiwilligkeit sowie ein Ablehnungsrecht
mit Kündigungsschutz verankert, sagte Strache. Es bringe Rechtssicherheit und entkriminalisiere jene, die
länger arbeiten wollen. Auch der Plan A von Christian Kern habe die Freiwilligkeit mit Zuschlägen und
Tagesfreizeitblöcken enthalten, und das setze man derzeit um. Außerdem dürfe man schon aus EU-rechtlicher
Sicht in einem Durchrechnungszeitraum von 17 Wochen nicht länger arbeiten, innerhalb dessen aber flexibler.
In 50% der Betriebe arbeite man bereits zwölf Stunden pro Tag aufgrund einer Vereinbarung mit dem Betriebsrat,
aber nicht freiwillig – etwa bei den ÖBB -, konterte er den Vorwürfen der SPÖ.
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