Anno 1920 galt in ganz Österreich die Sommerzeit. Nur in einem Bundesland nicht
Salzburg (lk) - Was die Zeitumstellung mit der Kriegswirtschaft verbindet und warum die Salzburger kurz
ihrer Zeit voraus waren, obwohl sie die Uhren zurückstellten, bringt dieser Salzburger Grenzfall aus der gleichnamigen
Serie ans Licht.
Wer glaubt, dass Diskussionen über Sinn oder Unsinn einer Sommerzeitregelung ein Phänomen der jüngsten
Vergangenheit ist, der irrt. Das oft leidenschaftlich vorgebrachte Für und Wider zur Zeitumstellung ist so
alt wie sie selber.
Licht sparen für den Sieg
Dreht man das Rad der Zeit zurück ins Jahr 1920, stößt man auf ein kurioses Ausscheren eines Bundeslandes
aus dem staatlich verordneten Vordrehen der Uhren zur hellen Jahreszeit. Mitten im Ersten Weltkrieg führte
Österreich-Ungarn und damit auch Salzburg die Sommerzeit ein. Was heute als Argument makaber anmutet: Sie
sollte die energieintensiven Materialschlachten des Ersten Weltkriegs unterstützen, indem an langen Sommerabenden
weniger Beleuchtung nötig war.
Sommerzeit als Kriegsrelikt
Nach Kriegsende wurde die Umstellung 1919 kurzerhand abgesagt, aber im Folgejahr in ganz Österreich wieder
eingeführt. Anfangs auch in Salzburg. Doch hatte man die Rechnung ohne den Nachbarn gemacht. Mit Verweis,
dass auch in Bayern im Frühling nicht an den Uhren gedreht würde, stimmten die Mitglieder der provisorischen
Landesversammlung mehrheitlich für eine Rücknahme der Umstellung: "Nachdem wir den Krieg hinter
uns haben, brauchen wir keine Sommerzeit mehr. Es wird darum ersucht, dass von Seiten des Landesrates unbedingt
dahin gewirkt wird, dass diese Verfügung, die allen republikanischen Anschauungen widerspricht und nur zum
Zwecke des Krieges und der Menschenabschlachtung gestellt war, außer Kraft gesetzt wird", stand im Antrag
des christlich-sozialen Abgeordneten Johann Hasenauer "und Genossen". Sein Parteikollege Johann Eiböck
sah eine ungünstige Zweiteilung der Zeit, da sich die Bauern weiterhin nach der Sonne, die Industriebetriebe
aber nach der verordneten Sommerzeit richten würden.
Die Ausnahme von der Ausnahme
Keinen Monat nach der bundesweiten Einführung beschloss daher das Land, die Uhren wieder um eine Stunde zurückzudrehen.
Fast alle, denn die Staatsbahnen in Salzburg fuhren pragmatisch weiterhin nach Sommerzeit. Erstaunlich: Zwar wurde
befürchtet, dass der Salzburger Sonderweg rechtlich aussichtslos wäre, doch der Bund ließ die Salzburger
gewähren.
Die Sommerzeitregelung fand in Österreich nach 1920 bis zu den Jahren des Zweiten Weltkriegs ohnedies ihr
zwischenzeitliches Ende und wurde erst 1980 wieder durchgehend eingeführt. Salzburg hatte mit seiner "Extrawurst"
also den Trend bereits vorweggenommen.
Die Salzburger Grenzfälle >
|