Brüssel/Wien (gemeindebund) - Lange wurde drüber gesprochen, nun gibt es endlich ein Ergebnis der
Taskforce für Subsidiarität. Juncker verspricht, die lokalen und regionalen Ebenen in Zukunft besser
einzubinden. Wie genau das funktionieren soll, soll im Rahmen der europäischen Präsidentschaft weiter
ausgearbeitet werden.
Der Bericht der Task Force für Subsidiarität, Verhältnismäßigkeit und „Weniger, aber
effizienteres Handeln“ unter dem Vorsitz des Ersten Vizepräsidenten Timmermans, bei dem auch der Präsident
des Ausschusses der Regionen, Karl-Heinz Lambertz, dabei war, geht auf die folgenden drei Fragen ein, die Kommissionspräsident
Jean Claude Juncker bei der Einsetzung der Taskforce im November 2017 gestellt hatte:
- Wie können die Grundsätze der Subsidiarität
und der Verhältnismäßigkeit innerhalb der EU-Organe besser angewandt werden?
- Wie können die regionalen und lokalen Behörden
sowie die nationalen Parlamente besser in die Gestaltung und Umsetzung der EU-Politik einbezogen werden?
- Gibt es Politikbereiche, in denen den Mitgliedstaaten im
Laufe der Zeit Befugnisse rückübertragen werden könnten?
Juncker: „EU soll sich stärker aufs Wesentliche konzentrieren“
Präsident Juncker erklärte daraufhin: „Ich möchte, dass sich unsere Union stärker auf Dinge
konzentriert, die für unsere Bürgerinnen und Bürger wesentlich sind. Daher strebt diese Kommission
danach, mit ganzer Kraft an Lösungen für große Fragen zu arbeiten und sich in kleinen Fragen zurückzuhalten.
Genau deshalb habe ich eine Taskforce für Subsidiarität, Verhältnismäßigkeit und „Weniger,
aber effizienteres Handeln“ eingerichtet, um sicherzustellen, dass wir nur tätig werden, wenn das Handeln
auf EU-Ebene einen Mehrwert bringt. Ich möchte Frans Timmermans und den anderen Mitgliedern der Taskforce
aus den nationalen Parlamenten und dem Europäischen Ausschuss der Regionen für diesen wichtigen Bericht
danken. Unsere Union kann nicht ohne die aktive und gleichberechtigte Beteiligung der lokalen Behörden, der
EU-Organe und aller zwischengeschalteten Regierungsebenen aufgebaut werden. Ich werde in meiner Rede zur Lage der
Union im September Schlussfolgerungen ziehen. Ich hoffe, dass die politisch Verantwortlichen der anderen Organe
und der nationalen Behörden diese Überlegungen so wie ich in den Mittelpunkt der künftigen Arbeit
unserer Union stellen werden.“
Taskforce möchte eine aktive Subsidiarität
Die Mitglieder der Taskforce äußerten sich wie folgt: „Wir sprechen uns für eine neue Arbeitsweise
aus, mit der die lokalen, regionalen und nationalen Behörden bei der Politikgestaltung der EU mehr Mitspracherecht
erhalten – so könnten Qualität und Wirksamkeit der Rechtsvorschriften verbessert werden. Dabei bleiben
die Rollen der verschiedenen EU-Organe, der nationalen, regionalen und lokalen Behörden sowie der nationalen
Parlamente in vollem Umfang gewahrt. Wir schlagen ein neues Konzept der „aktiven Subsidiarität“ vor, das den
Mehrwert des EU-Rechts sowie die Vorteile für die Bürger sicherstellen und in den Mitgliedstaaten zu
mehr Eigenverantwortung bei Entscheidungen der Union führen soll. Wir haben unseren Bericht an Präsident
Juncker übermittelt, der uns versichert hat, dass er mit den anderen Organen zusammenarbeiten wird, um unsere
Empfehlungen voranzubringen.“
Bessere Einbindung der lokalen Kräfte bringt neue Effizienz
Die Taskforce kam zu dem Schluss, dass eine neue Arbeitsweise im Umgang mit Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit
erforderlich ist, damit lokale und regionale Behörden sowie nationale Parlamente einen wirksameren Beitrag
zur Politikgestaltung der EU und zur Ausarbeitung neuer Rechtsvorschriften leisten können. Im Zuge des vorgeschlagenen
neuen Konzepts würden Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit auf allen Regierungsebenen
auf der Grundlage eines „Musterrasters“ – vergleichbar mit einer Prüfliste für Subsidiarität und
Verhältnismäßigkeit – konsequenter bewertet.
Die Taskforce empfiehlt außerdem, die 8-Wochen-Frist, innerhalb deren die nationalen Parlamente ihre Stellungnahmen
zu den Entwürfen von EU-Rechtsvorschriften abgeben müssen, flexibel zu handhaben, und stellt eine mögliche
künftige Ausdehnung dieser Frist auf zwölf Wochen zur Diskussion. Eine weitere Empfehlung der Taskforce
richtet sich an die drei EU-Organe. Diese sollen sich auf ein mehrjähriges Schwerpunktprogramm für eine
Neuausrichtung der Arbeit der EU in einigen Politikbereichen zu verständigen. Dies soll in weiterer Folge
zu einer wirksameren Umsetzung der bestehenden Rechtsvorschriften führen, ohne dass dazu neue Rechtsvorschriften
auf den Weg gebracht werden müssten. Dies baut auf wesentlich zielgerichteteren Arbeitsprogrammen der Kommission,
die von der Juncker-Kommission eingeführt wurden, sowie auf den jährlichen Gemeinsamen Erklärungen
auf, die von den drei Organen in Bezug auf die im jeweiligen Jahr anzunehmenden vorrangigen Dossiers vereinbart
wurden.
Nach Auffassung der Taskforce sollte das neue Konzept auf das bestehende Regelwerk der Europäischen Union
sowie auf alle neuen politischen Initiativen Anwendung finden. Die Interessenträger haben der Taskforce eine
Reihe von Vorschlägen zu EU-Rechtsvorschriften und -Strategien unterbreitet, für die eine Überprüfung
der Kriterien der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit eingeleitet werden könnte.
Die Kommission wird diese Vorschläge bei ihrer künftigen Arbeit berücksichtigen.
Taskforce im November 2017 eingesetzt
Die Taskforce Subsidiarität, Verhältnismäßigkeit und „Weniger, aber effizienteres Handeln“
wurde im November 2017 von Präsident Juncker eingesetzt. Die Taskforce kam sieben Mal zusammen, um die oben
genannten drei Fragen zu erörtern. Auf der Grundlage dieser Erörterungen, einer öffentlichen Anhörung
und der Beiträge zahlreicher Interessenträger enthält der Bericht der Taskforce neun Empfehlungen
sowie konkrete Umsetzungsmaßnahmen. Die Empfehlungen sind an nationale Parlamente, nationale, regionale und
lokale Behörden, das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Ausschuss der Regionen und
die Europäische Kommission gerichtet.
Der Taskforce, die vom Ersten Vizepräsidenten der Kommission Frans Timmermans geleitet wird, gehören
drei Mitglieder des Ausschusses der Regionen – Präsident Karl-Heinz Lambertz (Belgien), Michael Schneider
(Deutschland) und François Decoster (Frankreich) – sowie drei Mitglieder der nationalen Parlamente – Toomas
Vitsut (Estland), Kristian Vigenin (Bulgarien) und Reinhold Lopatka (Österreich) – an.
Der österreichische EU-Ratsvorsitz wird im November in Bregenz eine Konferenz zum Thema Subsidiarität
veranstalten, die vor dem Hintergrund der für den 12. September 2018 geplanten Rede zur Lage der Union die
Gelegenheit bieten wird, den Bericht der Taskforce weiter zu erörtern und zu prüfen, wie ihre Empfehlungen
umgesetzt werden können.
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