EU-Ausschuss des Bundesrats will sich eingehend mit Vorschlägen befassen
Brüssel/Wien (pk) - Umweltschutz erfordert nicht nur Engagement, sondern auch Geld. Die Europäische
Kommission will daher ein Finanzsystem auf die Beine stellen, das nachhaltige Entwicklung und speziell den Klimaschutz
unterstützt. Angesichts der unabsehbaren Folgen des Klimawandels und der Ressourcenknappheit auf der Erde
müsse auch die Finanzwirtschaft ihren Teil zum umweltfreundlichen Wachstum beitragen, beruft sich die Kommission
auf Empfehlungen einer Sachverständigengruppe.
Mit einem nachhaltigen Finanzwesen im Rahmen der Kapitalmarktunion strebt Brüssel nun eine bessere Steuerung
großer Investitionen an, wie sie Vermögensverwalter tätigen. Den Kommissionsberechnungen zufolge
werden etwa 180 Mrd. € zusätzliche Investitionen Privater benötigt, um die EU-Klimaziele zu erreichen,
beispielsweise die Senkung der Treibhausgasemissionen um 40 % bis 2030.
Zwei Kernpunkte des EU-Aktionsplans für ein nachhaltiges Finanzsystem erörterten die Bundesrätinnen
und Bundesräte am 11. Juli im EU-Ausschuss gemeinsam mit einem Experten aus dem Finanzministerium. Zum
einen ging es um den Verordnungsvorschlag zur Festlegung einheitlicher Kriterien zur Feststellung, ob eine Wirtschaftstätigkeit
ökologisch nachhaltig ist. Bei er Erarbeitung der Details wird die Kommission von einer technischen Arbeitsgruppe
unterstützt. Diese sollen für die Bereiche Klimaschutz und Klimawandel bis Ende 2019 vorliegen. Der Vorschlag
soll vor allem für Investoren Klarheit bringen.
Zum anderen stand ein Entwurf im Hinblick auf Offenlegungspflichten zur Diskussion, der vor allem auf mehr Transparenz
abzielt. Darin verankert ist die Pflicht von Vermögensverwaltern und institutionellen Anlegern, das Kriterium
der Nachhaltigkeit bei den Investitionsabläufen zu berücksichtigen. Die derzeitigen Informationen seien
nicht einheitlich und kohärent, betonte die Vertreterin des Finanzministeriums und unterstrich damit die Bedeutung
einer solchen Verordnung für Anleger. Es sei selbstverständlich wichtig, eine Balance zu halten zwischen
dem, was in diesem Zusammenhang wichtig ist und der zusätzlichen bürokratischen Belastung.
Auch diese Vorschriften sollen später in Form von delegierten Rechtsakten konkretisiert werden, was zu kritischen
Bemerkungen seitens des Ausschussvorsitzenden Christian Buchmann (ÖVP/St) und Bundesrat Stefan Schennach (SPÖ/W)
führte. Der Ausschuss werde daher versuchen, nochmals rechtzeitig zu diesem Thema zusammenzutreten, kam man
überein. Grundsätzlich befürwortete Schennach die beiden Vorlagen als "tolle Sache".
Nach Auffassung der Wirtschaftskammer sollten neben ökologischen Gesichtspunkten auch die strukturpolitische
Ausrichtung eine Rolle spielen, das wäre vor allem für Regionalbanken wichtig. Der im Ausschuss anwesende
Wirtschaftsvertreter befürchtet zusätzliche bürokratische Aufwendungen und sprach sich für
ein opting-out für kleinere Banken aus. Man sollte auch vermeiden, zwischen "guten", nämlich
"grünen" und "schlechten" Instituten zu unterscheiden. Die Wettbewerbsgleichheit müsse
bleiben, forderte er.
Die Vorschläge im Detail
Der Vorschlag zur Taxonomie stellt den zentralen Teil des Pakets dar und legt einheitliche Kriterien für eine
ökologisch nachhaltige Wirtschaftstätigkeit fest. Dabei wird auf sechs Umweltziele Bedacht genommen -
Klimaschutz, Klimawandelanpassung, Ökosysteme, Wasser, Kreislaufwirtschaft und Kampf gegen Umweltverschmutzung.
In weiterer Folge sollen mit Unterstützung einer technischen Expertengruppe sektorspezifische Kriterien erarbeitet
werden, anhand derer festgestellt wird, welche Wirtschaftsaktivitäten als nachhaltig gelten, kündigt
die Kommission delegierte Rechtsakte an. Als nachhaltig kann eine Aktivität demnach nur gelten, wenn neben
einem substanziellen Beitrag zu einem der sechs Umweltziele auch kein anderes Umweltziel verletzt wird und soziale
Mindeststandards eingehalten werden.
Auf der Grundlage dieses EU-Klassifikationssystems regt die Kommission zudem die Schaffung eines EU-Kennzeichens
für "grüne" Finanzprodukte an. Diese Kennzeichnung soll Investoren dabei helfen zu erkennen,
welche Investitionen den Kriterien der Umweltfreundlichkeit oder Emissionsarmut genügen. Ausgeräumt werden
sollen dadurch auch Bedenken hinsichtlich "Greenwashing". Bei dieser Praxis werden aus Wettbewerbsgründen
Finanzprodukte als umweltfreundlich vermarktet, obwohl sie nicht den grundlegenden Umweltstandards entsprechen.
Mit neuen Offenlegungs- bzw. Nachweispflichten will die EU-Kommission Klarheit darüber schaffen, wie institutionelle
Anleger (z.B. Verwaltungsgesellschaften, Versicherungsunternehmen oder Pensionsfonds) Umwelt-, Sozial- und Governanceaspekte
(ESG-Faktoren) in ihren Investitionsentscheidungsprozessen berücksichtigen. Außerdem enthält der
Entwurf Auflagen für Versicherungsunternehmen und Wertpapierfirmen, ihre KundInnen entsprechend der Nachhaltigkeitskriterien
zu beraten. Zur Präzisierung dieser Vorschriften möchte die Kommission ebenfalls delegierte Rechtsakte
erlassen.
In den Aufsichtsvorschriften von Banken und Versicherungsunternehmen soll Nachhaltigkeit nach Ansicht der Kommission
ebenfalls Eingang finden. Immerhin stellten diese Institutionen eine wichtige Fremdfinanzierungsquelle für
die europäische Wirtschaft dar, so die Kommission.
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