Hochpräzise Analyse der Universität für Bodenkultur Wien entdeckt Unterschiede
in rekombinant hergestellten Immunglobulinen. Stabilität beeinflusst.
Wien (pr&d) - Unterschiedliche Herstellungsarten für therapeutisch wirksame Antikörper können
zu Abweichungen in ihrer Struktur führen - je nachdem welches rekombinante Produktionsverfahren gewählt
wird. Die auf verschiedenen Glykosylierungen beruhenden Unterschiede beeinflussen dabei sogar die Stabilität
der Antikörper. Dies ist das Ergebnis eines hochpräzisen Vergleichs struktureller Eigenschaften von Antikörper-Isotypen,
die in Zellkulturen oder Pflanzen hergestellt wurden. An der EQ BOKU, einer Einrichtung der Universität für
Bodenkultur in Wien (BOKU), wurden dabei modernste Massenspektrometer eingesetzt, um punktgenau Unterschiede in
der Glykosylierung von Immunglobulinen zu identifizieren.
Antikörper sind eines der treffsichersten Therapeutika und werden unter anderem im Kampf gegen Krebs immer
öfter erfolgreich eingesetzt. Hergestellt werden sie häufig rekombinant, wobei verschiedene Produktionssysteme
verwendet werden. Während das Proteingerüst der Antikörper bei allen Herstellungsverfahren gleich
bleibt, variiert die so genannte Glykosylierung - also die Modifikation durch das Anhängen spezifischer Kohlenhydrate.
Wo genau diese Unterschiede auftreten und in welcher Form war bisher jedoch nur wenig bekannt. Tatsächlich
ist die Identifizierung dieser feinen - aber potenziell therapeutisch wichtigen - Unterschiede analytisch extrem
schwierig und nur mit modernen massenspektroskopischen Verfahren möglich. Diese standen nun einem Team der
Universität für Bodenkultur Wien (BOKU) an der dortigen Einrichtung EQ BOKU zur Verfügung und förderten
überraschende Erkenntnisse zu Tage.
Auf den Punkt gebracht
Tatsächlich gelang es einem Team um Prof. Richard Strasser erstmals, punktgenaue Unterschiede im Glykosylierungsmuster
von Immunglobulinen A zu identifizieren, die wahlweise in menschlichen Zellkulturen (HEK293) oder pflanzlichen
Systemen (Nicotiana benthamiana) produziert wurden. Dazu Prof. Strasser vom Department für Angewandte Genetik
und Zellbiologie: "Wir waren selbst überrascht wie groß die Unterschiede waren. Sowohl die Struktur
der für die Glykosylierung verwendeten Kohlenhydrate als auch ihre Platzierung an den Proteinen variierte
zwischen den beiden Systemen stark."
Tatsächlich konnte das Team modernste "Kapillar-Umgekehrtphasen Chromatographie" sowie "Elektrospray
Massenspektrometrie" der EQ nutzen, um die Glykosylierung der jeweiligen Systeme genau zu analysieren. Dabei
zeigte sich, dass Immunglobulin A, das in der HEK293-Zellkultur produziert wurden, sehr viel mehr und komplexere
N-Glykane besaßen, also Kohlenhydratgruppen die an speziellen Stickstoff-Atomen gebunden waren, als jenes
aus Säugetierzellen. Das in Pflanzen hergestellte Immunglobulin A zeigte hingegen deutlich weniger Strukturvielfalt.
Dies war in erster Linie darauf zurückzuführen, dass die für die Herstellung der Säugetier-Glykosylierung
notwendigen Stoffwechselwege in Pflanzen völlig fehlen. "Dafür stellten wir aber in den pflanzlich
hergestellten Antikörpern Glykosylierungen fest, die nur in Pflanzen vorkommen können", erläutert
Prof. Strasser weiter.
Feste Bindung
Trotz dieser rein pflanzentypischen Glykosylierungen der in N. benthamiana hergestellten Antikörper wiesen
diese die gleichen Bindungseigenschaften für Antigene auf wie die in menschlichen Zellen hergestellten. Von
daher würde man vermuten, dass es für die therapeutische Anwendung keinen Unterschied macht welches System
verwendet wird. Weitere Analysen des Teams um Prof. Strasser zeigten jedoch, dass die Stabilität der Immunglobuline
A je nach Herstellung unterschiedlich waren; eine Tatsache, die durchaus therapeutische Relevanz haben könnte.
Untersucht wurde dabei die thermische Stabilität der Antikörper, die sich für pflanzlich produziertes
Immunglobulin A als geringer herausstellte. "Inwieweit das von Bedeutung für den therapeutischen Einsatz
dieser Antikörper ist, müssen nun weitere Untersuchungen zeigen", meint Prof. Strasser.
Dafür hat sein Team an der EQ BOKU die allerbesten Vorrausetzungen. Denn modernste Massenspektrometer, Chromatographieverfahren
oder Kalorimeter stehen hier den Teams der Universität zur Verfügung - und gemeinsam mit dem Know-how
der dortigen ExpertInnen auch für Nutzer aus anderen akademischen Einrichtungen oder der Industrie.
Originalpublikation:
Exploring Site-Specific N?Glycosylation of HEK293 and Plant-Produced Human IgA Isotypes. K. Göritzer, D.
Maresch, F. Altmann, C. Obinger and R. Strasser. J. Proteome Res. 2017, 16, 2560?2570. DOI: 10.1021/acs.jproteome.7b00121
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